„Es geht nicht darum die Ozeane zu retten, es geht darum uns zu retten“


Frank Schweikert (r.) folgte der Einladung von Christoph Hagenbruch (l.), Leiter der Versorgungsbetriebe Amrum, und hielt einen Vortrag über die Zukunft der Ozeane.

Der Journalist und Umweltaktivist Frank Schweikert folgte der Einladung von Christoph Hagenbruch, Leiter der  Versorgungsbetriebe Amrum, und begeisterte im Norddorfer Gemeindehaus mit einem Vortrag über die Zukunft unserer Ozeane. Die Anreise nach Amrum erfolgte zusammen mit zwei SchülerInnen auf der Aldebaran, einem Medien- und Forschungsschiff. Die NachwuchsforscherInnen nahmen auf der Strecke zwischen Cuxhaven und Amrum Unterwasserschalldaten auf, um herauszufinden, welche Rolle die immer stärkere Lärmverschmutzung im Zusammenhang mit dem Rückgang der Schweinswale in der Nordsee spielt. Seit 15 Jahren dient die Aldebaran SchülerInnen im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbes „Forschen auf See“ zum Erkunden der Meere.

Die Lärmverschmutzung in den Meeren ist nur ein Problem von vielen, die Schweikert in seinem Vortrag thematisiert. Bei jeder Problemstellung spart der Umweltaktivist nicht an wissenschaftlichen Fakten. Aber auch die ein oder andere beeindruckende Aufnahme darf nicht fehlen. Kürzlich in den Vortrag eingefügt ist das Foto eines toten Schweinswals, der an der Wasseroberfläche treibt. Das Foto wurde erst am Vortag nahe Amrum aufgenommen, als das junge Forscherteam unterwegs war, um Unterwasserschalldaten aufzunehmen. Woran der Schweinswal tatsächlich gestorben ist weiß man nicht, dennoch stimmt das Bild nachdenklich.

Zu schaffen macht den Meereslebewesen auch die Erderwärmung. Schweikert, der auch die Klimawoche in Hamburg organisiert, berichtet, dass 93 % der Erderwärmung von den Ozeanen aufgenommen wird. Außerdem steigt der Wasserspiegel und zwar immer schneller. Im Sonderbericht des Weltklimarates vom September 2019 heißt es, dass der Meeresspiegel bis zum Jahre 2300 um 3 Meter gestiegen sein wird. Ein Drittel der Fläche Hamburgs ist dann unter Wasser. Um Amrum herum steigt der Meeresspiegel der Nordsee laut Schweikert zurzeit noch um 1,2 mm jährlich. Das hört sich vielleicht wenig an, sei aber nicht zu unterschätzen.

Frank Schweikert von der Deutschen Meeresstiftung zeigt auf dem Medien- und Forschungsschiff Aldebaran das Hydrophon, mit dem Unterwasserschalldaten erfasst werden.

Schweikert geht ebenso auf die Vermüllung der Meere ein. Ein vielfältiges Problem. Dabei liegt das Hauptproblem nicht an den Müllmengen an der Wasseroberfläche, sondern an dem Mikroplastik, welches ausgehend vom Meer die ganze Welt verschmutzt. Neben Plastikmüll hat das Meer auch mit dem Eintrag von Medikamenten, zum Beispiel auch durch die Pille, oder Duftstoffen zu kämpfen. Die Auswirkung dieser langlebigen chemischen Verbindungen auf die Meere ist noch wenig erforscht teilt Schweikert mit.  Daneben nennt der Umweltaktivist noch die Überdüngung durch konventionelle Landwirtschaft als weitere Belastung für das Meer. Diese führt zu Sauerstoffarmut. Als sei dies alles nicht schon genug, führt Schweikert noch die Versauerung der Meere durch unseren CO2Ausstoß an. So berichtet der Umweltaktivist, dass die Meere seit der Industrialisierung um 30 % saurer sind.

Schweikert erzählt, dass er oft gefragt wird, ob die Meere denn noch zu retten seien. Darauf antwortet er, es geht nicht darum die Meere zu retten, es geht darum uns zu retten. Er informiert, dass alleine 70 % unseres Sauerstoffs durch Algen produziert werden. Außerdem hält das Meer noch viele medizinische Ressourcen und genetische Codes bereit, die noch nicht richtig erforscht sind. Ihm ist wichtig, eine Brücke zu schlagen zwischen den vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem politischen Handeln. Geschätzte 1,5 Millionen Arten gibt es im Meer. Kennen tun wir nur etwa 10 % davon. Schweikert ist sich sicher, die meisten Arten werden verschwunden sein, bevor wir sie entdecken können.

Wer die Aldebaran oder Frank Schweikert kennenlernen möchte, wird hierfür bestimmt bald wieder die Gelegenheit bekommen. Der Umweltaktivist kündigt an, dass er samt Forschungsschiff in Zukunft gerne häufiger nach Amrum kommt.

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Über Lotte von Komorski

Lotte von Komorski wurde 1988 in Heidelberg geboren und wuchs später in der Lüneburger Heide auf. Nach dem Bachelorstudium der Forstwirtschaft in Göttingen absolvierte sie noch ihren Master in Wildtierökologie und Wildtiermanagement in Wien. Nach vielen praktischen Erfahrungen in der Wildtierforschung und ersten Berufserfahrungen in der Naturschutzarbeit in Osteuropa zog es sie Ende 2018 aus Frankfurt am Main nach Amrum, um hier das Naturzentrum zu leiten.

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