Heideflächen weisen häufig eine bewegte Vergangenheit auf, denn viele der Flächen sind anthropogenen Ursprungs. So ist auch die Heide auf der Amrumer Geest eine typische Kulturlandschaft und gehört zu den ältesten Kulturlandschaften Schleswig-Holsteins. Als diese kann sie nur durch einen Pool aus Pflegemaßnahmen erhalten werden, welcher die alten Nutzugsformen ersetzt. Findet dieses Management nicht statt, verbuscht die Heide und geht schließlich in Wald über. Zum Erhalt der Amrumer Kulturheide finden heute auf den Flächen gezielt Pflegemaßnahmen statt.
In früherer Zeit wurde die Amrumer Heide verjüngt, indem sie zum Beispiel zum Binden von Besen oder als Brennmaterial genutzt wurde. Nach der Heideernte dauerte es etwa 30 Jahre, bis sie erneut als Brennmaterial geerntet werden konnte. Durch diese Nutzung wurde die Heide nicht nur regelmäßig verjüngt, sondern es entstand auch ein Mosaik unterschiedlicher Heidestrukturen. Perfekt für die Artenvielfalt. Heute wird die Amrumer Heide nicht mehr als Brennmaterial genutzt, die Heide veraltet und eine eintönige für viele Arten unattraktive Fläche kann entstehen. Hinzu kommt der starke Gehölzeintrag durch Pionierbaumarten, wie Birke und Kiefer. Allen voran stellt die Amerikanische Spätblühende Traubenkirsche auf Amrum, wie auch vielerorts auf dem Festland, ein Problem dar. Die invasive Art ist in den Waldökosystemen als auch bei unzureichender Pflege auf den Heideökosystemen so stark vertreten, dass sie die Strukturen beider Ökosysteme negativ beeinflusst.
Noch im frühen Mittelalter nahm Heide den gesamten Geestkern der Insel ein. Nach einigen Aufforstungen blieben bis etwa 1900 noch ca. 400 ha an Heideflächen über. Zu dieser Zeit wurde sie auch noch als Brennmaterial genutzt. Es folgten weitere Aufforstungen und Umwandlungen der Heideflächen zur Verkehrsnutzung, dem Siedlungsbau und der Landwirtschaft. Heute blüht es insbesondere noch zwischen Nebel und Norddorf lila-violett.
Die Flächen sind ein wichtiger Lebensraum für verbliebene „Heidearten“ wie zum Beispiel den hübschen Nachtfaltern: das Kleine Nachtpfauenauge, der Kleine Weinschwärmer und die vom Aussterben bedrohte Heidekraut Glattrückeneule. Der Rückgang der Heideflächen spiegelt sich in ganz Europa wieder. Innerhalb von kurzer Zeit gingen ca. 80 % der Heideflächen Europas verloren. Sie sind daher auf europäischer Ebene streng geschützt. In Schleswig-Holstein sind alle verbliebenen Heiden zusätzlich nach dem Landesnaturschutzgesetz gesetzlich geschützt.
Zwei typische Vertreter der Heiden auf Amrum sind die Calluna-Heiden und die Erica-Heiden. Findet man auf trockenen Sandböden eher die Besenheide (Calluna vulgaris), so findet man auf feuchten Standorten die Glockenheide (Erica tetralix). Letztere wird auch Moor-Glockenheide oder Sumpfheide genannt und kommt oft auf nassen Standorten innerhalb der Calluna-Heiden vor. Beide Arten kommen mit nährstoffarmen Böden sehr gut zurecht. Hier können sie sich gegenüber anderen Pflanzen durchsetzen. Bei der Heidepflege gilt es daher, den Nährstoffeintrag möglichst gering zu halten. Eine auf Amrum von dem Amrumer Reetdachdecker Christian Peters umgesetzte Pflegemaßnahme ist die Heidemahd. Pflanzenmaterial wird so aus der Fläche geschaffen und die Heide kann sich wieder verjüngen. Die geerntete Heide erfüllt auf den Dachfirsten der reetgedeckten Friesenhäuser ihren neuen Zweck.
Eine weitere Pflegemaßnahme ist das Plaggen. Die gesamte Vegetationsschicht und Rohhumusauflage wird beim Plaggen auf kleinen Arealen abgetragen. Die Heide kann hier wieder aus den Samen in der Erde neu heran wachsen. Insbesondere bei stark vergrasten Heiden ist das Plaggen die bevorzugte Pflegemaßnahme. Jedes Jahr im Herbst und Winter ist außerdem das Team des Naturzentrums auf der Heide mit Spaten und Sägen unterwegs, um die Flächen zu „entkusseln“, also von Gehölzen zu befreien. Damit die Traubenkirsche nicht wieder ausschlägt, muss sie samt Wurzelwerk entfernt werden. Sind die Bäumchen schon zu groß für den Spateneinsatz, setzt das Naturzentrum Amrum auf die Hilfe von Pferd Pasivo. Der Lustiano hängt sich mit ganzem Köpergewicht in das Geschirr, um die Traubenkirschen zu entwurzeln. Einige Heideflächen werden jedes Jahr vom Naturzentrum Amrum gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde ausgewählt und im Winter mit Maschineneinsatz von Gehölzen befreit. Auf ihnen sind zu viele Bäume einfach zu groß, um sie mit Körpereinsatz und Pferdehilfe von Gehölzen zu befreien.
Im letzten Winter konnten so etwa drei Hektar entlang des Tanenwais auf Amrum mit Maschineneinsatz wieder hergestellt werden. Dabei wird bewusst auch mal eine Eiche stehen gelassen oder die vom Eigentümer der Fläche vor Jahrzehnten gepflanzten Obstbäume. Ziel der unterschiedlichen Pflegemaßnahmen ist der Erhalt der Amrumer Heide und mehr noch, die Schaffung einer strukturreichen Heide, an der sich viele Arten erfreuen können. Eine große Heidefläche, die auf einer Höhe monoton lila-violett blüht, ähnlich einem englischen Rasen, wird nicht angestrebt.
Unterstützt wird die Heidepflege zudem noch von Schäferin Janine Jochimsen und ihren Bentheimer Landschafen, Skudden und einer Heidschnucke. Diese heute selten gewordenen Schafrassen sind für die Heidepflege bestens geeignet. Sie brauchen keine fetten Weiden sondern verbeißen das Heidekraut und die Gräser auf der Fläche. Mit ihren besonders harten Klauen kommen sie gut in der verholzten Vegetation zurecht und treten zudem vermooste Stellen wieder frei.
Während der jährlichen Heideblüte erfreuen sich sowohl Gäste wie auch die Insulaner an dem schönen Anblick und dürfen die Hoffnung hegen, dass die Heideflächen auch in Zukunft für Mensch und Tier erhalten werden können.