Sekreet – alergaatjis – trafaltje
Durch ihre jahrhundertealte Verbindung mit der Seefahrt, hat das Amrumer Friesisch zahlreiche Ausdrücke aus der niederländischen Sprache übernommen und zwar nicht nur aus der Nautik, sondern auch aus dem alltäglichen Leben. Ein markantes Beispiel dafür ist der Begriff sekreet ‘Toilette’. In einem älteren niederländischen Wörterbuch findet man unter dem Stichwort secreet die Bedeutung ‘Afgezonderde plaats, geheim gemak’, also ‘abgesonderter Platz, geheimes Gemach’. Wahrscheinlich ist das Wort um 1900 ins Amrumer Friesisch übernommen worden, als immer mehr Bewohner „Logierhäuser“ bauten, um Feriengäste zu beherbergen. Und man konnte es den Gästen natürlich nicht zumuten, ihr „Geschäft“, wie es sonst üblich war, über der Mistrinne im Stall (fries. auer a grup) zu verrichten. Man musste also einen Extraraum im Haus schaffen. Einige der Erbauer waren zuvor zu See gefahren und hatten den Begriff bei ihren Aufenthalten in den Niederlanden oder vielleicht auch auf den Schiffen, auf denen sie fuhren, gehört und dann übernommen. Auch weil das deutsche Wort ‘Toilette’ im Deutschen noch nicht allgemein bekannt war.
Erstaunlich ist, dass das Wort nur ins Amrumer Friesisch Eingang gefunden hat. Auf Föhr erhielt es die Bezeichnung hok ‘Verschlag’ oder höske ‘Häuschen’, ein Zeichen dafür, dass die ersten Toiletten dort freistehend, also nicht im Haus integriert waren. Da nun aber im Amrumer Friesisch höske allgemein „kleines Haus“ bedeutet, kann es am Anfang wohl durchaus zu Missverständnissen gekommen sein. Wenn ein Föhrer z.B. auf Amrum zu Besuch war und fragte: „Mut ik ans üüb jau höske?“ („Darf ich mal auf euer Häuschen“), dann wollte er seinem Gastgeber damit nicht aufs Dach steigen, sondern fragt nur, ob er seine Toilette benutzen dürfe. Oder umgekehrt, wenn man einem Föhrer erzählte: „Ik haa mi för min ual daar en fein letj höske baud“ („Ich habe mir für meine alten Tage ein schönes kleines Häuschen gebaut.“), so wird dieser sich vielleicht gewundert, warum ihm erzählt wird, dass man sich für seine alten Tage eine schöne kleine Toilette gebaut habe.
Ein weiteres, heute wohl nicht mehr so bekanntes Wort ist alergaatjis, was im Niederländischen die Bedeutung ‘Ansammlung von Sachen oder Personen unterschiedlicher Herkunft; Sammelsurium’ hat. Im Friesischen wird es vor allem in dem Begriff alergaatjis hüs gebraucht und bezeichnet ein Haus, wo immer die Türen offen sind und immer ein Kommen und Gehen ist, also ein gastfreies offenes Haus. Nach den Erzählungen des Norddorfers Ermin Martinen (1884-1964) wurde z.B. das Haus seines Nachbarn Carl Ricklef Flor (1878-1963), genannt Koorel Büse, genannt) als ein alergaatjis hüs bezeichnet. Es ist das Haus, das jetzt von Cornelius Hinrichs so vorbildlich wieder restauriert worden ist.
Als Drittes sei hier noch der friesische Ausdruck trafaltje erwähnt, was so viel wie „Meinungsverschiedenheit, Streit, Ärger“ bedeutet. Det jaft en trafaltje, wan jo kem „das gibt Ärger, wenn sie kommen“. Das Wort geht auf das Niederländische Wort travail(le) zurück, was ‘schwere Arbeit, Mühsal, Last, Belästigung’ bedeutet.