Man braucht Zeit, muß aber zügig arbeiten, es sollte auf den Zentimeter genau sein und doch flexibel genug für Ungenauigkeiten, immer einen Plan haben und gleichzeitig spontan agieren, neben der Arbeit als Architekt sind handwerkliche Fähigkeiten von Maurer, Zimmermann, Reetdachdecker, Tischler, Maler, Elektriker und zu guter letzt als Bäcker, wenn es heißt ein Lebkuchenhaus der Extraklasse zu backen.
Das es in der heimischen Backstube von Anne Lucke nicht normal zugeht wird einem schnell klar. „Letztes Jahr haben Martin und ich die St.Clemens Kirche als Lebkuchenhaus gemacht“, erzählt sie und zeigt ein Foto, das jeden Betrachter staunen lässt. Okay, dann also dieses Jahr auf ein Neues? Nein, Anne macht doch nicht das Gleiche nochmal, sie überlegte und da kam ihr die Idee ein Friesenhaus zu machen. „Ich wollte doch schon immer ein ganz eigenes Friesenhaus haben“, lacht die Insulanerin beim Zuschneiden der Seitenwände.
Einen Abend hat sie nachgedacht, geplant und Schablonen geschnitten, denn die Wandgröße und Dachmaße mußten ja noch auf ein Backblech passen. Dann galt es das Rezept ihrer Oma für Lebkuchenteig anzurühren, denn anschließend braucht man Geduld (was nicht zu Annes Stärken gehört ;-)). „Der Teig muß mindestens zwei Wochen ruhen bevor man damit backen möchte. Schon mit ihrer Oma und Mutter Maggy haben Anne und ihr Bruder Arne „Hexenhäusschen“ gebacken. „Jedes Jahr haben wir eine handvoll Lebkuchenhäuser gemacht und an gute Freunde verschenkt“, erzählen sie und Maggy erinnert sich, daß sie immer am ersten Advent das erste Häuschen aufgestellt hat für die Kinder. In diesen Jahren haben die beiden Lebkuchenbäckerinnen ihre Art und Weise von Häuschen bauen verfeinert. „Wenn ich die Maße nach Schablonen ausschneide muß ja mit eingeplant werden, das der Teig aufgeht. Puhhhh, da gibt es schon mal Überraschungen im Zusammenbau“, lacht sie.
Ihr Mann Martin unterstützt Anne oft ihn ihren Vorhaben, “er ist der Realist und denkt lieber 10 mal nach wo ich einfach drauf los arbeite. Wir ergänzen uns dabei gut. Er ist der Kopf ich das Bauchgefühl“, lacht die Bäckerin aus Leidenschaft. Was man schnell merkt, das Anne nach dem Prinzip backt “geht nicht, gibt es nicht”. Spontan hatte sie sich noch überlegt dem Friesenhaus Fenster zu machen. Während die Hauswände und das Dach ausbacken, köchelt Anne Zucker und Wasser zusammen und wartet auf die richtige Konsistenz. Das Sekunden über ein Gelingen oder Mißlingen entscheiden kann, zeigte der Abend, indem Anne gleich dreimal das Wasser/Zuckergemisch auf den Herd setzte, damit es dem richtigen Galsmaterial entsprach. Doch auch dies hielt die Ergotherapeutin nicht von ihrem Vorhaben ab. Nach zwei Stunden war es soweit, die Stunde der Wahrheit. Anne rührte ihren „Zement“ (Puderzucker) an. „Halten die Wände, oder halten sie nicht? Das Wichtigste dabei sind Stecknadeln mit bunten Köpfen, die erstmal eine Stütze geben. Man muß immer daran denken, die Nadeln zu zählen“, zwinkert sie mir zu während das Dach gesetzt wird. Feierabend, das muß jetzt erste einmal durchhärten und morgen geht es weiter.
„Es steht noch“, ist die erste Nachricht die mich am Vormittag erreicht, danach folgen Instabilität und sogar Zusammenbruch, nein, nicht von Anne, sondern das Haus hat Feuchtigkeit gezogen und die Lebkuchenplatten sind weich geworden. Mit vereinten Kräften, in Unterstützung ihres Mannes Martin, der Statiker und durchdachte Kopf des Paares, wurde das Friesenhaus wieder aufgebaut und weiter stabilisiert. Alle Stecknadeln wurden gezogen „Na, weißt du noch wieviele es waren?“ Dann folgte der süße Teil des Vorhabens, die dunkle und weiße Schokolade schmolz ein und Anne wurde zur Reetdachdeckerin, wobei uns auffiel, das es gar kein Richtfest gegeben hatte, “das sollten wir beim nächsten Mal auf jeden Fall nachholen!” Malerarbeiten und die Entscheidung welche Fensterfarbe standen aus. So langsam bekam Annes Friesenhaus ein richtiges Gesicht, mit allem drum und dran, Jahreszahl, Giebelbuchstabe und Glaube/Liebe/Hoffnung. Eine Kapitänsblaue Klönschnacktür und schwupp das stand es , nach zwei Tagen: Annes ganz eigenes süßes Friesenhaus. Doch einfach so ein Abschlußfoto machen, nein, auch hier muß noch was besonderes passieren. Nachdem über Nacht bei offenem Küchenfenster die Schokolade durchgetrocknet war hatten Anne und Martin es noch geschafft Licht ins Haus zu zaubern und eine selbstgebastelte Friesen durfte natürlich auch nicht fehlen. Puhhhhhh, das letzte von dutzend Fotos im Kasten heißt es nun, “und was kommt nächstes Jahr Anne?“ „Weiß ich nicht nicht direkt, aber Amrum hat ja viel zu bieten uns wird da schon was einfallen“, grinst sie schelmisch beim Tschüß sagen und wir bedanken uns bei Anne für dies tolle Backabenteuer.