Tschüß Piratenschiff – Krabbenkutter ahoi!


Klar zum Entern!

Es war in die Jahre gekommen und hätte die nächste TÜV-Prüfung nicht überstanden: das 40 Jahre alte Piratenschiff auf dem Südstrand in Wittdün. In den frühen 1980er Jahren gebaut, wurde das Spielschiff deutlich älter als die meisten zeitgenössischen Handelsschiffe und so manches Spielgerät in weit weniger exponierter Lage. Noch im letzten Winter, (da hätte es eigentlich schon abgewrackt sein sollen), spülte ein heftiger Sturm von Süd-West eine dicke Lage Treibsel ganz bis zum großen Steuerrad hoch auf das Oberdeck! Im Herbst, nach der Saison, wurde der ehrwürdige, alte Kletterkahn nun abgebaut.

Ansichtskarte (1991): „Strand mit Piratenschiff“

Das Piratenschiff war  d e r  Treffpunkt für Kinder und Eltern in Wittdün, in den 1990ern sogar eine eigene Ansichtskarte wert (siehe Foto). Damals gelangte das Meer auch im Sommer noch (fast) bis an das Schiff heran und ringsherum war nichts als weißer Kniepsand. Generationen von Kindern haben das Schiff bespielt, erst das Steuerrad und später den Mastkorb erklommen. Unzählige kleine Piratinnen und Piraten wurden bei gutem und weniger gutem Wetter hier ausgewildert und wollten nicht ohne die schwarz-weiße Flagge zurück nach Hause. Traurige Berühmtheit erlangte der beliebte Treffpunkt 2012, als sich der zehnjährige Sebastian unter dem Heck ein sehr tiefes Loch gegraben hatte und darin verschüttet wurde. Auf dem Friedhof in Nebel erinnert eine Gedenktafel an dieses Unglück und den Jungen aus Österreich.

Ein Krabbenkutter für Wittdün

 Nun gibt es ein neues Spielschiff am Wittdüner Südstrand. Es hat mit Blickrichtung auf die offene See festgemacht, ist aber kein Piratenschiff, sondern ein Krabbenkutter. Fragt Ihr, warum, macht mal einen Abstecher in die Kletterlandschaft nach Norddorf und Ihr wisst es. (Ein Besuch der dortigen Hark Olufs Ausstellung, der als Matrose von Piraten entführt wurde und als wohlhabender Mann nach Amrum zurückkehrte, sei auch empfohlen, besonders jetzt im Winter.)

Extra Steuerhaus für die Kleinen

Der neue Kutter ist zwar nicht so lang, breit und hoch wie das alte Piratenschiff und der Platz zum Toben im Dünensand drumherum begrenzt, dafür erstreckt sich jetzt an Backbordseite eine ganze Spiellandschaft mit einer zweiten Rutsche und einem separaten Steuerhaus für die Kleinen, das künftig auch für Kinder mit Handicap erreichbar sein soll. An Steuerbordseite blieb der Kreis mit den Kontaktschaukeln erhalten. Ab dem Frühjahr wird es sogar einen eigenen Wasseranschluss auf dem Spielgelände geben, was den Spielwert und die Attraktivität der ganzen Anlage ungemein erhöht. (Frischwasser gab es bis zum Ausbau der Strandbar Seehund nämlich nur auf der unteren Wandelbahn, viele Eimerchen-Längen vom Schiff entfernt.) Ein Hoch auf die Planungskommission des Gemeinderats!

Wasser marsch!

Krabbenkutter sind bekanntlich Fischkutter mit speziellen Netzen, Krabbenkocher und Sortierkörben an Bord, einem recht kleinen Steuerrad und vielen Eimern. Dem ist das Spielschiff nachempfunden. Die tolle kleine Fischereilandschaft passt wirklich gut nach Wittdün. Schließlich lagen bis zur Einführung der Kühltechnik an Bord dutzende Büsumer Krabbenkutter im Tonnenhafen, was an manchem Abend auch ganz schön für Aufregung gesorgt haben soll (vor allem bei den Mäusen in der Blauen Maus). Schiffe mit niedriger Bordwand (erst recht mit dazu einladenden Klettergriffen) lassen sich übrigens leicht entern und sind deshalb ein beliebtes Ziel für Piraten. Wenn die erstmal gelernt haben, auch ohne Sprossen einen Mast zu erklimmen, weht da oben an den roten Holzwimpeln schnell wieder die Totenkopf-Flagge. Und wohin geht dann die Reise? Das wird erst im Spiel entschieden. Aye-aye, Captain!

Krabbenkocher und Beifang-Kiste

Das Spielschiff ist, anders als sein Vorgänger, in Modulbauweise konstruiert und besteht größtenteils aus dem Holz der gewöhnlichen Robinie, das auch im Außenbereich ohne chemische Konservierung besonders langlebig ist. Deshalb wird dieses Holz gern für den Bau von Spielgeräten, aber auch als Gruben- und Schwellenholz oder im Schiffbau verwendet. Binnen einer Woche war der Spielplatz komplett aufgebaut – ein schmucker, kleiner Fischereihafen mit allem drum und dran für große und kleine Kinder.

Neue Torpfosten

Den Größeren und Erwachsenen hat die neue Spiellandschaft am Wittdüner Südstrand sogar noch mehr zu bieten, denn auch die Torpfosten wurden erneuert und wieder in bespielbaren Sand versetzt. Sie sind jetzt aus geschälten Robinienstämmen, ebenso wie die neuen Netz-Pfosten für Volleyball und Ringtennis. (Ringtennis, wie cool ist das denn?!) Deren Standort ist aber nicht optimal und sollte nochmal überdacht werden, um Ball-Kollisionen mit schaukelnden oder am Kutter spielenden Kindern zu vermeiden. Warum die Netze nicht auf der anderen Seite des Strandzugangs aufbauen? Beach-Sport vor der Strandbar wäre doch ein Gewinn für alle.

Das „Klettermax“-Aufbauteam

Aufgebaut wurde die Anlage von drei waschechten Landratten aus Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag der Klettermax GmbH aus Domsühl bei Parchim. In der ersten Dezemberwoche, bei echt norddeutschem Schmuddelwetter, aber „netter Unterkunft und guter Verpflegung in Wittdün“, wie die Drei Amrum News versicherten. Erst an ihrem letzten Arbeitstag offenbarte die strahlende Wintersonne ihnen die Schönheit der Lage des Bauplatzes.

Die neue Spiellandschaft am Wittdüner Südstrandf

Ob künftig auch seemännische Wartungsarbeiten (Rost klopfen und Malen) mit zum Frühjahrsprogramm des Bauhofs gehören, wird sich zeigen.

Pünktlich zu Weihnachten wurde er gestern vom TÜV zum Spielen freigegeben. Allzeit glückliche Reise, kleiner Fischkutter! Und viel Spaß für alle großen und kleinen Seeleute, es gibt viel Neues zu entdecken…

 

Hinweis der Redaktion:

Gefördert wurde das Projekt über die AktivRegion Uthlande mit 50 % der Investitionssumme aus Mitteln des Landesprogramms für den ländlichen Raum Schleswig-Holsteins in Verbindung mit dem „ELER“-Programm des Europäischen Landwirtschaftsfonds der Europäischen Union.

 

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Über Astrid Thomas-Niemann

Astrid Thomas-Niemann ist gelernte Schifffahrtskauffrau sowie studierte Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre als Schifffahrtsanalystin gearbeitet und lebt seit 2015 in Wittdün. Als junge Frau kam Astrid 1981 das erste Mal auf die Insel und besuchte auf Zeltplatz II die Niemanns aus Hamburg, die Amrum seit 1962 urlaubsmäßig die Treue halten, inzwischen bereits in der 4. Generation.

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2 comments

  1. Gratulieren zu der super Anlage. Sieht fantastisch aus. Da werden sich die Kids 2023 freuen. Frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr.

  2. Hallo Frau Niemann

    ein wahrhaftig schöner und toller Bericht. Schön haben Sie sich auch wen der Anlass ein trauriger ist. Auf das wesentliche bezogen. Eine tolle auch schöne bebilderte Story, die manch großen Urlauber Gewiss an seine Kindheit erinnert. Wie oft war ich da oben usw.

    Danke für Ihre tolle Berichterstattung die nicht ermüdend ist.

    Alles Gute für 2023

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