Junge Kegelrobben an Amrums Stränden …


Eine junge Kegelrobbe am Strand in Steenodde …

Sie sind klein, sie sind süß, aber gar nicht so ungefährlich, die jungen Kegelrobben am Strand von Amrum. Je nach dem wie alt das Baby oder Jungtier ist, kommt die Mutter von ihrem Beutezug schon hinter dem nächsten Sandhügel hervor gerobbt.

Was sie im Kopf hat, ist einzig und allein ihr junges Kegelrobbenbaby, das sie beschützen wird, egal wer sich ihr in den Weg stellt. Ob unschuldige Strandspaziergänger, die nur mal gucken wollten, kleine bis große Hunde oder Menschen, die Nationalparkschutzzonen widerrechtlich betreten – die Kegelrobben Mama macht keine Ausnahme.
In der ersten Januarwoche wurde am Strand von Steenodde eine junge Kelgelrobbe gesichtet. Um zu gewährleisten, dass ihr keiner zu Nahe kommt, beobachteten der Seehundsjäger Kai Detlefen und der BFDler des Naturzentrums vom Öömrang Ferians i.F. Silko Nebel unauffällig das Geschehen auf dem Spazierweg. Da ich an meinem freien Tag wie durch einen Wink des Schicksals zufällig zugegen war, als Kai Detlefen das Jungtier fand, beobachtete ich ebenfalls einige Zeit den Spazierweg.
Währenddessen passierte etwas Erstaunliches. Was ich dort sah und hörte veränderte mich. Das Kegelrobben-Junge war kein fernes Tier mehr, das in den Gewässern vor Amrum zu Hause ist und hin und wieder den Strand und die Vordünen als Wohnzimmer zum Dösen nutzt. Jetzt war das Kegelrobben-Junge mir nah. Ich konnte es sehen und mehr noch musste ich es beschützen für einige Zeit. Zunächst stand ich dort, mehr oder weniger neutral gestimmt und beobachtete die Spaziergänger. Wenn sich jemand dem Strandzugang näherte, machte ich mich bereit ihn davon abzuhalten den Strandbereich des Jungtiers zu betreten. Doch je länger ich dort stand und mit dem Jungtier mitfieberte, es bewachte, um es bei seiner Erholungspause zu schützen, desto stärker erklärte sich mir die Wichtigkeit dieser Pause für das Tier.
Erst mal recken und dann eine kleine Pause …

Da es am Strand, wie man anhand der Spuren im Sand ablesen konnte, bereits einen längeren Weg zurückgelegt hatte, musste es sich schon seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem ruhigen Schutzort befinden. Es war noch sehr klein, vermutlich vor Kurzem erst von seiner Mutter getrennt und nun auf sich allein gestellt. Alles war neu für das Tier und vielleicht jagte es zum ersten Mal allein. Es musste neue Gefahren meistern, Fischernetze umschwimmen und noch vieles Lernen. Ohne eine angemessene Ruhepause würde es bald erschöpft sein und unaufmerksam werden. So könnte eine vermeintlich harmlose Störung des Jungtieres am Ende sogar in der Verkettung der Ereignisse dazu führen, dass es seinen ersten Winter nicht überstehen würde.

Es gibt nicht viele Kegelrobbengeburten auf Amrum: jeden Winter vielleicht eine Handvoll. In manchen Wintern gibt es sogar keine. Das Überleben der Art hängt mitunter davon ab, dass die Jungtiere die ersten Jahre meistern, um mit 4-5 Jahren geschlechtsreif zu werden und dann neue Jungtiere in ihrer ehemaligen Kinderstube auf die Welt zu bringen. Wenn wir diese Tiere schützen, indem wir sie in Ruhe ihre wohl verdienten Nickerchen am Strand halten lassen, dann tun wir sehr viel für das Überleben der Kegelrobbe.
Kegelrobben sind als Raubtiere (Prädatoren) im Wattenmeer für das ökologische Gleichgewicht etwa so wichtig wie die Polizei für die Stabilität in unserer Gesellschaft. Wer von Kegelrobben am Strand Abstand hält, seinen Hund anleint und verletzte Tiere an das Naturzentrum meldet, der macht viel für das einzelne Tier, die Entwicklung des Kegelrobben Bestandes vor Amrum und die ökologische Vielfalt im Wattenmeer.
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Über Anna Kienitz

Anna Kienitz, 1988 geboren, verbrachte die ersten 18 Jahre ihres Lebens im mittelhessischen Klein-Altenstädten, bevor sich ihr Leben während eines Work and Travel Jahres in Neuseeland schlagartig veränderte. Dem Sog zu fernen Meeren folgend studierte sie Biologie im Bachelor und Küsten- und Meeresmanagement im Master auf Island. Als stellvertretende Leitung einer Meeresschutzstaion arbeitete sie in Südostasien und verbrachte ein Jahr als Umweltwissenschaftlerin beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg. Jetzt hat sie eine abwechslungsreiche Aufgabe und ihren Platz am Meer auf Amrum gefunden. Sie leitet das Naturzentrum in Norddorf und gehört als freie Journalistin zum Amrum-News Team.

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One comment

  1. Katrine Warmann

    In der ersten Januarwoche lagen 2 junge Robben in Norddorf am Strand Höhe Ban Horn. Leider gab es dort auch Touristen, die keine Ahnung hatten, wie sie sich zu verhalten hatten. Diese Leute gingen nicht nur viel zu dicht an die Tiere heran, nein, sie scheuchten eine der Robben auch in Richtung Wasser! Mit Mühe waren sie davon zu überzeugen, dass es den Tieren gut ging. Sie wollten den Robben “helfen” wieder ins Wasser zu kommen…
    Herrje! Es war erschreckend festzustellen, wie komplett ahnungslos (“Was ist denn ein Heuler?”) diese Menschen waren.
    Da muss offensichtlich noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden! Vielleicht helfen (große) Infotafeln am Strandzugang?
    An der Nordspitze standen andere Robbenbeobachter dann vorbildlich hinter dem Absperrtau!
    Geht also auch!

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