Mystische Orte auf Amrum 03 – Böle Bonken Bank           (54°39´45´´ N / 8°21´19´´ O)


Die „Böle Bonken Bank“ befindet sich am Wattweg von Nebel in Richtung Norddorf kommend unweit nördlich der Kläranlage. Es ist ein sehr ruhiger und durchaus mystischer Ort, weit ab von jeglichem Straßenverkehr. Von hier aus schweift der Blick über das Wattenmeer zum westlichen Teil der Nachbarinsel Föhr, über die Halligen und bis auf den Fähranleger in Wittdün.

Angeblich wurden das Kreuz und die Bank um 1875 von Bandix „Böle“ Bonken gestiftet, der hier auch ein Kästchen anbringen ließ, in dem sich eine Bibel befindet. Der Ort war dazu gedacht innezuhalten, Trost und Hilfe aus den Bibeltexten zu finden und die Nähe zu Gott zu suchen. In neuerer Zeit wurden auch ein Oktavheft und ein Schreibstift hinzugefügt um darin seine Gedanken festhalten zu können. Hoch interessant ist auch die friesische Inschrift auf dem Kreuz: „Uun Jesus as Rau an Frees“. Das bedeutet ins Deutsche übersetzt „In Jesus ist Ruhe und Frieden“. Von den der friesischen Sprache nicht mächtigen Besuchern wird dies fälschlicherweise oftmals als „Auch Jesus war ein rauher Friese“ gedeutet. Bank und Kreuz wurden im Laufe der Jahrzehnte mehrfach erneuert.

Bandix „Böle“ Bonken (* 18.05.1839 + 10.04.1926), vom Amrumer Inselchroniker Georg Quedens als „unvergessener Mann“ bezeichnet, war von 1865 bis 1893 Lehrer und Kantor auf Amrum. Er wurde gegen seinen Willen von der Schulbehörde nach Amrum versetzt. Angeblich ging er bei seiner Ankunft in Wittdün mit den Worten “Herr, lass mich zum Segen für dieses kleine Eiland werden” von Bord. Böle ist die halligfriesische Bezeichnung für Onkel, und sie wurde allgemein für Bandix Bonken ver­wendet, weil er von der Hallig Gröde gebürtig war. Pastoren und Lehrer gehörten damals zur Elite der Inselbevölkerung und waren Respektpersonen. Böle Bonken verdiente sich als Lehrer eine gewisse Achtung, war aber auch ein großer Anhänger der damaligen „Missionsbewegung“, und er versuchte die „christliche Erweckung“ mit strengen Regeln über die Inselbevölkerung zu verbreiten. Seinen zunehmenden Religionswahn übertrug er auch auf sein Lehramt und erregte bald sowohl den Widerspruch der Bevölkerung als auch den der Schulbehörden. Die körperlichen Züchtigungen seiner Schüler ließen einen gewissen Sadismus erkennen, und schließlich wurde Bandix Bonken im April 1893 („wegen seiner zunehmenden Augenschwä­che“) vorzeitig pensioniert. Danach reiste er als „Ruheständler mit selbstgegebenem Missionsauftrag“ durch Nordfriesland und verteilte seine religiösen Traktate. Er starb während einer „Missionsreise“ am 10.April 1926 in Bollhaus am Bottschlotter See südlich von Niebüll. Auch nach seinem Tode leistete er sich noch eine religiöse Feinheit: Er hatte verfügt, dass sein Sarg nicht auf dem neuen Leichenwagen der St.-Clemens–Gemeinde befördert werden durfte, sondern dass er, wie es frü­her üblich war, auf einem Bauernwagen zu Grabe gefahren wurde. Auf dem Friedhof an der Nebeler Kirche ist auch heute noch sein Grabstein zu sehen (54°39´12´´N / 8°21´22´´O). Er trägt die friesische Inschrift „Di diaram wiar ok mä di, JESUS fan Nazareth“ (= Dieser war auch mit Dir, Jesus von Nazareth). Neben der Bank am Watt und dem Grabstein erinnert auch noch eine nach ihm benannte Straße in Nebel an Böle Bonken.

Anmerkung zu den Koordinatenangaben:

Die Ermittlung der Ortsangaben mittels Koordinaten in Grad/Minuten/Sekunden Nord und Ost erfolgte via „Google Earth“. Es hat sich gezeigt, dass Ortsermittlungen durch andere Bestimmungsmethoden über verschiedene Smartphone-Apps, wie z. B. „Google Maps“ oder „Wo bin ich“, im Minuten und Sekundenbereich durchaus unterschiedliche Koordinatenangaben erbringen. Für die Serie „Mystische Orte auf Amrum“ haben wir daher entschieden uns bei allen Beschreibungen auf „Google Earth“ zu beziehen

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Über Peter Totzauer

Dr. med. Peter Totzauer, Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Anästhesie, Notfallmedizin, Spezielle Schmerztherapie, geb. 1954 in Fürth/Bay.,hat, bedingt durch den Beruf des Vaters, als Kind u.a. 4 ½ Jahre in Frankreich gelebt. Abitur 1974 in Köln, Studium der Humanmedizin an der Universität Bonn. Seit 1982 ärztlich tätig, davon viele Jahre als Oberarzt in der Anästhesie und als Leitender Notarzt in Euskirchen. War 2007 für ein halbes Jahr im Rahmen einer „Auszeit“ vom Klinikalltag bei seiner Lebensgefährtin Claudia auf Amrum. Dies hat ihm so gut gefallen, dass er seit Ende 2008 seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ganz auf die Insel verlegt hat und hier seit 2010 mit in der „Praxis an der Mühle“ arbeitet. Er hat zwei erwachsene Kinder, sein Sohn ist niedergelassener Physiotherapeut in Neuss, seine Tochter ist Lehrerin an der Öömrang Skuul.

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