Der Kniepsand ist wohl der größte mystische Ort auf Amrum. Zumindest flächenmäßig. Deshalb ist es auch nicht möglich ihn mit nur einer Koordinatenangabe zu bezeichnen. Der Einfachheit halber sind daher in der Überschrift der nördlichste Punkt, in etwa die Nordspitze Amrums, und der südlichste Punkt, in etwa am Kniephaken in Wittdün, angegeben. Einen westlichen, bzw. östlichen Punkt mitzuteilen hat keinen Zweck, da sich der Kniepsand fast 15 Kilometer am westlichen Rand der Insel erstreckt und an der breitesten Stelle, je nach Wasserstand, sich bis zu 2 Kilometer vom eigentlichen Inselrand bis zur Wasserkante hinzieht, und in seinem Verlauf sich stetig wandelnde Breiten bilden. Zudem ist die Insel Amrum hörnchenförmig gebogen, und so sind feste ost-west Richtungen nur schwer zu bezeichnen.
Die breiteste Stelle befindet sich bei Wittdün in etwa in der Verlängerung der Straße „Köhn´s Übergang“ bis hinter den erst in den letzten Jahren entstandenen Dünen beim sog. „Kapitän“. Besonders hier, wenn man vom eigentlichen Dünengürtel in Richtung Nordsee blickt und nichts als eine riesige Sandfläche sieht und die Wasserkante nur erraten kann, überkommt dem Betrachter ein geheimnisvolles Gefühl. Dies gilt nicht nur für den Sommer. Auch im Winter, wenn es einmal sehr kalt ist, und man nicht mehr unterscheiden kann ob es der Sand oder der Schnee ist, was den Kniep erstrahlen lässt, wird der Wahlspruch der Friesen „Rüm hart – klaar Kiming“ („weites Herz – klarer Horizont“) im wahrsten Sinne des Wortes ersichtlich.
Der Kniepsand wird auch gerne als einer der längsten und größten Strände Europas bezeichnet. Genaugenommen ist es jedoch kein Strand im eigentlichen Sinne, sondern eine extrem langsam wandernde Sandbank aus der Nordsee, die sich, bedingt durch die Strömungsverhältnisse, im Laufe von Jahrhunderten der westlichen Küste Amrums angelagert hat. Die Strömung der Gezeitenwelle der Nordsee transportiert Sand aus dem Süden, vornehmlich von den riesigen Hubsänden Süderoog-, Noorderoog- und Japsand vor den Halligen, nordwärts und legt diesen am Kniepsand ab. Oftmals wird behauptet, die Amrumer würden den Sand von Sylt „klauen“, der dort jedes Jahr für Millionen Euros aufgespült und nach Amrum hin weggetrieben wird. Dies ist jedoch keinesfalls zutreffend. Die Strömungen von Sylt weg gehen südwestlich in Richtung Helgoland! Zudem ist der Sylter Sand, gegenüber dem ganz feinen Amrumer Sand, deutlich grobkörniger.
Tatsächlich ändert sich das Landschaftsbild des Kniepsandes jährlich, werden die enormen Sandmassen doch immer weiter nordwärts, und letztendlich um die Odde herum, getrieben. Besonders bemerkenswert ist das im Bereich des oben erwähnten „Kapitän“ am Kniephaken in Wittdün zu beobachten. Noch vor 5 Jahren gab es in diesem Bereich den an der Wasserkante gelegenen Dünengürtel nicht.
Die laufenden Ansandungen führten zu einem Bewuchs v. a. mit Strandhafer und somit zur Dünenbildung. Weiterhin haben die Strömungen dafür gesorgt, das die vor der Westküste Amrums liegenden Seesände, allen voran der „Jungnamensand“ massiv an Substanz verloren haben, wogegen die nördlich der Amrumer Odde, in etwa im Dreieck zwischen Hörnum auf Sylt und Dunsum auf Föhr liegende „Kormoraninsel“, deutlich hinzugewonnen hat.
Diese „Umschichtung“ hat dazu geführt, dass die vornehmlich den Jungnamensand als Ruhestätte genutzten Seehund- und Kegelrobbenkolonien sich nach neuen Rastplätzen umsehen mussten und größtenteils auf die Helgoländer Düne und in geringerem Maße auch auf die Kormoraninsel umgezogen sind.
Stammgäste der Insel Amrum kennen das Phänomen der Veränderungen des Kniepsandes gut, können sie doch leicht feststellen, dass z. B. der Norddorfer Strand jedes Jahr im Sommer anders aussieht. Die engste Stelle des Knieps war lange Jahre lang im Bereich „Ban Horn“ nördlich von Norddorf.
Hier drohte bei manchen Orkanfluten sogar ein Dünendurchbruch. Mittlerweile hat der Kniep sich in diesem Bereich, Gott sei Dank, deutlich verbreitert. Die Sturmfluten können sich hier auslaufen und haben am Dünenrand nur noch wenig Kraft. Die Surfer und Kiter haben jetzt jedoch einen deutlich weiteren Weg von der Surfschule zur Wasserkante. Etwas weiter nördlich von diesem Bereich, in etwa Höhe des Übergangs zum „Fahrradständer“ gibt es aktuell eine Engstelle, an der es mehr oder weniger deutlich zu Dünenkantenabbrüchen bei entsprechendem Wellenschlag kommt.
Wenn man sich alte Karten des Kniepsandes im Vergleich der Jahrhunderte ansieht, ist festzustellen, dass noch um 1900 diese Sandbank einen riesigen Naturhafen an der Westküste Amrums bildete, die im Laufe der Zeit dann durch Versandung Anschluss an die Insel fand und das heutige Bild prägte.
All diese Phänomene können durchaus rätselhaft anmuten. Und dem Wanderer über die schier endlosen Weiten des Sandes fallen oft noch andere mystische Phänomene auf, findet man doch manchmal merkwürdige Dinge, die die See so „an Land“ spült. Seehunde, Heuler, Robben, Muscheln, Austern, Quallen, Seesterne, Tang, Wrackteile, verlorene Schiffsladungen aller Art, Tonnen und vieles andere mehr………(leider auch viel Müll).
Und dann bliebe dann noch die Frage woher der Kniepsand (öömrang: „a Kniip“) seinen Namen hat. Er wird wohl seinen Ursprung im amrum-friesischen Wort „kniap“ für „kneifen“ haben. Ob damit das zangenartige Gebilde des Kniephafens vor mehr als 150 Jahren gemeint ist, oder das Kneifen des Flugsandes an den nackten Beinen, wenn man über den Strand läuft, ist ungeklärt. Mystisch halt.
Anm.:
Mit dem Kapitel 20 – Der Kniepsand, endet unsere Serie Mystische Orte auf Amrum. Sicher gibt es noch viel mehr Plätze auf der Insel, die man als „mystisch“ bezeichnen könnte. Zudem ist das Empfinden an einem geheimnisvollen Ort zu sein ja durchaus auch ein individuelles Geschehen. Jeder hat so seine eigenen mystischen Gedanken und man kann jedem Amrumfreund nur empfehlen sich auf seine eigene Suche nach diesen Orten zu begeben. Amrum News bedankt sich bei seinen Lesern für das rege Interesse an der Serie und grüßt herzlich von der „Kleinen Insel mit der großen Freiheit“.
Ach, schon zu Ende! Schade! Habe Ihre Artikel über die mystischen Plätze aus der Ferne immer so gerne gelesen und viel neues erfahren!
Ich hoffe, Sie finden weitere Themen und freue mich über weitere (meistens) vergnügliche Artikel von Amrum!
Und ich hatte auch schon fürchterliche Anreisen nach Amrum… Allerdings mit dem Auto. Habe mich arrangiert und plane jetzt immer zwei Tage ein 😉 So interessant von den schlimmen Erfahrungen anderer zu lesen 😉
Und bitte die armen Schnecken retten – Sie wissen schon!!!
Viele Grüsse nach Amrum
Petra Müller
Wunderbare Serie! Klasse Recherche mit vielen neuen Details und toll geschrieben. Bitte mehr davon!
LG L.Schulte