Früher, als ich noch zuhause wohnte, war es Tradition bei uns, noch pünktlich vor dem ersten Advent eine Ladung Plätzchen fertig zu haben. Die erste Fuhre waren klassische Mürbeteigplätzchen nach altem Familienrezept. An sich nichts außergewöhnliches. Besonders wurden sie erst durch die Hingabe, mit der meine Mama und ich beim Ausstechen und Dekorieren vorgingen: Jedes Jahr kauften wir mindestens einen neuen extravaganten Keksausstecher hinzu, sodass unsere Sammlung bald auch über Igel, Fische, Seepferdchen, einen Buddha oder Einhörner verfügte. Fehlende Formen wurden zuweilen feinsäuberlich frei Hand ausgeschnitten. Seine meisterhafte Vollendung fand das Backwerk dann in der Verzierung. Mit äußerster Präzision drapierten meine Mutter und ich halbierte Mandeln, Walnüsse, Pinien-, Kürbis- und Pistazienkerne so auf den Plätzchen, dass sie die Form in ihrer Sinnhaftigkeit unterstrichen. Bunte Zuckerstreusel wurden mithilfe einer Pinzette als Fischschuppen oder Augen arrangiert. Die Teigreste wurden so lange wieder ausgerollt, bis der Mehlanteil schließlich bei 50% lag und kein Bein mehr am Hirsch blieb. Die Niederlage wurde mit einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung hingenommen. So entstanden schließlich die letzten kleinen Teighaufen, die frisch aus dem Ofen kommend verkostet werden konnten – fünf Stunden und drei Bleche später, oder so ähnlich.
Tja und heute? In meinem Elternhaus bemüht sich nun mein Vater, meinen Part zu übernehmen – was allein aufgrund seiner großen Hände natürlich nicht gelingen kann. Und ich habe es bislang nicht einmal versucht, die Tradition meiner Mama und mir durch andere helfende Hände zu ersetzen. Ganz unzeitgemäß folge ich daher der Devise: Neu machen statt Reparieren. Sprich: Ich backe einfach gänzlich andere Weihnachtskekse, die keine Nostalgie hervorrufen. Praktischer Nebeneffekt: Das Rezept geht viel schneller, ist selbst für Backanfänger, Dekorationsmuffel und Menschen mit großen Händen geeignet – und macht optisch dennoch einiges her!
Also, Schüssel raus, Knethaken rein, Musik an! Jetzt werden Nusshörnchen gerollt. Kleiner Musiktipp am Rande, wenn es auch da mal weniger traditionell sein darf: “Christmas in Cuba” von Luis Frank Y Su Tradicional Habana. Das sind Weihnachtsklassiker als sonnige Jazz- und Salsaversionen auf Spanisch neuinterpretiert. Für den richtigen Rhythmus beim Teigkneten.
Ein Hinweis vorab: Der Teig sollte mindestens 2 Stunden im Kühlschrank ruhen, daher empfehle ich ihn rechtzeitig vor dem Backen zusammenzurühren und die Zeit für einen ausgiebigen Strandspaziergang zu nutzen.
Hier nun also die Zutatenliste für 32 Stück:
Für den Teig
170 g Weizenmehl (Type 405 oder 550)
100 g Butter (zimmerwarm)
100 g Frischkäse (zimmerwarm)
1 EL Zucker
Für die Zimt-Zucker-Mischung:
100 g Zucker (80 g genügen auch); gerne 50/50 weißer und brauner Zucker
50 g gemahlene Haselnüsse
1 TL Zimt
½ TL Zitronenabrieb
Für den Teig rührt man Mehl, Butter, Frischkäse und Zucker mit den Knethaken des Handrührgeräts mehrere Minuten zu einem glatten Teig zusammen. Anschließend wird der Teig zu einer Kugel geformt und darf in Frischhaltefolie gewickelt mindestens 2 Stunden im Kühlschrank ruhen. An dieser Stelle darf Bäcker oder Bäckerin wie angekündigt eine große Runde Frischluft tanken.
Bevor die kühle Kugel wieder aus dem Winterschlaf geweckt wird, vermischen wir noch die Zutaten für die spätere Aroma-Mischung: Zucker, gemahlene Haselnüsse, Zimt und Zitronenabrieb einfach in einer flachen Schüssel miteinander vermengen.
Nun könnte man schonmal den Ofen vorheizen: auf 180 Grad Ober-/Unterhitze oder 160 Grad Umluft.
Der durchgekühlte Teig wird nun halbiert – oder je nach Menge geviertelt. Jedes Teigstück wird zu einer Kugel geformt. Die Aroma-Mischung verteilen wir auf der Arbeitsfläche, legen eine Teigkugel darauf und rollen diese mit einer Teigrolle rund aus. Wobei “rund” in dem Fall eine sehr freie Definition ist – bei mir werden die Teile eher rechteckig, was aber dem Ergebnis keinen Abbruch tut.
Beim Ausrollen muss der Teig hin und wieder gewendet werden, damit die Zuckermischung ordentlich eingearbeitet wird. Wenn zu wenig von der Mischung auf der Arbeitsplatte ist, einfach nochmal nachstreuen. Mit einem Pizzaschneider oder einem scharfen Messer wird der ausgerollte Teig dann in ca. 16 Stücke geschnitten (wie Kuchen- oder eben Pizzastücke).
Jedes Kuchenstück wird dann von der breiten Außenseite zur Spitze in der Mitte hin aufgerollt, sodass die typische Hörnchenform entsteht. Wie Mini-Croissants sehen die kleinen Röllchen jetzt aus! Nach Belieben kann man die Hörnchen nochmal in der Zucker-Nuss-Mischung wälzen, damit sie lückenlos bedeckt sind.
Nun belegen wir ein Blech mit Backpapier. Die fertig geformten Hörnchen werden nebeneinander auf dem Backblech platziert. Mit dem restlichen Teig verfahren wir genauso, sodass schließlich 32 Hörnchen auf dem Blech liegen. Im vorgeheizten Backofen werden die Hörnchen dann etwa 15-20 Minuten leicht bräunlich gebacken.
Anfangs sind sie noch richtig weich innen und schmecken ganz besonders gut. Wer es schafft, nicht alle gleich aufzuessen, bewahrt sie am besten in einem luftdichten Behälter auf.
Das Tolle an dem Rezept ist wirklich: Der Teig ist absolut reißfest, lässt sich sehr einfach ausrollen und man muss die Arbeitsfläche nicht ständig mit Mehl bestreuen (was einen Teig zunehmend brüchig macht). Es geht schnell, sieht toll aus und kann problemlos auch als vegane Variante mit Margarine und veganem Frischkäse gemacht werden.