Erinnerungen an den schönsten Tag des Jahres, wie er früher war
Je älter man wird, desto länger ist die zeitliche Distanz zur Jetztzeit.
Wir vergleichen: Wie war das früher? Was hat sich geändert?
Weihnachten ist das Fest des Jahres, als Kind hat man sehr gespannt darauf gewartet. Viele Hoffnungen und Wünsche sind mit diesen besonderen Tagen verbunden. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass wir alle uns sehr gut daran erinnern können. Ich erinnere mich an die Weihnachtszeit in meiner Kindheit.

In der Adventszeit wurde zuhause viel gebacken und Weihnachtslieder gesungen und man freute sich immer wenn am Adventssonntag eine Kerze mehr angezündet wurde, erst eins, dann zwei …, Weihnachten kam immer näher.
Auch ein Adventskalender hing an der Wand und allmorgendlich wurde ein Türchen geöffnet, meiner war in der Regel mit Schokoladenfiguren befüllt.

Am Vorabend des 6. Dezember (Nikolaus) stellte ich den blitzeblank geputzten Schuh – am besten Stiefel – auf die Fensterbank und hoffte, dass der Nikolaus und Knecht Ruprecht diesen mit Leckereien und Geschenke befüllt hatte.
Der Arbeitgeber von meinem Vater – die W.D.R. pflegte über viele Jahre die Aktion „Weihnachtsmärchen in Flensburg“ (Amrum News Adventskalender vom 8. Dezember 2020).
So fuhren wir morgens von Amrum über Föhr nach Dagebüll, dann ging es mit einem Bus weiter nach Flensburg in das dortige Theater. Aufgeführt wurde dort kurz vor dem Weihnachtsfest ein Märchen.

Für den kleinen Gerd gab es in Flensburg schon die erste Bescherung, denn Omi Flensburg brachte die Weihnachtsgeschenke vorbei – ausgepackt wurde aber erst am Heiligabend.
Auf der Fährrückfahrt, zwischen Dagebüll und Föhr, dann für uns Kinder der große Moment! Knecht Ruprecht betrat schwer beladen den Raum und bevor er jedem Kind ein Präsent überreichte musste dieses ein Gedicht vortragen.

Feste Regeln spielten eine sehr große Rolle, wie z.B. der gemeinsame Kirchgang. Danach eilte man nach Hause ins Warme. Ein Weihnachtsbaum durfte nicht fehlen. Das Schmücken, da war der Vater zuständig, am Tag vor dem Fest war schon etwas ganz Besonderes. Und so einiges musste dabei beachtet werden! Die Glaskugeln sind sehr zerbrechlich und teuer. Kein Tannenbaum ohne Lametta, die Fäden kamen im Einzelnen oder wie ein Vorhang an das Grün. Auf alle Fälle gleichmäßig verteilen, denn hier ein bisschen mehr und dort ein bisschen weniger sieht am Ende nicht schön aus. Als Letztes wurden die Kerzenhalter aus Metall an den Zweigen festgemacht, darauf wurden Wachskerzen, es gab rote und weiße, gesteckt. Aber auch hier war Vorsicht geboten, es durfte kein anderer Zweig in den Hitzebereich der Kerze ragen denn dann könnte der Baum sich entzünden.
Die Mutter hatte schon alles für den Heiligen Abend vorbereitet, so das die finale Zubereitung schnell erledigt war. Es gab immer ein Festmenü, mal Wild mal Geflügel mal Schwein oder Rind. Es duftete und machte hungrig, erst wurde gegessen und darauf folgte die Bescherung.
Heutzutage besteht das Menü am Heiligabend aus Spargelcremesuppe mit Hackklößchen, danach kommt die Barbarie-Entenbrust mit einer braunen Soße, mit Salzkartoffeln und Apfel-Rotkohl und als Dessert Zitronenpudding mit Sahnehaube. Zum Essen wird ein Weißburgunder gereicht. Lecker!
Am 1. Weihnachtstag ist bei uns die Frische Suppe Tradition.
Nach dem Essen betraten wir die Dörnsk – die gute Stube, da durften wir vorher nicht hinein. Ein paar Lieder wurden gesungen und die Weihnachtsgeschichte vorgelesen und dann endlich, es folgte die lang erwartete Bescherung. Weihnachten war immer ein spannendes Event, vor allem wegen der Geschenke.
Unter dem Baum stand jedes Jahr ein prall gefüllter Weihnachtsteller mit vielen Leckereien, wie z.B. Nüsse, Marzipan, Feigen, Datteln, Geleekonfekt, Schokolade u.v.m.. Die Geschenke lagen auch dort, als erstes waren die Gaben der Eltern und die von Omi Flensburg dran. Es folgten die Gaben von Oma Gitta, die nebenan wohnte.
Was lag damals unter dem Weihnachtsbaum? Ein paar Wollsocken, ein Päckchen Tabak für den Vater und für die Mutter echter Bohnenkaffee. Nein, die Geschenke waren nicht üppig und Nützliches überwog. Man war mit wenig zufrieden.
Ich weiß noch meine erste Tafel Schokolade, was habe ich mich gefreut.
Vom Opa aus Sterdebüll bekam Klein Gerd einmal einen Kinder-Bauernhof mit einem großen braunem Pferd aus Elastolin geschenkt. Mein erstes Fahrrad bekam ich mit 6 Jahren (auch vom Opa) – es war ein grünes, zuvor hatte ich einen Holztretroller und danach ein Dreirad.
An die erste Fleischmann-Modelleisenbahn von meinen Eltern kann ich mich gut erinnern. Mein Freund Klaus aus der Nachbarschaft hatte eine Märklin-Eisenbahn mit viel drumherum bekommen, die konnte bei ihm zuhause wegen des verfügbaren Platzes über Monate lang aufgebaut stehen bleiben.
Ein paar Schlittschuhe, sogenannte Sohlenreißer, lagen auch einmal unter dem Baum. Die wurden mit einem Drehschlüssel an den Schuhsohlen befestigt. Scharfe Krallen bohrten sich ins Leder. Und wo konnten wir die neue Errungenschaft ausprobieren? Auf der zugefrorenen Vogelkoje zwischen Nebel und Norddorf konnten wir Schlittschuhlaufen und auch Eishockey spielen, hier traf sich ein Großteil der jungen Amrumer. Aber auch am Strand war das möglich. Schlittenfahren gehörte damals auch dazu, dafür bestens geeignet waren die Amrumer Dünen und ein kleiner Hügel am Watt beim Honigparadies.
Damals hatten wir noch richtige Winter mit Eis und Schnee und so konnten wir Kinder einen Teil unserer Geschenke die unter dem Weihnachtsbaum lagen auch draußen ausprobieren.
Ein stabiles osteuropäisches Hochdruckgebiet hatte ab Januar 1963 neun Wochen lang für Dauerfrost die Insellagen aufgehoben. Im Wattenmeer türmten sich die Eisschollen meterhoch übereinander. Die Nordsee war zugefroren und der Schiffsverkehr war über einen längeren Zeitraum nur eingeschränkt möglich, dass bekamen auch wir zu spüren. Zur Hochzeit von Onkel Martin und Tante Friedel kamen wir mit einem Tag Verspätung in Sterdebüll an – haben aber nichts verpasst.
Damit der Fährverkehr zwischen den Inseln und Dagebüll überhaupt stattfinden konnte benötigte die erste Autofähre der W.D.R., die „Pidder Lyng“ einen „Eisbrecher“. Das schnittige Seebäderschiff „Uthlande“ fuhr vor der Autofähre mit Plattboden und brach das Eis bis zur Dagebüller Mole auf.
Amrum News wünscht allen fröhliche Weihnachten und ein glückliches gesundes Neues Jahr.
Amrum News wansket an frööligen jul, en lokelken krasinj, an seegent nei juar an sünjhaid för a kemen tidj.