
Seit Anfang des Monats die Meldung über schadstoffbelasteten Meeresschaum die Medien durchzog, sind viele Menschen verunsichert und besorgt: Ist der lang geplante Urlaub auf der geliebten Insel Amrum gefährdet? Kann man noch unbeschwert baden gehen? Und wie dramatisch ist die Situation vor Ort überhaupt?
Um die Pointe vorweg zu nehmen: Der Urlaub ist sicher. Das Baden ist nach wie vor bedenkenlos möglich – vorausgesetzt, man schreckt nicht vor den Wassertemperaturen zurück. Aktuell findet sich nahezu kaum Meeresschaum am Amrumer Strand. Dennoch: Vorsicht ist für Hundebesitzer und Eltern mit kleinen Kindern geboten.
Ausgelöst wurden die Sorgen von den Ergebnissen einer aktuellen Untersuchung durch Greenpeace, die an den Stränden von Sylt und St. Peter-Ording den an den Küsten vorkommenden Schaum analysierten. Er entsteht durch das Zusammenspiel von Wind und Wellen, verursacht durch Schaumalgen. So weit, so natürlich.

Besorgniserregend war nun allerdings, dass Greenpeace enorme Mengen sogenannter PFAs im Schaumgemisch fand. Beispielsweise lagen die Werte im Sylter Norden bei gut 96.000 Nanogramm pro Liter. In St. Peter-Ording bei etwa 58.000 Nanogramm pro Liter. Ein Blick auf die dänischen Grenzwerte für Badegewässer verrät: Die Konzentration an Nordfrieslands Küste übersteigt diese um das bis zu 2.400-fache. 40 Nanogramm pro Liter sind in Dänemark der Höchstwert. Warum der Blick nach Dänemark? Trotz der seit Jahren bekannten Gefahr hat Deutschland bislang keine Grenzwerte für Badegewässer festgelegt. Für Trinkwasser sieht die Regelung ab dem kommenden Jahr einen Grenzwert von 100 Nanogramm pro Liter vor. Allerdings: Auch in Dänemark übersteigen die gemessenen Werte im Schaum die Grenzwerte in ähnlicher Höhe. 2023 untersuchte die dänische Naturschutzbehörde den Meeresschaum auf PFAs an ihren Stränden. Ergebnis: Während der Schaum Werte zwischen 17.000 bis 250.000 Nanogramm pro Liter aufwies, war der im Badewasser selbst gemessene Wert mit 8 Nanogramm pro Liter in Skagen am höchsten.

PFAs steht für per- und polyfluorierte Chemikalien, auch “Ewigkeitschemikalien” genannt. Die Bezeichnung hängt mit ihren Eigenschaften zusammen: sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch sehr stabil. In traurigem Sinne also wahre Alleskönner – und ein Monster, das wir selbst uns erschaffen haben. PFAs kommen nicht natürlich vor, sondern wurden Ende der 1940er Jahre erfolgreich für Teflon oder Imprägnierspray hergestellt. Heute findet man sie darüber hinaus in Regenjacken, Zahnseide, Kettenfett, Kosmetik, Burgerpapier oder Skiwachs.
Und: PFAs stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Auch vermuten Forscher ein erhöhtes Risiko für Asthma, Schilddrüsen- oder chronische Darmerkrankungen.

Die Lage klingt dramatisch. Doch für uns Menschen ist die Gefahr, die vom Meeresschaum ausgeht, wohl das geringste Übel. Aufgenommen werden die PFAs lediglich oral und nicht über die Haut. Schwimmen im Meer ist also gefahrlos möglich. Außerdem ist die Konzentration der Stoffe im Schaum, an dem sie problemlos haften bleiben, natürlich um ein Vielfaches höher als im freien Wasser. Allerdings: Auch Pflanzen und vor allem Tiere nehmen die Chemikalien auf. Aktuell gelten vor allem tierische Lebensmittel, insbesondere Meeresfrüchte und Fische, als besonders belastet. Doch auch Schweine- oder Putenfleisch enthalten jüngsten Untersuchungen zufolge PFAs-Konzentrationen, die laut Europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den Verzehr von rund 500 Gramm Fleisch pro Woche nicht überschreiten sollten.
Viel eher als auf das Bad in der Nordsee sollten Gäste also auf den Verzehr tierischer Produkte und den Verbrauch von unnötigem Verpackungsmaterial verzichten.
Allerdings: Wer Kinder hat, sollte dennoch wachsam sein, dass der Schaum beim Spielen nicht verschluckt wird. Auch Hundebesitzern ist angeraten, ihre Hunde an der kurzen Leine zu führen, um ein versehentliches Verzehren des Schaums vermeiden zu können.
Trotz der aktuell berechenbaren Gefahr sind die Naturschutzvereine der Insel für das Thema sensibilisiert und kontrollieren die Strände regelmäßig. Sollten dabei außergewöhnlich große Mengen an Schaum oder auch Totvögeln auffallen, werden die Vereine Maßnahmen einleiten und ggf. Proben nehmen.