
Entlang der gesamten Wattenmeerküste finden ganzjährig Vogelzählungen statt. So auch auf Amrum. Am Himmelfahrtswochenende fand die umfangreiche Möwenbrutvogelzählung statt: Der Öömrang Ferian i.f. hatte als schutzgebietsbetreuender Verein zahlreiche Helferinnen und Helfer eingeladen. Eingestimmt hatte sich das Team bereits am Vorabend: Die Freiwilligen des Öömrang Ferian und der Schutzstation Wattenmeer sowie ehrenamtliche Insulanerinnen und Insulaner trafen sich zum gemeinsamen Abendessen im Naturzentrum beim Pottwal.
Am nächsten Morgen ging es schon früh los. Gezählt wurden die Vögel im Naturschutzgebiet „Amrumer Dünen“ und Teilen des Fauna-Flora-Habitats (FFH-Gebiet) „Küsten- und Dünenlandschaften Amrums“. Schwerpunkt der Zählung war die Erfassung der brütenden Möwen. Mit besonderer behördlicher Genehmigung ging es auf in die streng geschützten Dünen. Von der Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer unterstützte Leonie Enners die Zählung.
Gestartet wurde in der Nähe des Minigolfplatzes in Norddorf. Dabei wurden die einzelnen Dünentäler Richtung Süden in Augenschein genommen. Welche Vogelarten sitzen dort verborgen zwischen den Dünengräsern? Solange die Vögel sitzen, ist es leicht, beispielsweise die Möwenarten auseinanderzuhalten. Ob Wiesenpieper, Dohle oder Heringsmöwe, notiert wurden alle Arten. Aufgrund der hohen Vegetation waren die meisten Vögel allerdings gut versteckt. Um alle Möwen einer Brutkolonien erfassen zu können, wurden die Flugakrobaten einmalig aufgescheucht und in der Luft gezählt. Viele Helferinnen und Helfer waren nötig, um diese Störung möglichst kurz zu halten.
Zwei Tage ging es von Dünental zu Dünental, um jede Möwenbrutvogelkolonie bis nach Wittdün zu erfassen. Bei der Querung von Bohlenwegen und Strandübergängen galt es, zahlreiche das Schauspiel Beobachtende über die offizielle Möwenzählung zu informieren und viele Fragen zu beantworten.
Welche Möwenarten brüten eigentlich in den Amrumer Dünen?

Es sind vor allem Herings-, Silber- und Sturmmöwenkolonien, die die Dünen Amrums besiedeln. Die Amrumer Kolonien der Heringsmöwe (Larus fuscus) gehören zahlenmäßig zu den bedeutesten Brutkolonien des östlichen Wattenmeerraums. Etwa ein Viertel des deutschen Bestandes brütet auf Amrum. Alleine in den aktuell kartierten Dünengebieten bis Wittdün wurden über 7700 Brutpaare der Heringsmöwe dokumentiert. Damit ist der Bestand im Vergleich zum Vorjahr in etwa gleich geblieben.
Gemeinsam in einer Kolonie zu brüten hat viele Vorteile: Sie bietet beispielsweise einen guten Schutz vor Fressfeinden. Viele Augen sehen mehr und so kann frühzeitig Alarm geschlagen werden. Mit großem Geschrei koordinieren sich die Vögel und schlagen Angreifer sowohl am Boden als auch in der Luft in die Flucht. Aber auch das Erobern von Nahrungsquellen oder das Erlernen von überlebenswichtigen Verhaltensmustern bei Küken bieten in einer Kolonie einen Vorteil.
Sturmmöwen (Larus canus) brüten sehr gerne unter sich, dulden aber durchaus auch die Anwesenheit von beispielsweise Silbermöwen in ihrer Kolonie. Eine der größten Sturmmöwenkolonien im NSG „Amrumer Dünen“ befindet sich auf dem FKK-Zeltplatz beim Leuchtturm. Dicht an dicht liegen hier die Nester in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Gästen des Zeltplatzes. Wie auch im Jahr zuvor wurden hier wieder ca. 300 Brutpaare gezählt. Im gesamten Kartiergebiet konnten knapp 1300 Brutpaare der Sturmmöwe dokumentiert werden.

Auf Amrum ist auch die Mantelmöwe (Larus marinus) zu Hause. Mit einer Körperlänge bis zu 78 cm und einem Gewicht bis zu 2 kg ist sie die größte Möwenart. Sie brütet in geringer Zahl gerne in den Brutkolonien der anderen Möwenarten.
Warum wird eigentlich jedes Jahr gezählt?
Um Maßnahmen des Vogelschutzes zu steuern, sind die Erfassung von Bestandsentwicklungen der Brutvögel über lange Zeiträume sehr wichtig. Die Zahlen werden im gesamten Wattenmeer von Dänemark bis zu den Niederlanden im Rahmen des “Trilateralen Monitoring- und Bewertungsprogrammes” (TMAP) erhoben und in regelmäßigen Abständen veröffentlicht. Besonders bei Möwen können sich schnelle Bestandsveränderungen ergeben. Die jährlichen Brutvogelzählungen nach einheitlichen Standards liefern die Grundlage für die Bewertung der Entwicklung der Vogelpopulationen.