Einwanderer im Watt: Die Manila-Teppichmuschel  …

Hübsche Einwanderer: Die Manila-Teppichmuschel fühlt sich bereits seit gut 10 Jahre im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer heimisch. ©Hannah Pietsch

Der Sommer naht und die emsigen Strandsammler stehen in den Startlöchern. Der breite Kniepsand ist dabei ein kleines Paradies an hübschen Muscheln und Schnecken, wie der Herzmuschel, der Wellhornschnecke oder der Echten Wendeltreppe. Doch aufmerksame Spaziergänger stoßen zunehmend auch auf exotische Neuzugänge. Neu mit von der Partie ist eine etwa vier bis sechs Zentimeter große Muschel mit besonders ästhetischem Zackenmuster: die Manila-Teppichmuschel.

Manila – das ist was für Geographie-Fortgeschrittene – ist die Hauptstadt der Philippinen, gelegen am Pazifischen Ozean, und somit über 10.000 km Luftlinie weit entfernt. Und sowas liegt nun auch auf unserer kleinen Nordsee-Insel?

Auch die Pazifische Auster und die Amerikanische Schwertmuschel kamen erst vor rund 50 Jahren zu uns ins Wattenmeer. ©Hannah Pietsch

Die neue Teppichmuschel ist nicht der einzige Immigrant im Wattenmeer. Die meisten ihrer Vorgänger kamen aus dem amerikanischen Teil des Pazifik, doch nehmen wir sie heute kaum noch als Exoten wahr. Da ist beispielsweise die Bohrmuschel (wegen ihrer charakteristischen Schalenform auch Engelsflügel genannt), die bereits 1890 die Nordsee erreichte. In den Dreißigerjahren gesellte sich die Pantoffelschnecke dazu, in den Siebzigern schließlich die Schwertmuschel. Die massigen und vor allem scharfkantigen Schalen der Pazifischen Auster haben wir seit Anfang der 2000er Jahren zahlreich im Watt – zur “Freude” aller Wattwanderer zwischen Amrum und Föhr. Während letztere seit 1985 gezielt vor Sylt zum Verzehr kultiviert wird und sich selbstverständlich nicht an die Grenzen ihrer Drahtkörbe hielt, kamen die anderen Neuzugänge – wie sollte es anders sein – per Schiff. Häufig werden die Larven unbeabsichtigt im Ballastwasser großer Containerschiffe mittransportiert, teilweise hielten sie sich an Zuchtaustern fest und überquerten so als blinde Passagiere die Ozeane. Und so haben wir jetzt den Meeresfrüchtesalat.

Immigranten unter sich: Bohr- und Schwertmuscheln, Pantoffelschnecken und Manila-Teppichmuscheln. ©Hannah Pietsch

Denn: in der sich immer schneller erwärmenden Nordsee fühlen die Einwanderer sich pudelwohl. In den letzten 60 Jahren stieg die Durchschnittstemperatur der Nordsee um fast 2 Grad – das ist mehr, als es in vielen anderen Küstengebieten der Fall ist.

Und so wird auch die Manila-Teppichmuschel sich hier niederlassen. Nachdem sie in den 1970er Jahren erstmals europäischen Boden erreichte, indem sie gezielt als “Kulturmuschel” nach England und Frankreich verbracht wurde, kam sie Anfang der 2000er Jahre in die Niederlande. Seit 2016 finden wir sie im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer.

Wer Exemplare der Manila-Teppichmuschel findet, darf diese gerne über www.BeachExplorer.org melden und damit zur weiteren Forschung beitragen. ©Hannah Pietsch

Eine Beeinträchtigung der heimischen Ökosysteme konnte bislang glücklicherweise nicht nachgewiesen werden. Unsere Seevögel scheinen die Art sogar gerne als Futter zu nutzen. Dennoch breitet sich die neue Art schnell aus, verdrängt zuweilen bereits die heimische Getupfte Teppichmuschel und sollte somit im Auge behalten werden. Daher die Bitte: Wenn Sie die fein geriffelten Schalen mit den verschiedenartigen Mustern finden, melden Sie diese bitte unter www.BeachExplorer.org. Ihre Meldungen tragen dazu bei, die Verbreitung der Manila-Muschel besser zu erforschen.

Über Nina Löschner

Nina Löschner kam 1989 kurz vor dem Mauerfall in Ost-Berlin zur Welt. Aufgewachsen auf dem Brandenburger Land zog es sie nach der Schule zurück in die Hauptstadt. In Berlin studierte sie Kunstgeschichte und Englisch, arbeite anschließend im Projektmanagement eines Auktionshauses und schließlich sieben Jahre lang als Redakteurin für Funk und Fernsehen. 2022 nahm sie sich eine berufliche Auszeit und absolvierte einen Freiwilligendienst im Naturschutz auf Amrum. Doch die Insel ließ sie nicht mehr los - und so brach sie alle Zelte in der Hauptstadt ab. Heute arbeitet Nina als Leiterin der Schutzstation Wattenmeer in Wittdün.

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