Amrum ist definitiv eine Insel. Das bedeutet, dass sie ringsum von Wasser umgeben ist – zumindest die meiste Zeit. Das Wasser, das unsere Insel umgibt, ist salzhaltig, so wie es sich für die Nordsee und das Wattenmeer gehört. Auch von oben gibt es immer wieder Wasser, dann in Form von Regen. Das ist dann „Süßwasser“. Auch unter der Insel gibt es Wasser – und zwar reichlich. Eine ca. 20 m dicke Süßwasserlinse liegt in 50–70 Meter Tiefe auf Salzwasser, wobei die Trennung von Süß- und Salzwasser durch Schwerkraft erfolgt. Dieses „Grundwasser“ wird mittels Druckluftfiltern und weiterer Verfahren zu Trinkwasser aufbereitet. Das Amrumer Trinkwasser ist von sehr guter Qualität und kann bedenkenlos „aus der Leitung“ getrunken werden.
Also Wasser ringsum, von oben und von unten. Man kann Amrum durchaus als eine „wasserreiche“ Insel ansehen. Und es gibt noch mehr von dem für die Menschen, die Tier- und die Pflanzenwelt so lebensnotwendigem Nass auf Amrum. Leicht übersieht man nämlich die zahlreichen „Binnengewässer“, also Gewässer wie Flüsse, Seen oder Tümpel, die sich innerhalb eines Landes – in diesem Fall einer Insel – befinden. Sie bestehen zumeist aus Süßwasser.
Der Wriakhörnsee
Der größte Binnensee ist mit einer Fläche von ca. 40.000 m² zweifellos der Wriakhörnsee, der in den Dünen zwischen Wittdün und dem Leuchtturm liegt und seinen Namen von dem an seinem westlichen Ende gelegenen Dünenübergang „Wriakhörn“ hat. Hier gelangte in der Zeit von 1893 bis 1908 die Inselbahn auf den Kniepsand.
Tatsächlich gibt es diesen See erst seit Anfang der 1970er-Jahre. Er befindet sich in einem Feuchtgebiet, das bis dahin eine zur See hin offene Verbindung hatte. Ein großer Priel, der zu einer erheblichen Sandabtragung führte, bedrohte an dieser Stelle die Dünenlandschaft, und so wurde eine sogenannte Sandverwallung vorgenommen. Nach diesem Dünenverschluss konnte kein Regenwasser mehr abfließen, und in der feuchten Mulde entstand der Wriakhörnsee. Der Verschluss bewirkte jedoch auch, dass der See immer weiter anwuchs und es in seinem Bereich – vor allem nach starken Regenfällen – immer wieder zu Überschwemmungen kam. Verschiedene Problemlösungen wurden ausprobiert, und auch ein Rückbau der Sandverwallung wurde diskutiert. Dies hätte jedoch das Ende des Wriakhörnsees als Vogelparadies und Publikumsmagnet bedeutet. Letztendlich wurde ein fest installiertes Pumpensystem hin zum Kniepsand eingerichtet. Ein mit einem Schwimmer versehenes Abflusssystem lässt ab einem kritischen Wasserstand die Pumpe anspringen und schickt das Wasser über ein Rohr bis in die Vordünen.
Die Vogelkojen
Es gibt zwei Vogelkojen auf Amrum: zum einen die „Vogelkoje Meeram“ in Nebel, zum anderen die weniger bekannte „Vogelkoje Klantamkui“ in Wittdün.
Die Vogelkoje Meeram…
…ist eine historische Fanganlage, die im 19. Jahrhundert erbaut wurde, um Wildenten zu fangen. Sie besteht aus einem quadratischen, etwa 3.000 Quadratmeter großen Süßwasserteich, von dem aus an den Ecken vier bogenförmige Seitenkanäle, sogenannte Pfeifen, abzweigen und an deren Enden die Wildvögel mithilfe von Lockvögeln (gezähmte Enten) in Fangkästen gelockt und „gegringelt“ wurden – d. h., ihnen wurde der Hals umgedreht. Als Nahrungsmittel sind sie zu Fleisch bzw. haltbarer Fleischpastete oder Pökelfleisch verarbeitet worden.
Im Jahr 1867 hatte eine Gemeinschaft von Interessenten auf der Heideflur „Meerum“ diese Entenkoje eingerichtet, die einen beachtlichen Erfolg erzielte. Jeder Insulaner konnte bis zu zwei Anteilsscheine erwerben, um sich einen Anteil am Ertrag der Anlage zu sichern. Bis zu ihrer Schließung wurden hier über 500.000 gefangene Enten gezählt. Ob des großen Erfolgs wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Nebel sogar eine Konservenfabrik errichtet, um die gewaltigen Fangergebnisse verarbeiten zu können.
Ende der 1920er- und zu Beginn der 1930er-Jahre nahmen die Fangzahlen jedoch deutlich ab und brachen schließlich ganz ein. 1930 schloss die Konservenfabrik ihre Tore, und schließlich musste 1937 auch die Vogelkoje Meeram den Fangbetrieb einstellen. Mit der Zeit verwilderte das Gelände, und im Jahr 1952 übernahm die Gemeinde Nebel die Vogelkoje, um sie als Anschauungsobjekt auszugestalten. Die endgültige Umsetzung des Projekts bis hin zur heutigen Gestaltung des Erlebnisraumes dauerte jedoch sehr lange. Erst im Winter 2008/2009 hat der damalige Nebeler Bürgermeister Bernd Dell-Missier das Anliegen, das Kojengelände zu sanieren und durch Führungen und Infotafeln aufzuwerten, an den Amrumer Heimatverein Öömrang Ferian herangetragen. Zur Saison 2010 wurden dann die ersten Schritte zur Umsetzung des Konzeptes „Naturerlebnis Vogelkoje Meeram“ unternommen. Bohlenwege und Fangpfeifen wurden erneuert, und um das Vogelkojengelände wurde ein neuer Rundweg angelegt. Heute ist es ein Naturerlebnisraum, in dem die Besucher die natürliche Umgebung genießen und verschiedene Vogelarten beobachten können. Direkt an der Vogelkoje findet sich zudem ein schöner Kinderspielplatz mit Toiletten, die 2014 modernisiert wurden. Erfrischungen und Snacks sind an einem Kiosk erhältlich.
Die Vogelkoje Klantamkui in Wittdün…
…ist sehr viel weniger bekannt. Das zwischen Wittdün und dem Restaurant „Heidekate“ in einem bewaldeten Gebiet gelegene Gelände wird wohl nur eher zufällig von Inselgästen betreten und ist selbst den meisten Amrumern nahezu unbekannt. Nachdem die Nebeler Vogelkoje ja große Erfolge erzielt hatte, beschloss man Ende der 1880er-Jahre, auch im Süden von Amrum, auf der Flur „Klintum“, eine Vogelkoje anzulegen. Eine Senke in der morastigen Dünen- und Heidelandschaft bot sich als Anlage für den Kojenteich an, und es war wohl ein beträchtliches Stück Arbeit, diesen nur mit Schaufeln und Menschenhand zu gestalten.
Es gibt nur wenige Unterlagen zur Wittdüner Vogelkoje; man weiß nur wenig über den Bau und den Betrieb der Fanganlage zu berichten. Möglicherweise hat die Tatsache, dass die Koje fast keine Enten gefangen hat, dazu geführt, dass keine Dokumente erstellt wurden. Zudem geriet das Gelände in die Turbulenzen der Besitz- und Bodenverhältnisse mit den damit verbundenen Zwangsversteigerungen im Verlauf der Gründungszeiten der Bäderkultur im Bereich Wittdün.
Die Eigentumsverhältnisse um die Koje sind verworren. Mehrfach wechselten die Besitzer, die u. a. auch in Berlin und New York residierten. Zwar wurde im April 1884 „Genossen“ unter der Führung des Süddörfer Cornelius Jannen eine Konzession erteilt, gleichzeitig wurde jedoch von der zuständigen preußischen Provinzialregierung eine „Polizeiverordnung“ über die „Aufhebung des Jagdrechtes auf Amrums Grund und Boden“ erlassen, die zwischen dem 1. August und dem Eintritt des Frostes jegliches Schießen und sonstiges Lärmen im Umkreis von zwei Kilometern rund um die Vogelkoje verbot. Damit war wohl von vornherein ein Scheitern des Projekts „Vogelkoje Klintum“ vorprogrammiert.
Wer Genaueres über die Besitzverhältnisse der Koje nachlesen möchte, kann dies in einem Artikel von Georg Quedens auf AmrumNews tun:
👉 https://www.amrum-news.de/2021/02/18/vogelkoje-wittduen-im-besitz-von-amrumern-berlinern-und-new-yorkern/
Sielzug Uasenküül, A Gootel und Holten Doom
Im Bereich zwischen dem Seezeichenhafen und Steenodde befinden sich unter dem Deich ausgeprägte Feuchtgebiete, „Nei Miad“ und „Üüb Sun“ genannt, durch die sich tatsächlich fluss- oder bachartige Fließgewässer ziehen. Geht man über die zwischen 1933 und 1935 errichtete Eindeichung der Marsch zwischen Wittdün und Steenodde, blickt man auf die Wasserläufe „Holten Doom“ und „A Gootel“. Beide sind die Abflüsse der Marsch ins Wattenmeer, wobei der Holten Doom aus dem Klärteich der 1978 in Betrieb gegangenen Teichkläranlage Wittdün entspringt. Hier befindet sich ein natürlich entstandener Teich, der mit dem Bau der Kläranlage erweitert wurde. Die Anlage ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Gootel ist der Ablauf der o. g. Feuchtgebiete. Sie führt nur nach starken Regenfällen oder besonders hohen Grundwasserspiegeln Wasser. Beide Gewässer münden in einem Sielwerk durch den Deich in Höhe des Seezeichenhafens in das Wattenmeer.
Die Wittdüner Marsch wird durch den Sielzug Uasenküül mit Wasser gespeist. Dies ist auch ein vom Amrumer Angelverein betreutes Gewässer, welches als letzter immer wasserführender Teich des Feuchtgebietes Guskölk angesehen werden kann.
Die Gänsekuhle „Guskölk“ liegt in einer Senke in etwa der Mitte zwischen Leuchtturm/Gewerbegebiet und Steenodde. Am einfachsten erreicht man sie, wenn man von der Inselstraße aus schräg gegenüber der Zufahrt zum Campingplatz den Feldweg in Richtung Steenodder Wäldchen nimmt und kurz vor dem Eingang zum Wald, unmittelbar nach Überquerung des Wasserlaufs „Uasenküül“, links am Waldrand entlanggeht.
Der Guskölk war einst ein Naturhafen mit Verbindung zum Wattenmeer. Bis ins 15. Jahrhundert konnte man mit flachen Kähnen über die eben noch heute existierenden Wasserläufe „Gootel“ und „Uasenküül“ von der Wattseite aus bis in diesen Hafen gelangen. Im Laufe der Zeit versandete dieser jedoch und wurde spätestens mit der Eindeichung zwischen Wittdün und Steenodde endgültig von der offenen See abgetrennt.
Dünenseen
Neben den bislang beschriebenen Gewässern gibt es noch etliche Dünenseen, von denen einige stets wasserführend sind, viele jedoch je nach Spiegel des Grundwassers oder bei längeren Hitzeperioden auch austrocknen können.
Die Dünenseen sind großartige Rückzugsorte und Brutstätten für einige Vogelarten und Amphibien. Die durch die Umweltschutzorganisationen auf Amrum in den letzten Jahren vorgenommene Pflege und Vertiefung der Seen, v. a. im Bereich zwischen Leuchtturm, Wittdüner Aussichtsdüne und Wriakhörnsee, war, z. B. zum Schutz der Kreuzkröten, sehr erfolgreich. Geht man an lauen Sommertagen in diesem Bereich spazieren, kann man dort oft weithin schallende „Abend- oder Morgenkonzerte“ erleben.
Als Beispiel sei hier der Dünensee zwischen Wittdüner Aussichtsdüne und Wriakhörnsee genannt, der eigentlich immer mit Wasser gefüllt ist. In früheren Zeiten, mit längeren Frostperioden, diente er auch, wenn er denn zugefroren war, den Amrumern oft als Schlittschuhbahn. So manches Eishockeymatch wurde hier ausgeführt und manche Pirouette gedreht. Der Klimawandel hat jedoch dazu geführt, dass aufgrund des Ausbleibens strenger Winter in den letzten Jahren kaum mehr ein Eislaufen möglich war.
Dass sich das Landschaftsbild stetig ändert, dürfte wohlbekannt sein. Dies trifft insbesondere auch auf die Dünenlandschaft zu. Es gibt ein langgestrecktes Dünental, das sich in etwa vom Dünenübergang Westerheide bis in Höhe Quermarkenfeuer hinzieht. Hier reiht sich ein See an den anderen. Diese Seenlandschaft ist ein Paradies für Wasservögel, das allerdings in extrem heißen Sommern auch schon mal austrocknen kann. In der heutigen Form existiert es allerdings erst seit ca. 15 Jahren. Der Autor kann sich noch daran erinnern, dass es hier einmal eine Fahrspur gab, die er, wie viele andere auch, als Joggingstrecke nutzte. Heute kann es, wenn die Seen gut gefüllt sind, durchaus schwierig sein, sich auf einem Trampelpfad an deren Ufern entlangzuschlängeln.
AmrumNews Online-Zeitung der Insel Amrum
















