Amrumer Details 20 – Sand

Sand ist auf Amrum allgegenwärtig. Entgegen der Behauptung, Amrum sei ein riesiger Sandhaufen, leben die Bewohner der Insel auf einer echten Geestkerninsel. Der Geestkern von Amrum ist etwa 6 km lang und ungefähr 2,5 km breit. Die Geest bezeichnet einen geomorphologischen Landschaftstyp in Norddeutschland, Flandern, den Niederlanden und Dänemark. Sie ist zwar gekennzeichnet durch Sandablagerungen aus der Zeit des Pleistozäns (Zeitabschnitt der Erdgeschichte vor 2,5 Millionen bis 12.000 Jahren), besteht durch eiszeitliche Prägung letztendlich jedoch aus End- und Grundmoränen (verdichtete Gletscherablagerungen).

Auf dem Geestrücken der Insel liegen Wald- und Heidegebiete, die im Wesentlichen einen Streifen in Nord-Süd-Richtung bilden. Östlich begrenzt das Wattenmeer die Insel, im westlichen Teil des Geestkerns befindet sich über die gesamte Länge der Insel ein 7 km² großes Dünengebiet. Die maximale Breite dieses Gebietes beträgt über einen Kilometer, die Länge etwa zwölf Kilometer.

Westlich des Dünengürtels schließt sich auf ganzer Länge der Kniepsand an – einer der größten Sandstrände Europas (15 km lang und bis zu 2 km breit). Geologisch gesehen gehört der Kniepsand gar nicht zur Insel, da er ein angeschwemmter Hochsand (Sandbank) ist. Bedingt durch die Strömungsverhältnisse und die Gezeiten (Ebbe und Flut) verändert der Kniepsand permanent sein Aussehen, indem er sich nordwärts ausbreitet und langfristig um die Nordspitze der Insel herumwandert. Über Jahrhunderte hinweg war bis Mitte des 19. Jahrhunderts der Kniepsand in seinem Nordteil durch einen riesigen Priel, den sogenannten Kniephaken, von der Insel getrennt. Er diente großen Handelsschiffen als Ankerplatz im Winter. Durch das nordwärts Wandern des Knieps versandete dieser natürliche Schutzplatz. Noch bis Mitte der 1960er waren bei entsprechenden Wasserständen Reste dieses Priels sichtbar.

Der Kniepsand im Wandel der Zeiten

Wie sich das Inselbild – insbesondere im Bereich des Kniepsandes – im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, kann man auch gut auf dem von Jens Quedens gestalteten Kartenwerk „Amrum – Reise durch die Zeit“ (ISBN 978-3-926137-51-7) aus dem Jahr 2019 erkennen.

Nicht zu verwechseln mit dem ehemaligen Kniephafen ist der sogenannte Kniephaken an der Südspitze des Kniepsandes in Wittdün – eine natürliche Bucht, die bei Niedrigwasser leerläuft und bei hohem Wasserstand geflutet ist.

Der Sand, der – wie beschrieben – allgegenwärtig ist, stammt vom Kniepsand und aus dem Dünengürtel. Insbesondere bei westlichen und stürmischen Windlagen kann es schon problematisch sein, mit geöffneten Augen über die Dünen und die Strandübergänge Richtung See zu gehen. Tut man es dennoch, muss man sich nach der Rückkehr in seine Wohnung erstmal „entsanden“: Augen, Ohren, Zähne putzen und sich die Haare waschen. Und so manch ein Gast findet auch noch Wochen nach seinem Urlaub den feinen Amrumer Sand in seinen Taschen und Socken.

Die Amrumer haben sich darauf eingerichtet, putzen ihre Fenster nicht in der stürmischen Jahreszeit (zwecklos, wenn man nicht zweimal pro Woche putzen will), haben sich spezielle „Kehrmaschinen“ angeschafft, und die Bauhöfe verfügen über Radlader, um die Strandübergänge wieder freizumachen. Vor allem nach Stürmen aus westlichen Richtungen sind oft die Strandübergänge regelrecht verschüttet und müssen freigebaggert werden.

Vor dem Sand ist nichts sicher – egal ob Aussichtsplattformen, Schilder, Spielgeräte, Mülltonnen oder Stromkästen – alles wird zugeweht.

Und nördlich vom Norddorfer Strandparkplatz Richtung „Ban Horn“ wird der Dünenwanderweg zusehends von einer Wanderdüne begraben. Man versucht, mit Halmanpflanzungen die Düne bewachsen zu lassen und so zu fixieren, um einer weiteren Versandung der Marsch Einhalt zu gebieten – was auch einigermaßen gelingt. Es wird dringend darum gebeten, diese Anpflanzungen nicht zu betreten; dies ist ausdrücklich verboten. Leider hält sich nicht jeder Spaziergänger an diese Anordnungen, was leicht den Erfolg der Dünenschutzmaßnahmen gefährden kann.

Im Übrigen ist die immer wieder aufgestellte Behauptung, dass der Kniepsand der von den Syltern jährlich vor ihrer Insel für Millionen von Euros teuer aufgeschwemmte Sand sei, völlig falsch. Die Sandzufuhr des Knieps kommt mit dem Gezeitenstrom von Südwesten – entsprechend der Flutwelle des Gezeitenstroms aus Richtung britischer Ostküste und den Niederlanden. Ein Sandtransport von Sylt nach Amrum – gegen den Gezeitenstrom und über das mächtige Vortrapptief hinweg – ist unmöglich. Zudem ist der Sylter Sand wesentlich grobkörniger (Korngröße ca. 1–2 mm) als der sehr feine Amrumer Sand (Korngröße < 0,5 mm). Allein daran kann man ihn schon unterscheiden.

Aber auch auf Amrum gibt es durch Stürme und Sturmfluten immer wieder größere Sandverluste. Dünenkantenabbrüche und Landverluste an der Wattseite sind keine Seltenheit. Auch hier wird durch Halmanpflanzungen regelmäßig versucht, vor allem die Dünenkante an der Westseite zu stabilisieren. Oft werden diese jedoch entweder weggespült oder sie versanden.

Einen natürlichen Schutz vor Sandabbruch bieten die sogenannten Vordünen – die selbst jedoch auch oft bei größeren Sturmfluten einfach weggespült werden.

Alles, was über den Sand läuft oder fährt, hinterlässt eine Spur – dies zumeist jedoch nur kurz – und wird rasch vom Wind wieder zugeweht oder von der Flut verschluckt.
Auch Sandburgen haben kaum eine Chance auf ein langes Leben, und – vor allem nach Stürmen – kann man schon mal „besonderes Strandgut“ finden.

Liebe Leser:innen von Amrum News:

Haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an unseren Artikeln und hier insbesondere an der Serie „Amrumer Details“. Zwanzig dieser „Details“ haben Sie in diesem Jahr kennengelernt, das Echo und die Rückmeldungen hierzu waren durchweg positiv, was uns sehr freut und auch ehrt. Auch wenn es sicher noch viel mehr über Amrum zu berichten gibt, werden wir diese Serie mit dem auf der Insel allgegenwärtigen Sand nun beenden und uns für das nächste Jahr, 2026, ein neues Thema für eine weitere Serie überlegen.

Ihr Amrum News – Redaktionsteam 

Über Peter Totzauer

Dr. med. Peter Totzauer, Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Anästhesie, Notfallmedizin, Spezielle Schmerztherapie, geb. 1954 in Fürth/Bay., hat, bedingt durch den Beruf des Vaters, als Kind u.a. 4 ½ Jahre in Frankreich gelebt. Abitur 1974 in Köln, Studium der Humanmedizin an der Universität Bonn. War seit 1982 ärztlich tätig, davon viele Jahre als Oberarzt in der Anästhesie und als Leitender Notarzt in Euskirchen. War 2007 für ein halbes Jahr im Rahmen einer „Auszeit“ vom Klinikalltag bei seiner Lebensgefährtin und mittlerweile Ehefrau Claudia auf Amrum. Dies hat ihm so gut gefallen, dass er seit Ende 2008 seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ganz auf die Insel verlegt hat und hier seit 2010 mit in der „Praxis an der Mühle“ gearbeitet hat. In 2024 ist er endgültig in den ärztlichen Ruhestand getreten. Er hat zwei erwachsene Kinder, sein Sohn ist niedergelassener Physiotherapeut in Neuss, seine Tochter ist Lehrerin an der Öömrang Skuul.

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