„hulkinj“-ein Theater im Theater…


Monatelange Proben gingen dem ersten Auftritt vor Publikum der Öömrang Teooterskööl mit ihrem friesischen Theaterstück „hulkinj“ (Silvesterabend) im Strandpiraten voraus. „Jetzt ist es endlich soweit, und da wir schon seit Wochen Silvester feiern, hoffen wir, dass wir jetzt bald wirklich ins neue Jahr kommen“, lächelt Marret Dethlefsen bei ihrer friesischen Eröffnungsrede, denn in diesem Theaterstück dreht sich alles um den Silvestertag.

Sie vergleicht die schauspielerische Theaterkunst der Darstellerinnen und Darsteller mit der Flugfähigkeit einer Hummel, was mit großem Applaus begleitet wird: “Eigentlich könnte die Hummel gar nicht fliegen, da ihre Flügel zu klein und ihr Körper zu groß sind, aber sie weiß es nicht und so fliegt sie halt einfach. So geht es uns auch.“ Der erste Schenkelklopfer ging schon vor dem Stück los und die Stimmung an allen drei Abenden vor ausverkauftem Haus blieb bei.

Ein absolutes Highlight „ongurd för een“ grandios gespielt von Hans Borrs und Elisabeth Konrad
Ein absolutes Highlight „ongurd för een“ grandios gespielt von Hans Borrs und Elisabeth Konrad

Was machen Amrumer am letzten Tag des Jahres? Natürlich dreht sich alles um das Thema „hulken“, das heißt die Insulaner verkleiden sich unkenntlich, gehen von Haus zu Haus und müssen erraten werden. Die Kleinen bekommen dann Süßigkeiten und die Erwachsenen eine kleine alkoholische Erfrischung. Eine uralte Tradition, die bis heute gepflegt wird. Doch als was geht man, was soll die Verkleidung sein? Wie jedes Jahr ist auch an diesem Tag Tochter Kirsten, gespielt von Steffi Wollny, wieder ein bisschen spät dran. Doch die Taschen und Koffer mit den Hulk-Sachen aus den letzten Jahren bieten immer eine passende Kostümierung. Unterstützt wird sie von ihren beiden besten Freundinnen Lena (Frauke Jensen) und Susi (Ronja Wollny), die unter Gelächter und Spass die Verkleidungen durchgehen und für ordentlich Unordnung sorgen.

 Ella und Ernie glühen mit Stine und Hannes schon einmal vor
Ella und Ernie glühen mit Stine und Hannes schon einmal vor

Mit einem kleinen Schnäppschen vorweg überlegt es sich viel leichter und so kommt auch bald die zündende Idee, als Girl-Group mit dem Titel „Atemlos“ durch die Häuser und Dörfer zu ziehen. Während die Jugendlichen sich also auf den großen Abend vorbereiten, schwelgen Mutter Ella (Marret Dethlefsen) und Vater Ernie (Jürgen Krahmer) mit ihren Nachbarn Stine und Hannes (Marianne und Peter Ottner) in den Erinnerungen aus alten Zeiten, als sie selbst noch hulken waren. Auch hier wird natürlich auf das ein und andere Gläschen Sekt mit dem traditionellen „sünjhaid“ angestoßen.

Alles stoßen zusammen an „a seegnet neijuar“ , ein gesegnetes Neues Jahr
Alles stoßen zusammen an „a seegnet neijuar“ , ein gesegnetes Neues Jahr

Zurechtgemacht und aufgehübscht geht es dann im zweiten Akt weiter. „Ongurd för een“ (Dinner for one). Doch nicht wie erwartet erscheint es auf einem Bildschirm, sondern die Bühne selbst wird zur Kulisse des legendären Tv-Schauspiels von 1963. Akribisch genau bereitet Butler Frank (in Szene gesetzt von Hans Borrs) das Geburtstagsdinner von Mrs. Beb (Elisabeth Konrad) vor, stilvoll echt mit Grammophon und Originalmusik erscheint am Ende der Gong. Das Publikum kann sich von der ersten Minute an kaum halten vor Lachen. Das unglaublich tolle Schauspiel der beiden greift jede kleine Geste und Mimik des Originals auf. Das Stolpern über das Tigerfell, hier ein Kunst-Kuhfell, die erhobene Kellnerhand, das zunehmende Schwanken, der Admiralsgruß und auch das Anstoßen mit jedem einzelnen geladenen Gast: Doc Holiday, Admiral Edgar, Preester Erich und Doochter Willy. Ein Lachanfall jagt den nächsten und das Publikum ist begeistert. „Die beiden sind fantastisch und Hans Borrs Auftritt wirklich fernsehreif“, jubelt eine Zuschauerin und wischt sich die Lachtränen aus dem Gesicht.

Nach 18 Minuten ist alles vorbei und der dritte Akt wechselt wieder in das Wohnzimmer von Ella und Ernie, die zusammen mit Stine und Hannes die ersten Hulken begrüßen und erraten. Andreas Knauer taucht als rosa Hase auf und möchte statt dem angebotenen Korn lieber einen „guten Willi aus Ernies Schnapskeller haben“. Mit knitterigem Gesicht kommt der Hausherr dem Wunsch nach, jedoch äußert er ärgerlich „dass sich die Hulken früher nicht aussuchen konnten, was sie gerne trinken würden.“

Gastauftritt Jan Ruth im Hasenkostüm
Gastauftritt Jan Ruth im Hasenkostüm

Einen grandiosen Gastauftritt ebenfalls im Hasenkostüm hat Jan Ruth, der sonst in der friesischen Theatergruppe THENO mit dabei ist, doch er wollte sich „wohl persönlich von der 100% Steigerung der Luftfeuchtigkeit hier in Nebel überzeugen“, scherzt Ella und bietet den guten Willie an. Ihr Mann Ernie ist über die Verschwendung des guten Schnapses gar nicht begeistert und stapft wütend davon. Schneewittchen (Maren Callsen), die böse Hexe (Elisabeth Konrad), drei Zwerge, welche vier schon verloren haben, und ein Flugkapitän in Begleitung einer langbeinigen Blondine sind weitere Hulken. Alle bis auf die blonde Schönheit werden erraten. Verzweifelt suchen sie nach dem Namen der Dame, doch erst als die vermeintliche Frau sich die Flasche guten Willi schnappt,  fallen Ella die Schuppen von den Augen, dass ihr Mann Ernie als Hulk vor ihr steht.

Ella erkennt im letzten Monet ihren Mann Ernie, der als hübsche Blondine eine gute Figur als Hulk machte
Ella erkennt im letzten Monet ihren Mann Ernie, der als hübsche Blondine eine gute Figur als Hulk machte

Tosender Applaus für den Auftritt von Jürgen Krahmer in Stöckelschuhen und Minirock gibt es und das Ende naht. Zusammen wird angestoßen und auch die leicht angetrunkene Girl Group kommt vom hulken wieder, wobei Freundin Lena zu tief ins Glas geschaut hat und Mitternacht verschläft. Mit einem friesischen Countdown, bei dem das Publikum einstimmt, wird mit „a seegnet neijaur“ das neue Jahr begrüßt. Applaus, Applaus, Applaus, ein tolles Theaterstück, das mit dem Schauspiel „Ongurd för een“ sein absolutes Sahnehäubchen bekommen hat. Gratulation an Annegret Wollny und Jürgen Krahmer, die auch bei diesem Stück die kreative Schreibfeder geschwungen haben. Ein Lob aus allen Reihen des Publikums, für die schauspielerische Leistung der Darsteller, die nicht alle als Muttersprache Friesisch sprechen und diese Hürde gemeistert haben, so wie die Hummel fliegt, einfach SPITZE!

 

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Über Kinka Tadsen

Kinka Tadsen erblickte 1972 in Hamburg das Licht der Welt. Aufgewachsen ist sie dann auf Amrum. Abitur hat sie auf Föhr gemacht und sich für eine Fotografenlehre in Bad Oldesloe entschieden. Fotografen- und Lebenserfahrung hat sie in der großen weiten Welt auf diversen Kreuzfahrtschiffen als Bordfotografin gesammelt. 2003 folgte dann die Rückkehr nach Amrum. Seit 2008 gehört sie als freie Journalistin zum Amrum-News Team.

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