Max Ganzel – ein Amrumer Original


Es gibt kaum noch “Originale” auf Amrum, alte oder älter gewordene Menschen, die sich zusammenfinden oder auf Gesellschaften erzählen, und durch “Döntjes” oder humorvolle Einlassungen Beifall und Heiter­keit erregen. Sie brillieren natürlich auch mit einem genauen Wissen über sich selbst und über die Mitmenschen ihrer Zeit. Heutige Zeitgenossen sit­zen vor dem Fernsehen oder, falls jünger, tragen sie in der Hand ein Gerät mit Leuchtfenster von dem sie die Augen kaum lassen- könnten sie doch eine lebenswichtige Nachricht, z.B. dass Tante Alma das Zeitliche gesegnet hat oder an das Herausstellen der Müll­tonnen gedacht werden muss, versäumen. Auf diese Leuchtschirme von Ap­paraten, alle mit englischen Namen, beginnt sich heute das Leben zahlreicher Mitbürger zu beschränken. Da ist für Geschichte und Ge­schichten aus dem prallen Inselleben weder Zeit noch Platz.max_ganzel_web

Nun hat Amrum ein weiteres “Original” verloren. Eine Woche vor Weih­nachten, genau am 19.Dezember, starb in Wittdün Max Ganzel im 78.Le­bensjahr. Max wurde am 3.Oktober 1938 in Goting auf Föhr als eines von fünf Kindern des Ehepaares Tina, geb. Clausen, und Johannes Ganzel, gebürtig von Sylt, geboren. Der Vater fiel noch im letzten Weltkriegsjahr 1945. Max fand schon in frühester Jugend zur Natur. Beim Angeln und beim Kiebitzeiersuchen sowie beim Pflücken des Strand-Wegerichs, “Suuden” genannt, und auf den Inseln und Halligen als Gemüse verwen­det. Im Elternhaus herrschte kein Uberfluss und die Produkte aus der Föhrer Natur trugen zur täglichen Ernährung bei. Schon mit 14 Jahren musste Max in das Erwerbsleben, als Klempnerlehrling bei Broder Bohn in Wyk, wohin er bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad fuhr. Krankheits­bedingt konnte er dann erst als 19jähriger die Gesellenprüfung ma­chen. Über Broder Bohn kam Max Ende der 1950er Jahre zur Klempnerei Bruno Bohn, einem Halbbruder seines Lehrbetriebes Broder Bohn. Aber in jenen Jahren nach Weltkrieg und Flüchtlingsbelegung, war die spä­tere Baukonjunktur noch nicht in Sicht und Max fand zunächst Arbeit als “Haushelfer” in Kinderheimen und im “Kurhaus”. Wieder folgte dann ein Jahr im Krankenhaus in Wyk, ehe Max seine “Laufbahn” auf Amrum fortsetzen konnte. Er arbeitete als Kellner in der Strandhalle Norddorf und im Bahnhofshotel in Nebel. Zwölf Jahre folgten als Milchfahrer für eine Föhrer Meierei (damals gab es noch drei auf der Nachbarin­sel). Aber Max war auch zwei Jahre an Bord beim Krabbenfischer Dom­scheid und anschließend Koch im Zentralmarkt von Klaus Theus. Es gab eigentlich keine Arbeit für die das Multitalent Max nicht brauch­bar war! 1963 heiratete er die aus Husum stammende Ingrid Schneider und zwei Jahre später konnte mit Hilfe der Schwiegereltern in Wittdün ein eigenes Haus errichtet werden. Wie damals noch üblich vor­wiegend in Eigenleistung, wobei die ganze Familie im Einsatz war. Zwei Söhne wurden dem Ehepaar Ganzel 1964 und 1965 geboren. 1983 machte sich Max in einem Gebäude am Wohnhaus mit einem Fischhandel und einer Räucherei selbständig und bald war die Werbezeile “Aal und Lachs von Max” auf der Insel in aller Munde. Durch seine joviale Art und als “Kumpeltyp” war Max schon früh in das Inselleben eingebunden. Er spielte zusammen mit dem Ehepaar Irene und Tücke Martinen aus Süddorf und auch mit Johnny Lorenzen aus Nebel in den damals noch vorhandenen origi­nellen Sälen der Amrumer Gaststätten zum Tanze auf. Von 1974 bis 1985 war Max Ganzel Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Wittdün und einige Jahre, zusammen mit Freddy von der Weppen, Jagdpächter der Gemeinde Wittdün. Dies waren die beiden wichtigsten Insti­tutionen der Amrumer Männerwelt. Selbstverständlich war Max auch Begründer des Amrumer Angelvereines und jahrelang Vorsitzender. Er sorgte auf eigene Kosten dafür, dass die wenigen Amrumer Süß­gewässer (Dünensee Wriakhörn, Wittdüner Vogelkoje und der vom Anglerverein geschaffene Angelteich) mit Karpfen und anderen Fischen besetzt wurden. Jahrelang war Max auch Leiter des Hegeringes Amrum und blieb auch in dieser Hinsicht der Inselnatur verbunden. Sein handwerkliches Talent wurde durch etliche Namenstafeln und Schnitzwerke bis hin zum Bau eines Ruderbootes dokumentiert. Aber Max Ganzel war auch literarisch begabt. Im Hause befindet sich ein um­fangreiches Manuskript mit lesenswerten “Inselgeschichten”, die eine breitere Publikation verdienen. Und wenn das Fernsehen einen Doku­mentarfilm über Amrum drehte, war fast immer auch Max Ganzel mit sei­ner Kenntnis und seinem Mutterwitz zur Stelle. Schließlich sei noch eine weitere Eigenart von Max erwähnt: Seine Muttersprache von Föhr war Plattdeutsch. Aber Max konnte auch “Öömrang” sprechen – eine Sel­tenheit im hochdeutschen Wittdün.

Georg Quedens

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3 comments

  1. Schade, die Insel hat ein “Original” verloren!

  2. Es wäre sehr schön, wenn ein Amrumer in Max’s Fußstapfen treten würde.

  3. Wie gerne haben wir bei Max unseren Fisch gekauft. War immer ein Erlebnis, vor allen Dingen der dazugehörende Schnack. Und wenn ich dann angeln ging gab es immer gute Tipps und auch sämtliches Zubehör, falls etwas fehlte hatte Max parat.

    Dir lieber Max einen letzten Gruß von Paul

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