Einmal im Leben ein Buch schreiben. Davon träumte auch Amrums Lehrer Klaus-Peter Grzeschke – und dichtete los. Und weil die Idee fünf Jahre zurückliegt, sind es nun volle 600 Seiten geworden. Kürzen? „Ging nicht“, sagt der Insulaner und lacht. „Ich war verliebt in jeden Satz“. Davon gibt es in „Schatzfieber auf Amrum“ jetzt Abertausende in 25 Kapiteln, deren Verlauf so leicht und unbeschwert daherkommt wie Ferien auf der kleinen Nordseeinsel: 1. Urlaubstag, 2. Urlaubstag, usw., bis zur Auflösung und zum Abschied am 25. Urlaubstag.
Verraten, wie es zu Ende geht, wollen wir hier nicht. Aber die Story dreht sich um den Amrumer Hark Olufs, dessen zwölf Jahre andauernde Entführungs-Abenteuer-Sklaven-Gewalts-und erfolgreiche-Rückkehr-Geschichte jeder Inselfan kennt. Was aber ist mit seinem Schatz? Hinweise auf einer alten Truhe lassen vermuten, dass ein solcher irgendwo auf der Insel verborgen liegt. Gleich drei Parteien sind auf der Suche danach: ein spießig-schnieker Geschäftsmann vom Festland, ein paar alte Amrumer Männer und Malu, ein Hamburger Mädchen im besten Pubertier-Alter, das Ferien mit ihrer Mutter auf Amrum macht.
Für Grzeschke bot dieses historisch dichte Thema jede Menge politisches, geschichtliches und umweltaktivistisches Gedankenmaterial, was er schreiberisch in den Fokus rücken konnte: Denn Olufs war auch ein umstrittener Mann, nicht nur wegen seines – sagen wir – politisch unkorrekt erlangten Reichtums. Grzeschke stellt in seinem Abenteuerroman auch Überlegungen zu Religionsstreitigkeiten dieser Tage an und nimmt dafür das Beispiel Olufs, dessen Konvertierung zum Islam nach seiner Rückkehr nach Amrum beim Pastor zu Unsicherheit und nochmaliger Konfirmation führte. Für Rückgriffe in die Historie hat der Autor sich die Figur von „Opa Kurt“ ausgedacht, einem gemütlichen Ur-Amrumer, der in seiner Freizeit im Schuppen tischlert, während vorne im Haus Feriengäste wohnen – Malu mit Mutter nämlich.
„Humorvoll, leicht, nicht psychologisch“, so wollte Grzeschke seine Geschichte. Sie sollte die Insel authentisch vorstellen. „So dass jemand, der gerade da ist und das liest oder von gewissen Punkten über die Insel guckt, dieses Sommerinsel-Wohlfühlgefühl aus dem Buch wiederfindet.“ Wichtig war ihm auch, das Leben früher und heute zu porträtieren, auch, wie es sich durch den Tourismus verändert hat.
Grzeschke, 65, unterrichtet an der Öömrang Skuul Geschichte, Wirtschaftspolitik Kunst und Werken. Mit seiner Hilfe entstehen unter anderem die seetauglichen Papierboote, mit denen Amrumer Schüler bei der alljährlichen Mohlenfest-Regatta die Konkurrenz oft hinter sich lassen. Als Technikfreak hat er für sein Buch gleich noch eine Entschlüsselungsmaschine für die geheimen Botschaften des Hark Olufs erfunden. „Nein, dafür hatte ich kein Vorbild. Die ist wirklich auf meinem Kopf.“
Nun also – kurz vor der Pensionierung – das erste, eigene Buch. Das Werkeln am Text habe ihm Spaß gemacht, sagt er. Wobei 600 Seiten eine Strecke sind, auf der man schon mal die Orientierung verlieren kann als Laie. „Ich bin da ja so reingestolpert, nachdem ich die Idee mit meinem Kollegen Stephan Schlichting losgesponnen habe. Am Anfang hatte ich keine Struktur, aber irgendwann merkt man, das man den einen oder anderen Strang verloren hat und weiß nicht mehr, wer was gemacht hat. Dann musste ich alles neu durchlesen.“ Zumal Grzeschke in seiner privaten Schreibwerkstatt den Sommer über pausierte und erst – wie er sagt – „im grauen Herbst“ wieder anfing. „Irgendwann hatte ich mehr Struktur. Aber bis weit über die Hälfte der Seiten wusste ich immer noch nicht, wie ich das mit dem Schatz auflösen soll. Bloß nichts mit Golddukaten, so etwas Einfaches wollte ich nicht. Es sollte schon zum Nachdenken sein.“
Grzeschke hat das Buch selbst verlegt und hatte von den Amrumern dankbar Hilfe fürs Korrekturlesen und die Bildbearbeitung angenommen. Die Zeichnung der Insel vorn im Buch ist von einem Lehrerkollegen. Für die Einschübe im Roman, die sich um all die schönen Inselflecken drehen, die Gäste so lieben – Mühle, Öömrang Hüs, Kirche, Leuchtturm, hat er sich ebenfalls bei Experten schlau gemacht: Bei allem, was die friesische Sprache angeht, war Jens Quedens an seiner Seite, über die Inselgeschichte gabs lange Gespräche mit dessen Bruder Georg; Gezeiten und Leuchtzeichen waren Sache von Wolfgang Stöck, dem Wasserstraßen-und Schifffahrtsamt-Menschen vom Außenposten Amrum. Für spannende Einblicke in die Kirchengeschichte konnte Grzeschke vom enormen Wissen des alten Inselpastors Martin Segschneider profitieren. Und natürlich ist im Buch zwischen all den Abenteuern und Intrigen auch Zeit für die allerschönsten Amrumerlebnisse: Wattwandern, Krabbenfischen und Nachtwandern bei Vollmond auf dem Esenhugh in Steenodde. Das Buch findet seine Fans. „Es ist für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen interessant“, sagt Buchhändler Leif Quedens. “Und es gibt keinen Jugendroman mit einem so direkten und authentischen Amrum-Bezug.“
Bisher gibt es das Buch in den Buchhandlungen der Insel, am Hafen in Dagebüll und direkt beim Autor. Weitere Vertriebswege über den Buchhandel sind in Planung. Alle Infos auf www.schatzfieber-auf-amrum.de.
Klaus-Peter Grzeschke: Schatzfieber auf Amrum, Eigenverlag, 2019, 16,80 Euro. ISBN 978-3-00-062752-1.