Der Fliegenpilz – Pilz des Jahres 2022


Der Fliegenpilz

Wenn man in dieser herbstlichen Jahreszeit durch Amrums Wald streift, findet man ihn: Den Fliegenpilz (Amanita muscaria). Insbesondere im Bereich zwischen dem Süddorfer Strandparkplatz und der Fachklinik Satteldüne kann man ihn bestaunen. Mit dem leuchtend roten Hut und den weißen Tupfen zählt er zu den bekanntesten Pilzen in Deutschland. Hier gibt es über 14.000 Pilzarten.

Pilze bilden neben den Tieren und den Pflanzen eine eigenständige Gruppe von Lebewesen. Bis Mitte der 1960er Jahre rechnete man sie zu den Pflanzen da sie sesshaft sind. Sie können jedoch zur Energiegewinnung keine Photosynthese betreiben. Daher müssen sie sich, wie Tiere, durch die Aufnahme organischer Substanzen ernähren, die sie in gelöster Form aus der Umgebung aufnehmen.

Die Wissenschaft, die sich mit Pilzen beschäftigt, nennt man Mykologie, und die „Deutsche Gesellschaft für Mykologie“ hat eben den Fliegenpilz zum „Pilz des Jahres 2022“ bestimmt. Seit 1994 wird durch diese jährliche Ernennung auf die Gefährdung heimischer Pilze aufmerksam gemacht.

Der Fliegenpilz ist weit verbreitet, er kommt insbesondere unter Birken und Fichten vor. Mit diesen geht er quasi eine Symbiose ein, indem er den Bäumen über ihre Wurzeln Wasser und Nährstoffe abgibt und im Gegenzug von ihnen organischer Substanzen, z.B. durch verfaulte Blätter, geliefert bekommt. Es gibt mehrere Varianten des Fliegenpilzes, der Giftpilz und Glückssymbol zugleich ist, und in einigen Kulturen, besonders bei den Schamanenkulten in Sibirien, auch als Rauschmittel verwendet wird. Auch wenn die Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt zumeist nicht zum Tode führt (man muss schon über 1 kg frischen Fliegenpilz verschlucken um daran zu versterben), sollte man den Fliegenpilz nicht zu sich nehmen. Nach ½ bis 2 Stunden treten Symptome auf, die insgesamt einem Alkoholrausch ähnlich sind: Mattigkeit, Verwirrung, Sprachstörungen, Störungen der Bewegungskoordination, starke motorische Unruhe. Ein typisches Zeichen sind weite Pupillen. Je nach vorausgegangener Stimmungslage stehen Angstgefühle und Depressionen, andererseits Gleichgültigkeit oder Euphorie im Vordergrund. Häufig treten auch Störungen des Persönlichkeits-, Orts- und Zeitgefühls auf. Akustische Halluzinationen runden das Bild eines Delirs ab. Ein Vergifteter findet sich nicht mehr in seiner Umgebung zurecht und hat ein enorm hohes Verletzungsrisiko. Hase und Eichhörnchen hingegen können sich Fliegenpilzeschmecken lassen, ohne davon krank zu werden.

… nach dem Regen

Die weißen Tupfen auf dem roten Pilzhut fehlen bei Regen, sie kommen nur bei Trockenheit zum Vorschein. Bei regnerischem Wetter ist dann die Gefahr beim Pilzsammeln groß, den Fliegenpilz mit einem essbaren Pilz zu verwechseln.

Wahrscheinlich dank seines einprägsamen rot-weißen Farbmusters gilt der Fliegenpilz, neben dem vierblättrigem Kleeblatt oder dem Hufeisen, als ein Glückssymbol, und er hat im Volksmund den Begriff „Glückspilz“ geprägt.

Der Name „Fliegenpilz“ soll von einem alten Brauch herstammen, gezuckerte Stücke des Pilzes mit Milch als tödliches Lockmittel für Fliegen zu verwenden. Heutzutage wird dies jedoch bezweifelt, da bei entsprechen durchgeführten Versuchen die Fliegen zumeist nur betäubt wurden. Stattdessen wird ein Zusammenhang mit Fliegen als altem Symbol für Wahnsinn angenommen.

Gerade zu dieser Jahreszeit bringt der Fliegenpilz einen weiteren Farbtupfer in den bunten Herbstwald und manchmal findet man sogar ganze Pilzfelder. Das ist sehr schön anzusehen. Aber bitte bedenken: NICHT ESSEN!

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Über Peter Totzauer

Dr. med. Peter Totzauer, Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Anästhesie, Notfallmedizin, Spezielle Schmerztherapie, geb. 1954 in Fürth/Bay.,hat, bedingt durch den Beruf des Vaters, als Kind u.a. 4 ½ Jahre in Frankreich gelebt. Abitur 1974 in Köln, Studium der Humanmedizin an der Universität Bonn. Seit 1982 ärztlich tätig, davon viele Jahre als Oberarzt in der Anästhesie und als Leitender Notarzt in Euskirchen. War 2007 für ein halbes Jahr im Rahmen einer „Auszeit“ vom Klinikalltag bei seiner Lebensgefährtin Claudia auf Amrum. Dies hat ihm so gut gefallen, dass er seit Ende 2008 seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ganz auf die Insel verlegt hat und hier seit 2010 mit in der „Praxis an der Mühle“ arbeitet. Er hat zwei erwachsene Kinder, sein Sohn ist niedergelassener Physiotherapeut in Neuss, seine Tochter ist Lehrerin an der Öömrang Skuul.

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