“Sanfter Tourismus”, das heißt, Natur und Tourismus in Einklang zu bringen und als Reisender so wenig wie möglich Einfluss auf die Ökologie zu nehmen. Mit “Leave nothing but footprints and take nothing but pictures” [dt. “Hinterlasse nichts als Fußspuren und nimm nichts mit außer Bildern”] werben Nationalparks, Naturschutzorganisationen oder Reiseanbieter. Auf dem Campingplatz “Dünencamping Amrum” in Wittdün ist der Ausspruch, der vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts von einem indigenen Stammesoberhaupt in den USA geprägt wurde, das ungeschriebene Leitbild. Seit kurzem wird dieser Anspruch durch zusätzliche Angebote unterstützt.
Am Freitagvormittag fand im kleinen Kreise geladener Gäste die Eröffnung des neuen Dünenlehrpfads auf dem Dünencampingplatz statt. Neben Bürgermeister Heiko Müller waren vor allem Mitglieder des Wittdüner Gemeinderats sowie Vertreter der Naturschutzvereine anwesend. Mithilfe von Fördergeldern der AktivRegion Uthlande konnten die Betreiber des Platzes unterschiedliche Maßnahmen im Bereich Bildung und Nachhaltigkeit realisieren.
Herzstück des Projekts ist der erwähnte Naturlehrpfad, der neben einer großen Übersichtskarte am Eingang des Campingplatzes aus fünf kleinen Informationstafeln besteht, die über den gesamten Platz verteilt stehen. Die Schilder klären die Gäste in leicht verständlichen und anschaulich geschriebenen Texten über die schützenswerte Tier- und Pflanzenwelt der Dünen, die Bedeutung dieser Landschaftsform als Möwenbrutgebiet, den Wert der Heide und die Wichtigkeit für die vom Aussterben bedrohte Kreuzkröte auf. Denn: Dass sie privilegiert sind, inmitten dieser einzigartigen Natur und umgeben von Naturschutzgebieten, einen Campingplatz betreiben zu dürfen, ist den Geschäftsführern Dominic Cloudt, seiner Frau Nadine und Kristian Bozic durchaus bewusst. Ganz wichtig sei ihnen daher, die Bedeutung durch Informationsangebote und Gespräche an ihre Gäste weiterzugeben, um sie für diesen Lebensraum zu begeistern und sensibilisieren.
Um sich ein Bild von diesem neuen Angebot zu machen, bekamen die Interessenten und Unterstützer des Projekts am Freitag eine kleine Führung entlang der einzelnen Stationen. Dabei fielen Gemeindevertretern gleich noch Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Zugänglichkeit der Schilder auf, sodass die Platzbetreiber auf zusätzliche Unterstützung hoffen können. Die Infotafel zur Heidelandschaft löste eine kurze Diskussion darüber aus, ob es nicht widersprüchlich sei, beim Zelten inmitten der Heidelandschaft auf ein striktes Betretungsverbot aufmerksam zu machen. Nadine Cloudt sieht das anders: “Die Zeltbereiche liegen zwischen den einzelnen Heideflächen. Und unsere Schilder machen eben genau darauf aufmerksam, dass man sein Zelt auch wirklich nur auf den unbewachsenen Sandflächen dazwischen aufbaut. Das ist unser Anspruch mit dem Lehrpfad: Nicht die sensiblen Flächen verschweigen in der Hoffnung, dass sie keinem auffallen. Sondern sie aufzuzeigen und aufzuklären.”
Ein weiterer Bestandteil der Förderung waren daher auch zwei neue Dünen-Tipis, in denen Gruppen zusammenkommen und weiterführende Lehrangebote wahrnehmen können. Die bis zu 30 qm großen Zelte sind mit flachen Sitzbänken und -kissen ausgestattet und bieten Platz für eine ganze Schulklasse. “Gerade im Juni und Juli haben wir mittlerweile regelmäßig Schulklassen aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen zu Gast. Die Tipis dienen dann als Lehrräume, als Rückzugsräume, wurden punktuell sogar schon als Yogaraum genutzt.”, erzählt Dominic Cloudt. In der nächsten Saison sollen Gesprächsabende mit Akteur*innen aus dem Naturschutz das Bildungsangebot erweitern.
Der dritte Posten der Fördersumme von knapp 20.000 Euro ist ein elektrobetriebenes Lastenfahrrad, das vor allem der platzeigenen Kiteschule zugeordnet ist. So kann die schwere Surfausrüstung ganz emissionsfrei an den rund vier Kilometer entfernten Strandabgang in Nebel transportiert werden. Selbstverständlich darf das flotte Gefährt aber auch von Gästen zum Gepäcktransport ausgeliehen werden.
Das neue Angebot auf dem Campingplatz kommt gut an. Gästemanagerin Petra Willing hat schon viel positives Feedback von Gästen und Besuchern gehört. Schließlich kommen die Urlauber genau deswegen: wegen der einzigartigen Natur, die die meisten bewahrt und geschützt wissen wollen. Daher sei vor allem auch die Aufklärung von Kindern und Jugendlichen als nachfolgende Generation so wichtig.
Nach etwa einer Stunde Rundgang über den Platz luden die Betreiber noch alle Interessenten zu Kaffee und Snacks ein. Der Tenor war durchweg positiv, das stetige Bemühen des Campingplatzteams um sanften Tourismus kommt gut an.
Die Ideen zur Optimierung ihres Angebots gehen Dominic Cloudt dennoch nicht aus. Er hat schon die nächste Maßnahme im Kopf. Mithilfe von EU-Geldern zur Förderung von Digitalisierungsprojekten im Tourismussektor sollen eine VR-Tour über den Platz und ein Chat-Bot, der das Rezeptionsteam unterstützt, realisiert werden.
Bis dahin gönnen sich die Betreiber allerdings noch eine kleine Verschnaufpause – die in diesem Jahr allerdings nur kurz ausfällt. Denn: Erstmals bietet der Platz Wintercamping an. 30 autarke Wohnmobilstellplätze stehen den ganzen Winter über Gästen zur Verfügung. Das Restaurant “Bella Ciao” öffnet am 12. Dezember wieder und nimmt auch gerne Reservierungen für Weihnachtsfeiern entgegen.