Große Kunst auf kleinen Scheinen …


Angesichts des gerade beschlossenen Milliarden Euro Schuldenpakets kommen Erinnerungen auf an die Zeit, als alle Deutschen ‚Milliardäre‘ waren. Vor rund 100 Jahren reichte eine Milliarde Mark aber gerade, um ein Brot zu bezahlen. Nach dem 1. Weltkrieg lag die Wirtschaft am Boden, das Geld war praktisch wertlos. Deshalb entschlossen sich viele Gemeinden, ein ‚Notgeld‘ aufzulegen, um das Allernötigste kaufen oder verkaufen zu können. Auch auf Amrum gab es Notgeld der Gemeinde Wittdün und des Kurortes Nordddorf. Georg Quedens berichtete darüber in https://www.amrum-news.de/2019/01/23/notgeld/ .

Über die Künstler, die diesen hübschen Scheine gestaltet haben, war bisher wenig bekannt. In den ‚Preetzer Blättern III/2023‘ erschien nun ein Bericht des pensionierten Lehrers Andreas Borchert über den Künstler Arthur Götting: „Er wurde 1899 in Preetz geboren. Er wohnte bis 1929 in der Gasstraße 38. Schon im Alter von 22 Jahren, während seines Studiums an der Kunstgewerbeschule in Kiel, gestaltete er das Notgeld für Preetz, Norddorf/Amrum und Leer/Ostfriesland. In diesem Zeitraum entstanden weitere Kunstwerke in Preetz. Nach dem Studium arbeitete er von 1929 bis 1937 als Oberschullehrer in Eckernförde, wurde aber wegen seiner jüdischen Ehefrau aus dem Schuldienst entfernt. Danach wohnte er kurze Zeit wieder in seinem Elternhaus in Preetz und zog dann mit seiner Frau in das Haus der Schwiegereltern nach Göttingen. Dort verstarb er im Jahre 1975. Er war ein bedeutender Universalkünstler, schuf Gemälde, Zeichnungen, Kunstschriften, Bucheinbindungen, Keramiken, Steinfiguren und Vieles mehr.“

Das Notgeld der zweiten Wittdüner Serie ist mit W. Norbert signiert. Eine erste Internetrecherche über diesen Künstler brachte jedoch leider keinen Erfolg. Offensichtlich sind neben dem Notgeld aber auch von ihm gestaltete Ansichtskarten erhalten wie diese:

Das Notgeld der ersten Wittdüner Serie von 1920 ist nicht signiert. Umso überraschender war die Mitteilung der auf Amrum lebenden Künstlertochter Herthamaria Jung geb. Spethmann, dass ihr Vater der Urheber dieser kleinen Kunstwerke war:

Der Kieler Jan Petersen weiß auf seiner Website https://sh-kunst.de/kuenstler/spethmann-karl/ zu berichten: „Karl (auch Carl) Spethmann wurde am 17. April 1888 in Altona geboren. Nach einer praktischen Lehre, u.a. auch bei seinem Vater Heinrich Spethmann, besuchte er die Kunstgewerbeschule Hamburg und schloss ein Studium der Bildhauerei an der Berliner Akademie an. Als selbständiger Bildhauer stellte er Holzskulpturen und Zeichnungen in der Hamburger Kunsthalle als auch im Museum in Altona aus. 1924 wurde er Mitglied des Altonaer Künstlervereins und noch vor 1933 in der Hamburger Künstlerschaft. Im 2. Weltkrieg wurde sein Atelier mit den meisten seiner Arbeiten zerstört. Er arbeitete u.a. in Altona und Ottensen. Karl Spethmann starb 1944.“ Die Website zeigt einige seiner Skulpturen.

Während über Arthur Götting im ‚Göttinger Künstlerlexikon‘ von Thomas Appel, 2022 berichtet wird, scheint der Künstler ‚W. Norbert‘ kaum noch bekannt zu sein. Karl Spethmanns Werke werden gelegentlich auf Auktionen angeboten, eine umfassende Darstellung seines Schaffens scheint es aber (noch) nicht zu geben.

Text und Repros: Jens Jessen

Zur Person: Jens Jessen, geb. 1959 war Realschullehrer an der ‚Öömrang Skuul‘ und beschäftigt sich im Ruhestand mit unbekannten oder vergessenen Quellen zur Amrumer Lokalgeschichte. Im ‚Öömrang Hüs‘ in Nebel betreut er das ‚Öömrang Archiif‘.

Itzehoer Versicherungen

Über Amrum Info

schon gelesen?

Mystische Orte auf Amrum 10 – Das Denkmal für die Westfälische Diakonissen-Anstalt 54°41´33´´ N  /  8°19´60´´ O

Geht man von Norddorf den „Oodwai“ in Richtung Nordspitze, kommt man am Ende der Marschwiesen, …

Schreibe einen Kommentar

WP2Social Auto Publish Powered By : XYZScripts.com