Tag der Ozeane auf Amrum …

Wie lange bleibt eine Plastiktüte im Meer erhalten – und wie lange eine Glasflasche? Wer die Rätsel zum Müll im Meer richtig löste, konnte tolle Preise der Schutzstation gewinnen.

Unsere Meere bedecken rund 71% der Erdoberfläche. Sie speichern bis zu 93 % der Wärme, die durch Sonnenstrahlung auf der Erde entsteht und nehmen etwa ein Drittel des menschengemachten CO2 aus der Atmosphäre auf. Zusätzlich produzieren im Meer lebende Algen und Mikroorganismen rund 70 % des gesamten Sauerstoffs in der Atmosphäre. Eine enorme Leistung also, die unsere Ozeane da vollbringen. Und vor allem: eine immense Verantwortung, die sie für uns Menschen und unser Überleben tragen.

Angesichts dieser extremen Bedeutung riefen die Vereinten Nationen 2009 den Welttag der Ozeane ins Leben, der seitdem jährlich am 08. Juni begangen wird. Erstmals und gut zwei Wochen vorgezogen, beteiligte sich am vergangenen Freitag auch unsere kleine Insel mit einem vielfältigen Programm an den Feierlichkeiten. An unterschiedlichen Standorten wurde mit verschiedenen Aktionen vor allem auf die Schönheit der Meere aufmerksam gemacht.

Konzentriert und ganz bei sich: Teilnehmende eines Aquarellkurses in Wittdün ließen sich von den Meeresbewohnern inspirieren.

Ins Leben gerufen hat das Projekt Dirk Janssen, Gründer und Vorsitzenden der Hamburger “Rüm Hart Stiftung”. Janssen und seine Familie setzen sich mit ihrer Familienstiftung seit 2017 aktiv für Umwelt-, Natur-, Arten- und Tierschutz ein. Gemeinsam mit der AmrumTouristik und den Naturschutzvereinen der Insel – Schutzstation Wattenmeer, Öömrang Ferian und Verein Jordsand – ist innerhalb von nur drei Monaten ein abwechslungsreiche und tagesfüllendes Programm entstanden, das dank der großzügigen Unterstützung der Rüm Hart Stiftung für alle Gäste kostenfrei war.

An der NaTour-Düne Wittdün erwartete die Besucher ein bunter Mix verschiedener Aktivitäten. Während das Kinderprogramm der AmrumTouristik Meeresbewohner und Unterwasserwelten mit den Kleinsten bastelte, richtete sich die Schutzstation Wattenmeer mit ihrem Sonderprogramm eher an die etwas Größeren: Ein Aquarellmalkurs für Erwachsene, bei dem sich die Gäste von den Aquarientieren und Strandfunden inspirieren lassen konnten, war schnell ausgebucht. Innerhalb des Ausstellungsraumes hatten Interessierte die seltene Gelegenheit Herzmuscheln und Seepocken beim Filtrieren unter dem Binokular zu beobachten. Eine Tombola lockte nach erfolgreichem Lösen eines Rätsels zum Meeresmüll mit tollen Preisen der Schutzstation.

Mit einem eigens für den Tag der Ozeane zusammengestellten Repertoire begeisterte Harfenist*in Tintin Treutwein viele Besucher.

Am Nachmittag läutete dann Harfenist*in Tintin Treutwein mit einem eigens zusammengestellten Meeres-Repertoire die Reihe der Tageshighlights ein. Gut 30 Minuten lang spielte Tintin maritime Melodien, die von Jazz und Neo-Klassik über Filmmusik aus Fluch der Karibik bis hin zu traditionellen Stücken aus Friesland reichten – mal mit, mal ohne Gesang, aber stets voller Gefühl. Der zarte Klang des Instruments schmiegte sich so perfekt in den sanften Naturgarten der NaTour-Düne ein, dass Tintin Lust bekam, sich ab und an privat dort ins Grüne zu setzen und die Harfe zu zupfen. Die Gäste des Boßelparcours jedenfalls wird es freuen. Genauso wie die Besucher am Freitag durchweg begeistert waren und neben reichlich Applaus auch den einen oder anderen Euro spendeten.

Umweltökonom und Gastgeber Christian Weigand (links) zeichnete im Gemeindesaal in Wittdün eine Live-Folge für seinen Podcast “Helden der Meere” auf. Zu Gast war Wattführer Dark Blome.

Ein weiteres Highlight in Wittdün folgte anderthalb Stunden später: die Live-Aufzeichnung des Podcasts “Helden der Meere”, die für einen bis auf den letzten Platz besetzten Gemeindesaal sorgte. Gastgeber Christian Weigand, Umweltökonom und Speaker, hatte den Amrumer Wattführer Dark Blome eingeladen, um mit ihm über dessen Heimat Amrum und die Liebe zum Meer zu sprechen. In Vorbereitung auf dieses Gespräch hatte Weigand keine Mühen gescheut, sich so gut es geht in seinen Gast hineinzuversetzen: noch vor Sonnenaufgang, morgens um 3 Uhr, war er gemeinsam mit Dark und einer kleinen Gruppe zu einer Wattwanderung nach Föhr aufgebrochen. Seine Eindrücke vom unberührten Watt zwischen Sternenhimmel, Wetterleuchten und Sonnenaufgang bildeten am Nachmittag schließlich den idealen Einstieg in diese besondere Podcastfolge. Wer nicht dabei sein konnte, hat ab dem 09. Juni die Möglichkeit, das Gespräch auf einer der bekannten Podcastplattformen  nachzuhören.

Erlebnisexkursion mit dem Öömrang Ferian: In Norddorf erfuhren Besucher mehr über die Bedeutung der Lebensräume Strand und Dünen.

Auch im Inselnorden, beim Naturzentrum des Öömrang Ferian und an der Amrumer Odde, lockte ganztägig ein vielfältiges Programm die Besucher. Das Naturzentrum hatte ein buntes Angebot für Familien zusammengestellt: vormittags ging es bei überraschend schönem Wetter zu einer Erlebnisexkursion an den Strand, am Nachmittag konnten Gäste ihr Wattenmeer-Wissen während einer Rätsel-Rallye durch die Ausstellungsräume testen. Noch ein Stück nördlicher, in den Dünen der Amrumer Odde, hatten sich gut 20 Interessierte eingefunden, um den Schilderungen des Vogelwarts vom Verein Jordsand zum Klimawandel zu folgen. Am Beispiel der sensiblen Landzunge wurde eindrucksvoll gezeigt, wie rasch und in welchem Ausmaß sich die Dünenlandschaft und Tierwelt des streng geschützten Gebiets verändert haben.

Beeindruckend und beklemmend: Abenteurer York Hovest fesselte mit seinen Expeditionsberichten, Fotos und Videos das Publikum.

Den Höhepunkt und Abschluss dieses abwechslungsreichen Aktionstages bildete schließlich ein Vortrag von Abenteurer und National Geographic-Fotograf York Hovest im Norddorfer Gemeindehaus. Der 47-jährige Münchner, der auf seinen Expeditionen bereits nahezu die ganze Welt bereist hat, macht neben der Schönheit der Ozeane vor allem auch auf die Probleme aufmerksam – allerdings nicht, ohne Lösungen in den Fokus zu rücken. Auf seiner Plattform “Heroes of the sea” versammelt er die unterschiedlichsten Projekte, die sich dem Schutz und der Rettung der weltweiten Gewässer verschrieben haben. Mit eindrucksvollen Bildern von Flüssen, die aus nichts als Plastikmüll bestehen oder blutgetränkten Meeren, auf denen die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd gegen illegalen Fischfang vorgeht, bringt Hovest den Besuchern auf eindringliche Weise seine Mission nahe. Doch die Reichweite, die er mit seinen Vorträgen schafft, war Hovest nicht genug. Die Projekte auf seiner Webseite seien zu wichtig, um einfach in den Weiten des Internets zu verschwinden. Daher startete der Münchner 2019 gemeinsam mit zwei Freunden eine waghalsige Expedition und PR-Aktion, um die Aufmerksamkeit der Medien zu bekommen. Nur mit einem Ruderboot brachen die drei Männer im Dezember 2019 in Gran Canaria zu einer Atlantiküberquerung auf. 5000 Kilometer in 50 Tagen, bei Wind und Wetter, ohne Begleitboot – alles für die Helden der Meere.

Freuen sich über diesen gelungenen Aktionstag: Stiftungsvorstand Dirk Janssen (links) mit Abenteurer York Hovest.

Die Schilderung dieser Reise, Fotos und Videomaterial machten die zweite Hälfte dieses Abends im Gemeindehaus aus, bei der die Besucher Hovest an den Lippen hingen. Am Ende gab es viel Applaus und Anerkennung. Eine Dame aus dem Publikum war besonders bewegt und lobte: “Das hat mein inneres Gewissen berührt”. Sie werde künftig Plastik dort meiden, wo es möglich wäre.

Ziel des Aktionstages und der Rüm Hart Stiftung ist es, den Tag der Ozeane als wiederkehrendes Ereignis auf Amrum zu etablieren. Dabei sollen vor allem verschiedene lokale Akteure und Akteurinnen eingebunden und mobilisiert werden. Ideen für das nächste Jahr gibt es bereits jede Menge…

Über Nina Löschner

Nina Löschner kam 1989 kurz vor dem Mauerfall in Ost-Berlin zur Welt. Aufgewachsen auf dem Brandenburger Land zog es sie nach der Schule zurück in die Hauptstadt. In Berlin studierte sie Kunstgeschichte und Englisch, arbeite anschließend im Projektmanagement eines Auktionshauses und schließlich sieben Jahre lang als Redakteurin für Funk und Fernsehen. 2022 nahm sie sich eine berufliche Auszeit und absolvierte einen Freiwilligendienst im Naturschutz auf Amrum. Doch die Insel ließ sie nicht mehr los - und so brach sie alle Zelte in der Hauptstadt ab. Heute arbeitet Nina als Leiterin der Schutzstation Wattenmeer in Wittdün.

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