Verwaltungsrat der Versorgungsbetriebe Amrum muss entscheiden, ob sie den hohen Preis für die konsequente Trennung von Fußgängern und Kraftfahrzeugen bei der Be- und Entladung des geplanten Neubaus der WDR tragen wollen (Artikel vom 13.01.2009)
Die Mitglieder des Verwaltungsrates des Kommunalunternehmens Versorgungsbetriebe Amrum, hatten mit Ablauf des vergangenen Jahres über die Vergabe eines Planungsauftrages zum Bau eines Seiteneinstieges auf dem Wittdüner Fähranleger zu befinden. Die Planungsausführung für die 1,5 Millionen teure Investition zur Erstellung einer Fußgängerrampe beträgt 55.000 Euro. Die Investition am Anleger 2 in Wittdün stellt die Voraussetzung für die Be- und Entladung einer neuen Fährgeneration bei der Wyker Dampfschiffs-Reederei dar. Mit dem geplanten Neubau soll die konsequente Trennung von Fußgängern und Kraftfahrzeugen in den Häfen realisiert werden.
Bei der Beratung der Mitglieder des Verwaltungsrates der Amrumer Versorgungsbetriebe stellte sich bei einigen Mitgliedern schnell die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Investition für den Hafen Wittdün. So wurde kritisiert, dass die Reederei ein Schiff bestellt hat, dass von den Betreibern der Kaianlagen zu erbringende Leistungen abverlange, ohne vorher Gespräche mit diesen geführt zu haben. Hiermit sei ein nicht unerheblicher Zwang aufgebaut worden. Eine derart schwere Investition müsse refinanziert werden und stünde somit mit dessen Kosten, dem unterstellten Zugewinn an Komfort für die Passagiere der neuen Fähre gegenüber. „Die Umlage auf die Kai-Gebühren stelle sich in den Häfen Dagebüll und Wyk, bei ähnlicher Investitionshöhe für die Seitenstiege, aufgrund des wesentlich höheren Verkehrsaufkommens im Verhältnis zu Wittdün erheblich günstiger dar“, so ein Mitglied des Verwaltungsrates. Und ob die neue Fähre dann überhaupt regelmäßig Amrum anlaufen oder vielmehr die stärker frequentierten Verbindungen zwischen Wyk und Dagebüll bedienen wird, stellte eine weitere Überlegung dar.
Wie der Vorstand des Unternehmens erklärte, müsse man auf dem Ostanleger eine Rampe schaffen, die bei einer maximalen Steigung von 6-8% den Höhenunterschied zwischen Fähranleger und Oberdeck der Fähre ausgleicht. Die Konstruktion müsse aufgrund der Bodenbeschaffenheit auf einer Pfahlgründung ruhen und bedürfe einer Serpentine. Kopfzerbrechen dürfte dabei aber die grundsätzlich favorisierte kreuzungsfreie Verkehrsführung nach dem Verlassen der Fähre verursachen. Diese Möglichkeit ist in Wittdün unter den gegebenen Umständen nicht zu realisieren. Als vorerst unbestätigt mussten die Mitglieder die Information betrachten, dass die Reederei die Fährschiffe „Nordfriesland“ und „Rungholt“, die ebenfalls bei ihrem Bau mit einer Seitenforte zur Entladung über einen Seiteneinstieg ausgerüstet wurden, auf die neue Möglichkeit vorbereitet werden.
Der Vorsitzende des Verwaltungsrates Jürgen Jungclaus gab zu bedenken, dass nur in diesem Bereich des Fähranlegers die Möglichkeit besteht, Fahrgäste von Schiffen, die in internationalen Gewässern verkehren, mit relativ geringem Aufwand nach den gegebenen Vorschriften, anzulanden. Da auch in Zukunft der Besuch von Kreuzfahrtschiffen auf Amrum erwünscht ist, müsse man die Einhaltung des International Ship and Port Facility Security Code (ISPS-Code) auch in Wittdün Beachtung schenken und dieser Vereinbarung, die im Dezember 2002 unter der Federführung der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (|IMO) verabschiedet wurde, Rechnung tragen, so Jungclaus.
Die verschiedenen Be- und Entladungsszenarien und was es für die Amrumer Gäste bedeuten würde, wenn sich Amrum gegen einen Seiteneinstieg verweigere, wurden durchgespielt. Heinrich Johannsen sah in diesem Projekt so viel Brisanz, dass er für sich eine Beratung in der Norddorfer Gemeindevertretung wünschte, um dann bei der nächsten Sitzung des Verwaltungsrates sein Votum abzugeben. „Man müsse ja nicht gleich zu allem ja sagen. Die Instandhaltungskosten werden schon bald eine größere Rolle spielen, als die Investition für den Bau“, so sein Einwand. Nebels Bürgermeister Bernd Dell-Missier blieb nach eigener Aussage der große Zugewinn eines Seiteneinstieges leider verschlossen. Eine Verhältnismäßigkeit zwischen Nutzen und Investition könne er so nicht sehen. Auch er wollte vor einer Beschlussfassung eine Beratung in seiner Gemeindevertretung herbeiführen. Wie Vorstandsmitglied Norbert Gades erklärte, würde man sich bei der Vergabe des Planungsauftrages, den Häfen Wyk und Dagebüll anschließen, würde sich ein Preisnachlass von 13 % auf die Summe von 55.000 Euro erzielen lassen. Um sich diese Möglichkeit offen zu halten, werden die Mitglieder des Verwaltungsrates noch im Januar erneut zusammenkommen.
Die (WDR) wird nach Aussage ihres Geschäftsführers Axel Meynköhn noch in diesem Jahr den Auftrag für den Bau einer modernen Doppelend-Fähre an eine geeignete Werft vergeben. Im vergangenen Jahr sollte bereits diese Planung umgesetzt werden. Der Vertrag mit einer polnischen Werft kam dann aber in letzter Minute dann doch nicht zustande, sodass es eine Verzögerung bei der geplanten Indienststellung geben wird. Mit diesem Schiff, dass eine gravierende Veränderung zu den bisherigen Schiffstypen der Reederei mit sich bringen wird, sollen die Verkehrsströme von Fahrzeugen und Fußgängern bei der Be- und Entladung neu organisiert und somit in den Häfen konsequent getrennt werden. Für die Reederei stellt das das neue Projekt, nach gut vierzehn Jahren ohne Neubauauftrag, den 28. Neubau seit der Gründung 1885 dar. Im August letzten Jahres stimmte die Gesellschafterversammlung mit großer Mehrheit der maximal 18 Millionen Euro schweren Neuanschaffung einer so genannten Doppelend-Fähre zu.
Axel Meynköhn erklärte auf Nachfrage, dass nach der derzeitigen Planung, eine regelmäßige Einbindung der neuen Fähre nach Amrum vorgesehen ist. Zudem seien die Fährschiffe „Nordfriesland“ und „Rungholt“ bereits für den Seiteneinstieg vorbereitet. Lediglich das wettergeschützte Kofferdepot auf dem Oberdeck sei zurzeit mit Sitzbänken noch zweckentfremdet. Der Rückbau zum Gepäckraum sei aber durch relativ kleine Umbaumaßnahmen bereits vorgesehen. Sollte Amrum sich nun gegen die Errichtung eines Seitenausstieges entscheiden, würde die Reederei das für die Amrumer Gäste sehr schade finden. Man müsste bereits in Dagebüll die Gäste nach Amrum herausfiltern, um ihnen den mühseligen Gepäcktransport über die Treppenhäuser im Schiff zu ersparen. Davon abgesehen wird der Neubau auf Höhe des Fahrzeugdecks keinen breiten „Koffergang“ mehr haben und die Treppenbreite ist zudem stark reduziert. Ob dann die Verladung auf einen Kofferanhänger die Lösung sei, bleibt abzuwarten. Ganz klar besteht natürlich die Hoffnung des Geschäftsführers darin, dass die Mitglieder des Verwaltungsrates die großen Vorteile eines Seiteneinstiegs im Zugewinn von Komfort und Sicherheit für ihre Gäste sehen und dem Bau einer solchen Vorrichtung auch auf Amrum zustimmen.
Der Neubau wird nach Aussage der WDR definitiv das Fährschiff „Uthlande“ ersetzen. Mit einer geringfügigen Verbreiterung des Schiffes kann so eine fünfte Fahrzeugspur entstehen, sodass bei sieben Metern mehr Schiffslänge, ein um 25 Pkw höheres Ladevolumen zur Verfügung steht.
Verantwortlich für diesen Artikel: Thomas Oelers