Welcher Amrumer hätte das nicht gerne: Amrum statt Föhr im Pass stehen zu haben. Die Mütter dieser Amrumer sehen das sicher anders. Schließlich bedeutet das für die werdende Mutter eine ungeplante Hausgeburt oder wie bei Anja Drews Montagnacht: Das Baby kam am Seezeichenhafen im Rettungswagen bei Minus vier Grad zur Welt.
Die Minusgrade hat Anja Drews allerdings nicht gemerkt. „Heiß war ihr“, sagt sie heute, strahlt, und hält Sohn Fritz in Händen. Sie war nicht die Einzige, die in der Nacht vom 14.1. auf den 15.1. in Schwitzen kam. Allen voran Hebamme Antje Hinrichsen.
Um 20 Minuten nach 23 Uhr klingelte bei ihr im Friesenhaus in Norddorf das Telefon. Es riss Antje aus dem Schlaf. „Ich glaube, heute Nacht geht’s los“, sagte Anja und Antje beruhigte sie erst einmal mit den Worten: „Warten wir mal ab, dann ruf noch mal durch“. Doch schon eine Stunde später klingelte das Telefon erneut. „Du kommst besser jetzt“, klare Worte der werdenden Mutter, die den regulären Geburtstermin eigentlich für nächsten Montag, am 21.1.13, im Mutterpass stehen hatte. Kaum war Antje Hinrichsen in Nebel angekommen, informierte die Amrumer Hebamme die Leitstelle, wie es eben im Fachjargon so heißt, wenn der Rettungswagen anrücken soll. Der Anruf holte – wie so oft – auch Rettungsassistentin Melanie Stein aus dem Schlaf. Doch wer 24 Stunden/7Tage die Woche in Bereitschaft ist, kennt das. Wenige Minuten später brachte sie die werdende Mutter samt Hebamme und ihrer Freundin Katja Engels im Rettungswagen Richtung Seezeichenhafen. Der Vater des Jungen, Martin Drews, blieb zu Hause bei Sohn Hannes. Der Seenotrettungskreuzer „Vormann Leiss“ war schon in Wartestellung. Das Ziel: Föhr und weiter mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus. Das übliche Vorgehen. Normalerweise.
Doch kaum am Hafen angekommen, schmerzten die Wehen noch stärker. Antje Hinrichsen war sofort klar, „das schaffen wir nicht mehr nach Föhr“. Dieses Kind wird hier an Ort und Stelle geboren werden, ohne Kreißsaal, ohne technische und medizinische Hilfsmittel. Also rief sie den Vater an. Wenn er doch dabei sein wollte, sollte er sich anziehen, er würde jetzt sofort abgeholt werden. Und er wollte. Es ist das zweite Kind der Amrumer Sozialpädagogin und da geht es zwar meistens etwas schneller, doch so schnell… zur Erinnerung: Das letzte auf Amrum geborene Kind (auch im Rettungswagen) war 2010.
Für Rettungsassistentin Melanie Stein war es auch die erste Geburt in „ihrem“ Wagen. „Eigentlich hätte ich schrecklich nervös sein müssen“, erzählt die zweifache Mutter „aber im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass ich absolut ruhig, fast entspannt war. Ich wusste, so lange Antje hier ist, wird alles gut.“
Als der Vater, KFZ-Meister Martin Drews, angekommen war, nahm alles seinen natürlichen Lauf. So, wie es die Natur sich vorgestellt hat. Um 1.39 Uhr gebar Anja Drews ihren zweiten Sohn Fritz mit 3485 Gramm und 54 Zentimetern. Heute sind alle wohlauf und froh, dass Antje Hinrichsen mit all ihrer Erfahrung einsatzbereit war. Kaum auszudenken, wie es für werdende Mütter in Zukunft aussehen würde, wenn Antje Hinrichsen vielleicht ab Februar ihre Versicherung für Geburten abgibt…
Sabine Streitel
Das ist ja mal eine wunderschöne Nachricht. Wir wünschen den Eltern und dem Baby alles Liebe und Gute.
Auch dem Team, das dem kleinen Fritz auf die Welt geholfen, wünschen wir weiterhin gutes Gelingen.
Meinen Glückwunsch an die Familie Drews Jun. und alles Gute für den neuen Amrumer.
In meinem Pass steht Amrum als Geburtsort, doch eine Hausgeburt war damals durchaus üblich – wenn keine Komplikationen erwartet wurden. Von meiner Mutter erfuhr ich das es auch in den 1960’ern schon schwierig war. Nicht nur, eine Hebamme auf die Insel zu bekommen, sondern dies hier auch zu bleiben. Umso mehr sollten wir uns über Ihre langjährige Arbeit freuen und diese Unterstützen.
Herzlichen Glückwunsch! Ich bin überrascht, zu hören, dass es seit 2010 keine Geburten mehr auf Amrum gegeben hat. Sind Hausgeburten auf der Insel so unüblich?