Mit Gott auf Urlaub – Angela Rosenthal-Beyerlein und Volker Keith sind als Gastpastoren derzeit auf Amrum


Immer gerne hier: Volker Keith

Allein die Geschichte, wie Volker Keith nach Amrum gekommen ist, sagt viel über seinen Beruf aus: Der 49-Jährige, der derzeit als Gastpastor für die katholische St.-Elisabeth-Kirche auf Amrum weilt, war damals – Ende der 1980er Jahre – noch als Altenpfleger tätig. „Eine Dame hatte ein Bild von Amrum in ihrem Zimmer hängen, vor dem wir oft saßen, während sie mir von dort erzählte. Sie musste jedes Mal weinen, so berührt war sie.“ Und so berührt war auch Volker Keith und fuhr in seinem nächsten Urlaub dorthin. „Ich war auch schon auf Baltrum; aber wie es so ist, man verliebt sich in eine Insel, oder eben nicht.“ Der Geistliche aus der Diözese Rottendorf-Stuttgart hat auf dem dritten Bildungsweg, nach einer Lehre zum Industriekaufmann und Weiterbildung in der Altenpflege, das Theologie-Studium an einem sogenannten Spätberufenenseminar absolviert. „Dabei bin ich eigentlich ein Spätantwortender“, sagt er lachend. „Denn wichtig war mir mein Glaube schon immer.“

Beide Kirchen auf Amrum bekommen im Sommer Unterstützung von Pastoren vom Festland. Die St.-Clemens-Gemeinde mit Inselpastorin Martje Brandt wird während der Hochsaison von sogenannten Kurseelsorgern unterstützt, die im Norddorfer Gemeindehaus und in der Wittdüner Kapelle predigen und über dem Nebeler Gemeindehaus wohnen. Die Katholiken stellen von Ostern bis Ende Oktober und über Weihnachten mit Pfarrern auf Urlaub die Heiligen Messen sicher, dafür steht hinter der Pfarrei St. Elisabeth in Norddorf eine schöne Wohnung zur Verfügung.

Kennt Amrum schon lange: Angela Rosenthal-Beyerlein

Diese Fülle im Gotteshaus ist auch das, was Kurseelsorgerin Angela Rosenthal-Beyerlein so schätzt. „Es kommen viele, die zuhause nicht in die Kirche gehen, aber hier im Urlaub ist ihre Seele ein bisschen ansprechbarer“, freut sich die 62-Jährige. Bei den Katholiken sei das etwas anders, glaubt Keith. „Wer im Urlaub in den Gottesdienst geht, macht das aus Überzeugung, der geht zuhause auch.“ Er predigt nicht nur in Norddorf in einer vollen Kirche – 120 Plätze – sondern auch in seiner Heimatgemeinde Schöntal. „Allerdings teile ich mir da mit einem Kollegen sechs Gemeinden und zehn Gottesdienste, da bleibt längst nicht so viel Zeit für das Miteinander wie hier“, sagt der Geistliche.

Angela Rosenthal-Beyerlein predigt außerhalb der Insel in Hamburg-Alt-Barmbek. Ihre Familie – Mann und drei große Kinder samt Enkel – sind auch hier. Zwei Wochen Familienurlaub; so wie früher, als sie regelmäßig auf dem Zeltplatz urlaubten. Die zwei Wochen sind arbeitszeitmäßig halb Urlaub, halb Arbeit. Dafür gibt sie sonntags einen Gottesdienst mit Abendmahl in Norddorf, freitags einen Abendsegen in der Wittdüner Kapelle und pro Woche einen Meditationsabend. „Es gibt eine lange Tradition von Stille und Einkehr in der christlichen Kirche. Wenn ich zu mir komme und in mir die Ruhe finde, dann öffnet sich mein Bewusstsein auch für Gottes Gegenwart und für seine Lebenskraft“, sagt die Gast-Pastorin. Wie wichtig Kirche hier auf der Insel ist, merkt sie bei jedem Gottesdienst. Auch die urlaubenden Kirchenmusiker würden den Ablauf sehr bereichern.

Eine Aufregung sei bei ihr immer noch da. Er nennt es „gesunde Anspannung“. Es ist beider Job vor vielen Menschen zu stehen, aber zuhause sind es eben keine Fremden. „Man entwickelt aber ein Gespür dafür, wie aufgeschlossen die Menschen sind. Man merkt das zum Beispiel an der Art, wie sie gemeinsam singen“, sagt Rosenthal-Beyerlein. Beim letzten Gottesdienst verteilte sie Liedzettel für Stücke, die sie auf der Gitarre begleiten kann. Oft greift sie auf sogenannte Taize-Lieder zurück, die aus einem internationalen Orden stammen, vielen bekannt sind und ein gemeinsames Singen erleichtern.

Beide würden gern wiederkommen. Veith hat seine Zeiten bis 2020 schon durchgegeben. Dann hat er bald die zehn Mal voll. Er muss gut planen, da er auch Religion an der Schule unterrichtet und sich den Ferien anpassen muss. Die Pastoren bieten neben dem Gottesdienst auch Gesprächszeit an. „Schon damals als ich hauptsächlich in Norddorf eingesetzt war, habe ich mich bei der Mutter-Kind-Klinik vorgestellt und viele erinnerungswürdige Gespräche geführt“, sagt Rosenthal-Beyerlein in Erinnerung ihres ersten Aufenthaltes vor knapp zwanzig Jahren. Auch in diesem Sommer haben ein paar Menschen die Chance genutzt, mit denjenigen zu reden, die spontan und mit Vertrauen ihren Weg gekreuzt haben. Arbeitsalltag, Trauerfälle, Erziehungssorgen – Rosenthal-Beyerlein hört zu und fragt. „Und wenn ich dann frage, ob sie gut schlafen können, dann kommen oft die Dinge zutage, die belastend sind. “

Auch Volker Keith hatte gerade eine sehr schöne Begegnung. Der sehr alte Mann, der nach dem Gottesdienst zu ihm kam, wollte an sein Lebensende eine Lebensbeichte setzen. Keiths Art zu predigen hatte ihn zu diesem Schritt veranlasst. Da dem alten Herren die Urlaubszeit zu kurz schien und er sich auf dieses Anliegen gut vorbereiten wollte, treffen sich nun beide im Herbst in Keiths Gemeinde. 350 Kilometer liegen zwischen beiden Orten. „Dieses Sprechen mit Menschen, neutral und außerhalb meines Systems, ist für mich jedes Mal etwas ganz Besonderes“, beteuert Keith.

Wie Norbert Wieh, der zuständige Gemeindereferent der katholischen Kirche und Verantwortliche für die Urlaubsseelsorger, betont, hat er gerade auf Amrum das Gefühl, dass die Gäste wirklich sehr naturbeseelt sind und für sich etwas suchen. Wieh, der die Insel von Föhr mitbetreut, bekommt von den Gastpriestern immer wieder rückgespiegelt, wie angetan sie von der Lebendigkeit der Gottesdienste sind. „Im normalen Gemeindegottesdienst zuhause ist das ja oft nicht der Fall.“ Im Winter, wenn wenig Gäste auf der Insel sind, ist bei den Katholiken einmal im Monat Heilige Messe, dafür kommt ein Pastor. Sonst – und das ist gute Tradition – gehen die einen mit den anderen zusammen in die Kirche in Nebel.

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Über Undine Bischoff

Journalistin und Texterin. Fuhr mit drei Jahren zum ersten Mal über den Kniep – in einer Schubkarre. Weil ihr Vater da draußen eine Holzhütte baute, zwanzig Feriensommerjahre lang. Betextet Webseiten und Kataloge, schreibt für verschiedene Medien und natürlich für Amrum News.

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