Corona – Leben in Zeiten der Ausnahme. Heute: Das Hotel Seeblick …


#coronakeinemacht: Nicole Hesse und ihr Mutmacher-Schild

„Saisonstart ist, wenn wir wieder auf haben“, sagt Nicole Hesse vom Seeblick Genuss und Spa Resort auf Amrum. Die Inhaberin ist zuversichtlich, dass der derzeitige Ausnahmezustand in ein paar Wochen vorbei sein könnte – „da ist viel Hoffnung dabei.“ Das 120-Zimmer-Haus ist leer von Gästen, die letzten sind gestern abgereist. Andere Gäste hätten schon für Juni und Oktober storniert. „Einige sind ängstlich, aber manche sagen auch, sie wollen sich dieses Jahr reisetechnisch einfach einschränken.“ Die Regelung, vier Wochen im Voraus kostenlos stornieren zu können, lässt das finanzielle Risiko derzeit komplett beim Hotel. Auf fünf bis zehn Prozent schätzt Hesse die Stornoquote bisher. „Wir händeln das sehr unkompliziert, ich sehe da die große Chance, dass die Leute, wenn die Krise vorbei ist, eher auf den deutschen Inseln Urlaub machen als in Südeuropa.“

Im „Seeblick“ hatte man dem Restaurant gemäß den neuen Richtlinien rund 60 Prozent der Kapazität genommen. „Das ist jetzt auch egal, es sind ja keine Feriengäste mehr da“, sagt Hesse ruhig. Zur Mittagszeit bekochte man bis gestern nach wie vor die Handwerker der Insel. Die Öffnungszeiten waren eingeschränkt, die Karte auch. Die Preise gesenkt. „Damit es für die Amrumer attraktiv bleibt.“

Tische auseinander war nicht genug: Das Hotelrestaurant ist zu.

Einen Tag später, am Dienstagabend, der ergänzte Erlass der Landesregierung: Schließen! Das Restaurant bleibt zu. „Jeden Tag etwas Neues“, postet das Hotel auf Facebook. Jetzt beschränkt man sich also auf den Außerhaus- und Liefer-Service. „Mal schauen, wie lange wir das dieses Mal dürfen“, steht unter dem Post.

Sich Gedanken machen, Ideen entwickeln, „das ist dann ein ganz anderes Signal, was nach draußen geht“, sagt Nicole Hesse. Im Wechsel mit der Seniorchefin fährt sie jetzt den Mittagstisch aus, alte Mitbürger sind schon drauf auf der Lieferliste.

Die Außerhaus-Speisekarte wechselt alle zwei Tage und ist ganz charmant: veganes Rauchgulasch (10 Euro), Fischragout (15 Euro), Knobi-Kräuterbrot (5 Euro). Die Wildauster kostet 3,50 pro Stück. Bis 18.30 Uhr ist Lieferservice. Oder man kommt selbst, kann eigenes Geschirr mitbringen oder kompostierbare Behälter bekommen. Wie das ankommt, wird jetzt getestet. „Wenn es nicht läuft, lassen wir es eben und überlegen uns etwas Neues“, sagt Hesse.

Alle zwei Tage neu: Die FuckCorona-Karte

Vorratshaltung ist im Moment nicht angesagt: Schnitzel, Rinderfiletsteak, Seelachs, Pannfisch und Matjes, Alles, was verderblich ist, kommt natürlich zuerst auf die Karte. „Wir werden dafür sorgen, dass wir eine nahrhafte Küche vorhalten.“ Einen Schlachttermin bei Inselbauer Martinen habe man abgesagt. „Das nächste Rind haben wir nach hinten verschoben“, sagt Hesse.

48 Mitarbeiter sind im Familienunternehmen beschäftigt. Das Wort „Mit“ zählt dort was. Im März seien die Gehälter gesichert, sagt Hesse. Man habe im Januar und Februar bei den Umsätzen 5 bis 10 Prozent  über Schnitt gelegen. Ab April wird über Kurzarbeit diskutiert. Die den Mitarbeitern dann zur Verfügung stehenden 60 beziehungsweise 67 Prozent (bei Mitarbeitern mit Kindern ) vom üblichen Nettolohn will man von Seiten der Inhaberfamilie auf 100 Prozent aufstocken. „Unsere Mitarbeiter haben alle ihre Kosten, die weiterlaufen“, sagt Nicole Hesse. Wir haben unsere Mitarbeiter das ganze Jahr und ein sehr familiäres Arbeitsverhältnis, das müssen wir unterstützen.“

Die Zeit ohne Gäste wird für Saubermacharbeiten aller Art genutzt. Terrasse, Balkone, Sonnendächer wurden gestern auf Vordermann gebracht. Die Physiotherapeutin und die Kosmetikerin des Hauses stehen jetzt den Mitarbeitern zur Verfügung. Für Fußpflege, Gesichtsbehandlung und Aromatherapie. Nicole Hesse freut sich. „Für die Seele“, sagt sie.

Stichwort Toilettenpapier. Das zweilagige war letzte Woche beim Wittdüner Zentralmarkt ausverkauft. Im „Seeblick“ haben sie noch das Lager voll. „Wenn es da mal eng wird, dann würden wir es auch zum Selbstkostenpreis hergeben“, sagt Hesse lachend.

Überhaupt – man würde sich natürlich gegenseitig helfen. Die Gastronomen der Insel sind über eine Whatsapp-Gruppe miteinander verbunden. Da gehen dieser Tage zig Tipps hin und her; auch über Stundungsmöglichkeiten der Berufsgenossenschaftsbeiträge.

Was Nicole Hesse in diesen „Corona“-Zeiten auffällt: „Jetzt, so ohne Ablenkung, sitzen wir in der Familie zusammen, haben den Fernseher aus und reden miteinander. Das den Kindern mitzugeben, ist ganz schön. Eine Situation, die wir vielleicht als denk mal! mitnehmen.“

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Über Undine Bischoff

Journalistin und Texterin. Fuhr mit drei Jahren zum ersten Mal über den Kniep – in einer Schubkarre. Weil ihr Vater da draußen eine Holzhütte baute, zwanzig Feriensommerjahre lang. Betextet Webseiten und Kataloge, schreibt für verschiedene Medien und natürlich für Amrum News.

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