Arved Fuchs besucht Amrum …


Die „Dagmar Aaen“ in Steenodde

In diesem Sommer bereist Arved Fuchs mit seinem Expeditionsschiff „Dagmar Aaen“ im Rahmen der „Ocean Change 2020“ Expedition die Nordfriesischen Inseln und Halligen. Arved Fuchs und seine Mannschaft suchen den Dialog mit den Bewohnern der Küstenregion, Touristen, Wissenschaftlern und Wirtschaftsfachleuten, um herauszufinden, wie die Leute vor Ort mit dem Klimawandel umgehen. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts rechnen die Experten mit einem Anstieg des Meeresspiegels um fast einen Meter. Was sagen die Menschen vor Ort zu diesem Scenario, was bedeutet dieses für die Halligen und Inseln.

Der Autor traf Arved Fuchs auf der Dagmar Aaen am Liegeplatz an der Steeodder Moole zu einem Interview.

Herr Fuchs, was ist die Motivation für Ihre Expedition „Ocean Change 2020 – Zu den Inseln und Halligen der Nordsee“?

Ich habe schon viele Regionen auf dem Globus bereist und über den Klimawandel berichtet. Jetzt ist es an der Zeit, einmal direkt vor der Haustür herauszufinden, wie die Bevölkerung über die Gefahren der Erderwärmung und den damit verbundenen Klimawandel denkt. Der „Klimadeich“ soll vor den Auswirkungen des Klimawandels schützen, wie denkt die einheimische Bevölkerung aber über die Ursachen?

Welche Informationen sammeln sie auf ihrer Reise

Wir sind nicht wissenschaftlich unterwegs, sammeln also keine Daten wie Temperatur, Verschmutzung oder analysieren die Wasserqualität in der Nordsee.  Uns geht es darum, aus Gesprächen und Diskussionen mit den einheimischen Bewohnern herauszufinden, wie sich die Situation in den vergangenen Jahren verändert hat.  Mit Willem Rümpler haben wir die Insel per Fahrrad und zu Fuß ausgiebig kennengelernt und mit vielen Leuten gesprochen. Zum Beispiel hat Vogelwart Dieter Kalisch uns detailliert über die Veränderungen in der Vogelwelt im Schutzgebiet der Amrumer Odde informiert.

Arved Fuchs auf Amrum

Haben sie auf Ihrer diesjährigen Tour schon Erfahrungen gemacht, die sie überrascht haben?

Wir sind nicht auf der Suche nach Skandalen und wir wollen auch niemanden die Welt erklären. Wir versuchen uns einfach durch viele Gespräche sachkundig zu machen und dann an geeigneter Stelle unsere Informationen und Schlussfolgerungen zurückzugeben. Dieses geschieht auf Vorträgen, bei Workshops, Presseterminen und auch in Veröffentlichungen.

Wie groß ist Ihre Crew und wie stellt sie sich zusammen

 Maximal 10 Personen haben auf dem Schiff Platz, zurzeit sind wir mit 8 Personen unterwegs. Wir sind ein Schmelztiegel unterschiedlicher Berufe, Nationalitäten und Charaktere:  Ärzte, Lehrer, Handwerker, Wissenschaftler, Seeleute und sogar Flugkapitäne. Aus einem Kreis von 50 – 100 Personen stellen wir das jeweilige Team je nach Ausrichtung der Expedition zusammen. Das Engagement geht über die Expeditionen hinaus, auch bei Werftaufenthalten ist immer ein mithelfendes Team vor Ort. Es gibt viele Anfragen von neuen Personen, die gern eine Expedition begleiten möchten. Neben ihren besonderen individuellen Fähigkeiten sollten aber alle Teilnehmer möglichst auch Segelerfahrung haben. Unser Schiff braucht Seeleute und Techniker.

Wie finanzieren sie ihre Expeditionen?

Über Publikationen, Vorträge und auch Sponsoren. Gern halte ich bei den einzelnen Stopps auch Vorträge vor interessiertem Publikum. Leider hat uns Corona in diesem Jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Alle Teammitglieder sind ehrenamtlich an Bord, bei uns gilt Hand gegen Koje.

Warum haben sie Amrum als Törnziel ausgesucht?

Ich war neugierig auf Amrum. Einige male habe ich Sylt besucht, Amrum bisher noch nicht.  Die Insel hat mich positiv überrascht.  Ich habe nicht mit so viel Wald gerechnet, der große Dünengürtel und natürlich der Strand sind beeindruckend.

Ihr Schiff wirkt sehr robust: wo sehen sie die Vor- und Nachteile der Konstruktion?

Robust gebautes Schiff …

Die Dagmar Aaen wurde 1931 in Esbjerg für das Fischen im Nordatlantik gebaut. Ich habe das Schiff 1988 gekauft und dann zu einem Expeditionsschiff mit zusätzlicher Eisverstärkung umgebaut. Der Rumpf wurde vollständig aus sechs Zentimeter Eichenplanken auf Eichenspanten gebaut. Der Abstand der einzelnen Spanten ist dabei teilweise so eng gewählt, dass man kaum eine Faust dazwischen legen kann, somit ist die Außenbeplankung fast 25 cm dick. Die Eishaut besteht aus bis zu 6mm Aluminium, Steven und Kiel sind mit bis zu 3cm Stahl verstärkt. Durch die massive Bauweise hat das Schiff ein Gewicht von 80 Tonnen. Die Länge beträgt 23,90 m, die Breite 4,80 m und der Tiefgang ist 2,50 m. Für den Antrieb dienen die 220 qm Segelfläche oder der Callesen Diesel Typ 425 CO, 3 Zylinder 4 Takt mit 180 PS.

Einige ihrer Expeditionen (im Winter mit dem Faltboot um Kap Horn, Nordwest Passage) sind seemännisch und auch körperlich sehr anspruchsvoll – was treibt sie an?

Ich habe eine seemännische Ausbildung und bin früher beruflich zur See gefahren. Schon immer haben mich Natur- und Extremsportarten gereizt. „Warum geht etwas nicht“ hat mich immer herausgefordert. Ich liebe die Natur und besonders auch Kälte und Wind, daher die vielen Reisen in die kalten Regionen. Grenzbereiche auszuloten, besonders auch die mentale Seite, ist etwas was mich reizt. Ich habe mein Hobby zu meinem Beruf gemacht und kann selbst entscheiden, was ich machen will.

Sie haben viele Bereiche der Erde bereist – was ist ihre Botschaft an die Menschheit?

Wir haben nur diese eine Erde – dessen sollten wir uns alle bewusst sein. Immer mehr Menschen bewohnen unseren Planeten und wir müssen mit den Ressourcen auskommen, die vorhanden sind. Leider werden die vorhandenen Ressourcen nicht genug wertgeschätzt. Bis zum Jahr 2000 haben auch die Inuit noch über meine Warnungen von der Erderwärmung geschmunzelt, das ist jetzt vorbei.  Auf dem geschmolzenen Boden sacken jetzt die Häuser ab und das Eis ist so dünn, dass sie nicht mehr richtig zur Jagd gehen können.

Wenn man sieht, welche Summen allein in Europa zur Bekämpfung der Folgen der Corona Pandemie ausgegeben werden, hoffe ich, dass auch die Bekämpfung der Erderwärmung demnächst eine entsprechende Priorität bekommt.

Corona geht vorbei –der Klimawandel nicht.

 

Herr Fuchs, vielen Dank für das interessante Interview

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Über Ralf Hoffmann

Ralf Hoffmann wurde 1955 in Schleswig geboren und zog mit seinen Eltern und Geschwistern 1962 nach Amrum. Nach dem Abitur in Niebüll studierte Ralf Luft und Raumfahrttechnik in Berlin. Die ersten 6 Berufsjahre verbrachte er als Entwicklungsingenieur bei VW und danach wechselte er als Aerodynamischer Entwicklungsingenieur zu Ford nach Köln. Als Leiter der Aerodynamischen Entwicklung für Ford Europa und die letzten 15 Jahre als Manager Aerodynamik und Motor- und Komponentenkühlung war er weltweit verantwortlich und viel unterwegs, um die jeweiligen Prototypen unter Hitze und Kälte zu testen. Nach all den Jahren auf dem Festland sind Ralf und seine Frau Karin nun wieder nach Amrum zurückgekehrt.

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