Impfungen gegen SARS-CoV-2 werden auf Amrum möglich sein …


Dr. med. Claudia Derichs

Der neu entwickelte, bisher aber noch nicht zugelassene Impfstoff gegen SARS-CoV-2 beschäftigt momentan viele Menschen überall. Und natürlich besonders die Bürger*innen der Insel. Die gute Nachricht ist, niemand von den Insulanern muss sich auf den Weg in eines der neu aufgebauten Impfzentren in Husum oder Niebüll machen.

Amrum-News hat bei der Inselärztin Dr. med. Claudia Derichs nachgefragt, wie das Impfgeschehen auf der Insel ablaufen wird.

 

A.N:

Fr. Dr. Derichs, was können Sie uns zum geplanten Ablauf einer Impfung gegen SARS-CoV-2 berichten?

Dr. Derichs: 

Das Land Schleswig-Holstein hat die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein beauftragt, Impfzentren zu errichten, in der die Menschen sich impfen lassen können. Diese sind bereits fertiggestellt, bzw. im Aufbau, sie befinden sich in den Orten Niebüll und Husum. Für die Inseln war es von Anfang an klar, dass es keinen Sinn macht, tausende von Insulanern nach Niebüll oder Husum zu schicken, sondern dass der Impfstoff hierher zu uns kommen muss. Die Kassenärztliche Vereinigung hat mit den Inselärzten Kontakt aufgenommen. Für die Nachbarinsel Föhr ist der Kollege Dr. Borth für die Koordination dort zuständig. Als Impfort für die Einwohner*innen entschied man sich für das leerstehende Kinderkurheim der AOK. Ich bin gefragt worden, ob ich es für die Insel Amrum übernehmen würde. Hier auf der Insel wäre dann die Infektionsambulanz im Sanghughwai in Nebel die Stelle, an der die Bürger*innen sich impfen lassen können. Soviel ist bisher an Informationen angekommen, wir bereiten es jetzt für die Inseln Föhr und Amrum vor. 

A.N:

Wann wird es den Impfstoff für die Bevölkerung geben und wie wird er verteilt?

Dr. Derichs: 

Bis zum 29. Dezember wird die Zulassungsbehörde über die Zulassung des Impfstoffes entscheiden, so dass ab Anfang 2021 mit einem sicheren und wirksamen Impfstoff  gegen SARS-CoV-2 zu rechnen sein könnte. Trotzdem steht er nach der Zulassung nicht automatisch und für jeden sofort zur Verfügung, da er in ausreichender Menge hergestellt und verteilt werden muss. Zuständig für die Planung und Verteilung sind das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Bundesländer.  

A.N.:

Wer würde auf der Insel Amrum als erstes den Impfstoff erhalten, bzw. wem wird er empfohlen?

Dr. Derichs: 

Zu Beginn würde das medizinische Personal angesprochen sein. Also alle, die einem besonderen Infektionsrisiko durch engen Patientenkontakt ausgesetzt sind. Dazu haben wir die Zahlen hier ermittelt und eine konkrete Abfrage gestellt. Zum medizinischen Personal zählen die Mitarbeiter der Hausarztpraxen sowie der Rehakliniken und Vorsorgeeinrichtungen. 

Des Weiteren zählen aber auch die Mitarbeiter des Amrumer Rettungsdienstes und alle Physiotherapeut*innen sowie das Personal aus den ergotherapeutischen, logopädischen und podologischen Bereichen dazu. Ebenso gehören auch die Apotheker*innen, Zahnärzt*innen und die Mitarbeiter*innen aus dem ambulanten Pflegedienst zum medizinischen Personal. Insgesamt sind das 330 Menschen. Im nächsten Schritt würden die Risikopatienten angesprochen werden, also alle Menschen, die krank sind, sowie die, die krank und alt sind. Wir sind unsere Patienten durchgegangen, und ermittelten eine Zahl von 250 Patient*innen. Das ist relativ viel für eine kleine Insel, dennoch eine Zahl, die zu bewältigen ist. Auch unsere ca. zwanzig nicht mobilen Patienten*innen könnten von uns an einem Tag durchgeimpft werden. 

A.N.:

Wird es für Kinder einen Impfstoff gegen COVID-19 geben?

Dr. Derichs: 

Nein. Die Impfstoffe werden zunächst nur für erwachsene Personen zur Verfügung stehen. Bei Kindern und Jugendlichen konnten sie noch nicht auf genügend Wirksamkeit und Sicherheit untersucht werden. Kinder sind schon allein aus ethischen Gründen nicht für frühe Tests vorgesehen. 

A.N.:

Gibt es einen Plan, wie der COVID-19-Impfstoff seinen Weg nach Amrum findet, und wie dann der Ablauf aussieht?

Dr. Derichs: 

Wenn die Zulassung erfolgt ist, kann entschieden werden, wann der Impfstoff kommt. Dieser ist haltbar bei einer Temperatur von minus 70 Grad Celsius, und wird mit Tiefkühlbehältern transportiert werden müssen- aber nicht auf die Insel. Wenn er aus der Kühlung kommt ist dieser maximal 1-2 Tage haltbar, und muss wahrscheinlich am gleichen Tag verimpft werden. Wir würden dann, wenn der Tag bestimmt ist nach der Zulassung, einen Notbetrieb in der Praxis machen, und im ganzen Team in Schichten in der Infektionsambulanz im Sanghughwai die Leute impfen. Es ist eine absolute logistische Herausforderung, da wir ja nicht wissen, wann und wie der Impfstoff auf die Insel kommt. Eine Möglichkeit wäre der Hubschrauber, das ist aber wie wir alle wissen, sehr wetterabhängig, also wird er wohl mit der Fähre kommen müssen. Am besten und wünschenswertesten wäre es natürlich morgens. 

A.N.:

Können Sie einschätzen wie lang es dauern wird, bis die Amrumer Bevölkerung geimpft sein wird?

Dr. Derichs: 

Ich sehe es ganz optimistisch, es hängt aber davon ab wann der Impfstoff kommt und vor allem wieviel wir bekommen werden. Denn nach der ersten Impfung muss nach einem Abstand von 3-4 Wochen die zweite Impfung erfolgen. Es könnte so sein, das wir eine bestimmte Menge bekommen um das medizinische Personal zu versorgen, danach nochmals eine Menge, um die Risikopatienten zu impfen. Dann sind die 3-4 Wochen herum, und wir wiederholen das Ganze. Wenn die Produktion gut läuft, sind wir vielleicht um Ostern herum soweit, die restlichen Menschen auf der Insel zu impfen, also alle die Personen an bestimmten Tagen einzubestellen, die geimpft werden wollen. Ziel ist es ja, dass nicht nur die Risikopatienten geimpft werden sollten, sondern die ganze Bevölkerung. Ich bin sicher, das wir es im Laufe des Jahres 2021 schaffen können- aber es wird eine sehr große Kraftanstrengung werden. 

A.N.:

Kostet die Impfung etwas?

Dr. Derichs: 

Nein. Für die Bürger*innen soll die Impfung unabhängig vom Versicherungsstatus kostenlos sein, der Bund wird diese Kosten dafür übernehmen. Alles soll unbürokratisch laufen, aber auf freiwilliger Ebene. 

A.N.:

Noch ein persönliches Wort von Ihnen, Fr. Dr. Derichs: Sehen Sie in der Impfung eine Chance für ein Leben ohne Pandemie?

Dr. Derichs: 

Die Impfung ist unsere einzige Option, dass die Pandemie endlich beendet wird, denn die Welle ist noch nicht gebrochen und es sterben täglich sehr viele Menschen. Wir müssen die hohen Zahlen an Erkrankungen minimieren, und die Intensivstationen wieder leer bekommen um somit das Gesundheitswesen wieder zu stabilisieren. Ich sehe außer der Impfung keine andere Chance. Es gab bisher noch nie eine so weltweite Impfkampagne, und ich würde mir sehr wünschen, dass Europa und auch die reichen anderen Länder es wirklich umsetzen, den Impfstoff nicht nur für die eigenen Bürger*innen zu bezahlen, sondern für die ganze Welt. Auch für das noch so ärmste Land, den noch so ärmsten Staat. Mein großer Wunsch ist es, dass die Weltgemeinschaft diese Aufgabe gemeinsam umsetzt. Für uns alle hoffe ich, dass wir bis Weihnachten wissen, wann und wie es hier für uns losgeht. Aber trotzdem werden uns im Jahr 2021 die bekannten Regeln wie Abstand halten, Hygiene beachten und Alltagsmaske tragen, sowie das neu hinzugekommene regelmäßig Lüften in den Herbst- und Wintermonaten mit Sicherheit noch sehr, sehr lange begleiten. Wir müssen alle weiterhin sehr diszipliniert bleiben, um die Pandemie zu beenden. 

 

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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Über Susanne Jensen

Susanne Jensen wurde 1965 in Hamburg geboren. In Appen bei Pinneberg aufgewachsen, kam sie nach der Erzieherausbildung 1985 auf die Nordseeinsel. Die Mutter von zwei heut erwachsenen Söhnen arbeitete anfangs einige Jahre in der Fachklinik Satteldüne und war dann von1992 bis 2016 als Erzieherin in den Kindergärten Wittdün und Nebel beschäftigt. Nun ist Susanne wieder tätig als Erzieherin in der Fachklinik Satteldüne.

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