Tourismusakzeptanz auf Amrum …


Welchen Einfluss hat der Tourismus auf das Leben auf Amrum und wie steht die einheimische Bevölkerung zum Tourismus?  Um festzustellen, wie zufrieden die Inselbewohner mit dem Leben und Wohnen auf Amrum sind, führte das Institut für Tourismus und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT) im Auftrag der Amrum Touristik eine Einwohnerbefragung durch. Bente Grimm vom NIT präsentierte das Ergebnis dieser Umfrage interessierten Einwohnern in einer öffentlichen Veranstaltung der Amrum Touristik .

Im Zeitraum vom 18. März bis 22. Mai 2022 wurde eine schriftliche Einladung an alle 1.558 Haushalte in den Inseldörfern Norddorf, Nebel, Süddorf, Steenodde und Wittdün verschickt, mit der Bitte an dieser Befragung teilzunehmen. Für die Auswertung konnten 888 Fragebögen genutzt werden, wovon 553 der Teilnehmer ihren Hauptwohnsitz und 333 ihren Nebenwohnsitz auf Amrum haben. Die Ergebnisse wurden nach Alter, nach persönlichem Bezug zum Tourismus, nach Gemeinde (Wittdün, Norddorf und Nebel inkl. Süddorf und Steenodde), nach Wohndauer am Ort, nach Einstellung zu den Auswirkungen des Tourismus (persönliche Auswirkungen und Auswirkungen auf den Ort) und nach Gründen für Leben am Ort ausgewertet. Zur gleichen Thematik wurde von der FH-Westküste (Heide) im Sommer 2020, 2021 und 2022 eine bundesweite Online-Befragung durchgeführt, aus der auch bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse für die Einwohner Schleswig-Holsteins gewonnen werden konnten. So ist bei vielen Fragestellungen ein Vergleich der Situation auf Amrum mit landesweiten Daten möglich.

Die überwiegende Mehrheit der Befragten lebt gerne auf Amrum (98%), wobei 51% der Befragten schon mehr als 25 Jahre auf Amrum wohnen, in der Gemeinde Norddorf sind es sogar 58%. Erwartungsgemäß für Amrum haben 70% einen wirtschaftlichen Bezug zum Tourismus.

Bei der Frage welchen Einfluss der Tourismus auf das eigene Leben/die eigene Lebenssituation hat, sieht die Mehrheit der Einwohner (71%) dieses positiv, wobei dieser Anteil bei den Bewohnern mit Hauptwohnsitz auf Amrum bei 63% liegt und bei Bewohnern mit Zweitwohnsitz sogar bei 83 %. Etwas anders sieht es bei der Frage nach den persönlichen Auswirkungen des Tourismus aus. Während bei den Befragten mit einem Zweitwohnsitz auf Amrum 59 % angeben, dass die Auswirkungen positiv sind, beträgt der Wert bei Bewohnern mit Hauptwohnsitz auf Amrum nur 39%, ein drittel sieht sogar negative Effekte. Im Vergleich zu gesamt Schleswig-Holstein sehen die Befragten auf Amrum den Tourismus mit 46% deutlich positiver als in ganz Schleswig-Holstein (30%), wobei aber auch 25% kritisch eingestellt sind.

Bei der Analyse zur Anzahl der Touristen ist das Ergebnis ausgeglichen, für 46 % ist die Menge richtig, die anderen 46 % sagen, dass zu viele Touristen auf der Insel sind. Fast 2/3 der Befragten sind jedoch der Meinung, dass zu viele Tagestouristen die Insel besuchen.

Die Befragten sind sich einig, dass der Tourismus die lokale Wirtschaft fördert, die Nahversorgung verbessert, sich positiv auf das Angebot an Restaurants und Cafés auswirkt, das Angebot an Freizeitangeboten erhöht und auch attraktive Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung schafft. Befragte mit Hauptwohnsitz zeigen hier bei fast allen Aspekten ein deutlich niedriges Zustimmungsniveau als Zweitwohnungsbesitzer.

Etwa 80 % der Befragten geben an, dass die Insel durch den Tourismus zu voll ist, die Natur belastet wird und dass manche Dinge auf Amrum teurer sind als woanders. Befragte mit Hauptwohnsitz nehmen die negativen Effekte deutlich stärker wahr als Befragte mit Nebenwohnsitz.

Die Studie gibt auch konkrete Hinweise, wie die Verkehrssituation auf Amrum optimiert werden könnte.  Etwa die Hälfte der Befragten regt an, dass die Bahnanreise verbessert und das ÖPNV-Angebot ausgebaut werden sollte. Kritisch wird auch die Fahrrad- und Fußgängersituation beurteilt.

Fast alle Befragten (>90%) halten den Naturschutz und nachhaltigen Tourismus für sehr bedeutend.

Ein wichtiges Thema bei der zukünftigen Entwicklung des Tourismus ist die Daseinsvorsorge & Lebensqualität. 75% der Bewohner mit dem Hauptwohnsitz auf Amrum geben an, dass diese Themen zukünftig stärker berücksichtigt werden müssen, 64 % sind der Meinung, dass bezahlbarer Wohnraum für Einheimische und Saisonkräfte eine hohe Priorität haben sollte.

Insgesamt verdeutlicht die Studie, dass Amrum als eine lebenswerte Insel wahrgenommen wird. Im Vergleich zu anderen Tourismusregionen in Schleswig-Holstein zeigt die Befragung bei den Amrumern eine deutlich positivere Einstellung zum Tourismus, es gibt aber auch einen relativen Anteil an kritischen Stimmen. Negative Effekte wie Überfüllung, Überbelastung der Natur und hohe Preise werden wahrgenommen und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Einheimische und Saisonkräfte sorgt alle Befragten.

„Wir werden die Ergebnisse dieser Studie in der Fortschreibung unseres zukünftigen Touristischen Entwicklungskonzeptes berücksichtigen,“ so Amrum Touristik Chef Frank Timpe, „die Studie wird demnächst veröffentlicht“. Die Befragung gibt auch den Kommunalpolitikern wichtige Hinweise, wie sich die Amrumer Bevölkerung die zukünftige Entwicklung der Insel vorstellt.

Alle Zuhörer der Veranstaltung waren angetan von der analytischen und professionellen Arbeit des Instituts für Tourismus- und Bäderforschung NIT und von der sachlichen und kompetenten Präsentation der vortragenden Bente Grimm.

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Über Ralf Hoffmann

Ralf Hoffmann wurde 1955 in Schleswig geboren und zog mit seinen Eltern und Geschwistern 1962 nach Amrum. Nach dem Abitur in Niebüll studierte Ralf Luft und Raumfahrttechnik in Berlin. Die ersten 6 Berufsjahre verbrachte er als Entwicklungsingenieur bei VW und danach wechselte er als Aerodynamischer Entwicklungsingenieur zu Ford nach Köln. Als Leiter der Aerodynamischen Entwicklung für Ford Europa und die letzten 15 Jahre als Manager Aerodynamik und Motor- und Komponentenkühlung war er weltweit verantwortlich und viel unterwegs, um die jeweiligen Prototypen unter Hitze und Kälte zu testen. Nach all den Jahren auf dem Festland sind Ralf und seine Frau Karin nun wieder nach Amrum zurückgekehrt.

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