Farbe trifft Schwarz-Weiß – Kai Quedens und Rasmus Hirthe in der Amrumer Windmühle …


Rasmus Hirthe und Kai Quedens

Die große Sommerausstellung im 59. Museumsjahr der Amrumer Windmühle wurde vergangene Woche eröffnet. Zu Gast in Nebel diesmal der Amrumer Kai Quedens und der Hamburger Rasmus Hirthe. Farbe trifft Schwarz-Weiß! 

Kai Quedens ist für seine abstrahierenden Landschaften in kraftvollen Farben bekannt, Rasmus Hirthe für seine stimmigen Bildkompositionen in Schwarz-Weiß. Wie passt das zusammen? 

„Erst wollten wir unsere Bilder getrennt hängen, aber wir haben schnell gemerkt, wie gut sie nebeneinander wirken und uns dann umentschieden“; sagt Kai Quedens, der in diesem Sommer schon zum 7. Mal in der Amrumer Windmühle ausstellt. Er hatte dem Mühlenverein vorgeschlagen, diesmal gemeinsam mit seinem Künstler-Kollegen aus Hamburg auszustellen, und so sind in der plötzlich erstaunlich geräumig wirkenden Nebeler Mühle wieder rund 40 Gemälde zu sehen, auf denen zum Wohle der Mühle bereits die ersten roten „Verkauft“-Punkte kleben. Große und kleine Formate in Öl, Tempera und Mischtechnik. Kai hat diesmal vor allem Ölbilder mitgebracht und Rasmus viele Großformate beigesteuert, die auch an den kleinen Wänden der Mühle gut zur Geltung kommen. 

Farbe trifft auf Schwarz-Weiß

Beide Künstler haben in Hamburg studiert: Rasmus Hirthe von 1996 – 2004 freie Kunst und visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt Film an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) und Kai Quedens von 1989 – 1995 an der Fachhochschule Hamburg (heute HAW) am Fachbereich Gestaltung bei dem inzwischen verstorbenen Maler Siegfried Jonas.

Die beiden Norddeutschen haben aber auch sonst eine Menge gemein: Kai, das weiß man hier auf Amrum, ist ein begnadeter Geschichtenerzähler, in dessen Adern mindestens Seemannsblut, wenn nicht Piratenblut fließt. Und Rasmus, so berichtet der, als waschechter Hamburger nicht weniger anekdotenfreudig, wurde von seinen Eltern natürlich nach dem Gott der Segler benannt. „Meine Eltern sind viel gesegelt. Dadurch habe ich auch den Bezug zur nordfriesischen und dänischen Küste, besonders zu Amrum, was ja viel schöner ist als Sylt und Röm“, erzählt der Hamburger, dessen Bilder auch im WattGut auf Pellworm zu sehen sind.

Die beiden Maler haben sich durch ihren gemeinsamen Galeristen in Hamburg kennengelernt. Sie sind in der Galerie Magnus P. Gerdsen in Hamburg-Harvestehude vertreten, wo sich die Gegenwartskünstler in bester Gesellschaft klassischer Moderner befinden und gut betreut fühlen, wie Kai in seiner kurzen Ansprache betonte, denn das Ehepaar Gerdsen konnte leider nicht auf die Insel kommen, um an der Ausstellungseröffnung teilzunehmen, zu der Volker Langfeld die vielen Gäste an diesem heißen Sonntagvormittag draußen auf der Wiese vor der Mühle begrüßte. 

Auch künstlerisch verbindet die Beiden so einiges, wie ein Blick auf die in der Mühle ausgestellten Bilder offenbart: die allgegenwärtige Freude an der weiten, flächigen norddeutschen Landschaft, ihrem Lichtspiel und die Präsenz eines Meeres mit starkem Tidenhub und großen Pötten.

Abstrahierende Landschaften

 „Land schafft Bilder“ hieß 2015 Kai Quedens‘ Einzelausstellung in der Mühle, wo 38 von 43 ausgestellten Bildern verkauft wurden. Es braucht keine friesischen Sprachkenntnisse, um Kai Quedens‘ abstrahierenden Landschaften, Portraits und Stillleben zu verstehen. Die Farbe ist sein kraftvollster Dolmetscher, aber längst nicht der einzige. Auch wenn es natürlich richtig Spaß macht, sich von der Preisliste die Nummern der Bilder mit ihren friesischen Namen einzuprägen und in der Ausstellung zu suchen, um dann mit allergrößter Zufriedenheit dem Künstler in Gedanken ein „Stimmt!“ zuzurufen, weil er den Frühling oder Herbst in den Dünen in seiner abstrahierenden Darstellung perfekt getroffen hat. Dass „Bi strun“ (Am Strand) unseren Strand im Sommer darstellt und das „waasbil“ (Wattbild) die flächigen Farbstrukturen des Wattenmeeres, ist ohne Sprachkenntnisse ebenso klar wie das kräftige Orange-Rot im „sanoonergung“ den Amrumer Sonnenuntergang feiert. Orange heißt auf Friesisch übrigens „aapelsiinklöör“ und „klöör skafet lunskaft“ (Bild Nr.12) bedeutet „Farbe schafft Landschaft“ – einen realistischeren Titel kann man für ein aktuelles Bild von Kai Quedens kaum finden.

Rasmus Hirthe hat vor 20 Jahren ganz bewusst die Farbe aus seinen Bildern genommen und arbeitet konsequent mit den Nichtfarben Schwarz und Weiß. „Für mich sind meine Bilder bunt“, sagt der Hamburger Künstler, der in seinen, meist großformatigen, auf grobem Malgrund in Acryl, Tusche und Tempera gemalten Bildern Szenerien heiterer Gelassenheit komponiert, in denen Menschen wie vor einer Kulisse mit einander in Bewegung sind und ihren Freizeitaktivitäten nachgehen. Beim Betrachten entstehen in unserer Fantasie ganz automatisch die eigenen Farben. Seine Bilder seien Fensterbilder, die uns Räume öffnen. Wir können uns hineinversetzen.

Stellen wir uns also vor: 

Ein schöner Sommertag am Meer, Kinder buddeln im Sand, ein Hund wartet gespannt auf Herrchen oder Frauchen, und Sie sind mit Ihren Lieben am Strand. Die Silhouetten der Spaziergänger spiegeln sich im ablaufenden Wasser. Sie kneifen die Augen zusammen, so gleißend hell das Licht…

Sie haben ein Bild vor Augen, weiß beinah. So weiß, wie (leider) der strahlende Amrumer Mittagshimmel auf dem Foto von der Ausstellungseröffnung, nur viel schöner, denn Hirthes Weiß ist nicht einfach nur Weiß. Es lebt – und wer genau hinschaut, wird unter dem Weiß hie und da noch einen kleinen Hauch hellblauer Tempera entdecken. 

Es lohnt sich, gehen Sie in die Amrumer Windmühle und schauen Sie sich die diesjährige Sommerausstellung an. Sie läuft noch bis zum 31. Oktober 2023.

Öffnungszeiten: täglich von 10:30 – 13:00 und 14:30 – 17:00 Uhr, montags nur bis 16:00 und sonntags erst ab 11:00 Uhr.

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Über Astrid Thomas-Niemann

Astrid Thomas-Niemann ist gelernte Schifffahrtskauffrau sowie studierte Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre als Schifffahrtsanalystin gearbeitet und lebt seit 2015 in Wittdün. Als junge Frau kam Astrid 1981 das erste Mal auf die Insel und besuchte auf Zeltplatz II die Niemanns aus Hamburg, die Amrum seit 1962 urlaubsmäßig die Treue halten, inzwischen bereits in der 4. Generation.

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