Watten Fähren – die Entscheidung könnte innerhalb der nächsten sechs Monate fallen…(to)


Mit der ersten öffentlichen Infoveranstaltung ist die Geschäftsführung der in den Startlöchern stehenden Watten Fährlinien GmbH auf Amrum in der vergangenen Woche an die Bürger und Gäste der Insel herangetreten.

Dirk Lehmann führt souverän durch den Abend...
Dirk Lehmann führt souverän durch den Abend...

Dirk Lehmann, einer der Geschäftsführer des potenziellen Konkurrenzunternehmens zur Wyker Dampfschiffs-Reederei war mit seinem Kompetenzteam nach Amrum gekommen, um die Insulaner persönlich über das ehrgeizige Projekt zu informieren. Auf den Inseln seien viele Fragen in Bezug auf das Vorhaben der Einrichtung einer neuen Fährlinie aufgekommen und leider kursieren mittlerweile viele Gerüchte und Halbwahrheiten, erklärte Carola Feld, Projektmanagerin für die Inseln Föhr und Amrum, in ihren einleitenden Worten.

Dirk Lehmann, der von Haus aus Schiffsbau Diplom Ingenieur und geschäftsführender Gesellschafter des Schiffbauzulieferers Becker Marine Systems aus Hamburg ist, sieht in dem nordfriesischen Wattenmeer ein besonders schützenswertes Areal, in das sein besonders emissionsarmes und somit umweltschonendes neues Fährkonzept hervorragend passt. Bei der Konzeption der baureifen Fähren seien sowohl Erkenntnisse aus dem Flachwasserfahrgebiet mit seinen vielen im Wasser befindlichen Sedimenten als auch die im Unternehmen Becker Systems entwickelten Produkte eingeflossen.

Diese seien Effizienz steigernd und erhöhten dadurch den Wirkungsgrad des eingesetzten Brennstoffs in Form von flüssigem Erdgas und eingekauften Windstrom erheblich. „Vor dem Hintergrund der sich sukzessive verschärfenden Emissionsgrenzwerte könne die Antriebskonzeption mit dem besonders schadstoffarm verbrennenden LNG Gas nur der richtige Weg sein“, führte Dirk Lehmann aus und verwies dabei auf die in den skandinavischen Ländern bereits mit LNG verkehrenden Schiffe und Fähren.

„Wir wollen vorerst mit zwei hochmodernen mit Flüssiggas (LNG) betriebenen Fähren zwischen Dagebüll, Föhr und Amrum an den Start gehen und diese zu den bisher bekannten Verbindungszeiten in weiter ausgedehnten Fahrplänen pendeln lassen“, erklärte Lehmann den rund zweihundert interessierten Insulanern und Gästen an dem Abend „Ich möchte mich für das gezeigte Interesse der Anwesenden ganz besonders herzlich bedanken und sehe mich von den Amrumern in meinem Betreben eine neue Fährlinie zu etablieren bestätigt“, erklärte der weltweit agierende Unternehmer.

„Wir wollen uns dabei nicht an der bestehenden Reederei messen, sondern vielmehr zeigen, dass wir es besser und kundenorientierter machen können“, versichert der Geschäftsführer. Dabei versicherte er, dass er nicht gegen die Reederei fahren wolle, sondern vielmehr für die Insulaner und Gäste eine ganzjährige Alternative zur bestehenden Linie der WDR bieten wolle. Dabei verstehe er sich nicht als Rosinenpicker, sondern habe schon mit seinem Team viele Konzepte erarbeitet, um eine ganzheitliche Insel- und auch Halligversorgung auf die Beine zu stellen. Dabei böte ein wirklicher Verkehrsverbund im Wattenmeer noch viel Potenzial für die Inseln und Halligen. „Für mich ist eine spätere Zusammenarbeit durchaus sinnvoll“. Es werde sicherlich in den nächsten Jahren einen Preiskampf geben, für die Kunden kann es dabei nur günstiger werden, prognostiziert Dirk Lehmann. „Mein Wille und mein Atem sind lang genug um das durchzustehen“, verspricht der Unternehmer.

Geschäftsführer Watten Fähren Max Kommorowski
Geschäftsführer Watten Fähren Max Kommorowski

Das ehrgeizige Ziel des eigens gegründeten Unternehmens war ursprünglich, bereits Ende 2013 den Fährbetrieb aufzunehmen. Leider hänge man diesem Ziel bereits gut zwei Jahre hinterher. „Wir haben schlichtweg unterschätzt, wie viel Zeit Rechtsbeistände für sich beanspruchen“, bedauerte Lehmann. Als Hauptursache für die unfreiwillig verlängerte Projektphase des Unternehmens sieht Lehmann den immer noch nicht uneingeschränkt gegebenen und damit diskriminierungsfreien Zugang zum Fährhafen Wyk. Hier wolle der Unternehmer trotz aller Bekundungen des Hafenbetriebes Wyk, dass der 1981 getätigte Verkauf der Hebebühnen rechtens war, die Stadt Wyk nicht aus der Verantwortung entlassen. In einem öffentlich rechtlichen Hafen, der zudem Fördergelder beansprucht hat, sei so etwas nicht hinnehmbar.

Auf die Frage, wie lange der Bau der Fährschiffe noch zurückgestellt werden würde, versprach der Geschäftsführer, dass innerhalb der nächsten sechs Monate eine Entscheidung fallen würde. „Wir haben bereits zwei Millionen Euro in die Hand genommen um die zukünftigen Fährschiffe zur Baureife zu bringen, da könnten wir uns auch vorstellen, dass wir zuerst auf der Linie Amrum-Dagebüll starten bis die entsprechenden Voraussetzungen in Wyk geschaffen werden können“, so Lehmann. Ein zukunftsweisendes und umweltorientiertes Antriebskonzept in dem sensiblen Lebensraum des Wattenmeeres einsetzen zu können, stellt für Becker Systems zudem ein besonderes Referenzprojekt für ihre weltweit eingesetzten Produkte dar, bestätigt der Geschäftsmann auf Nachfrage. Bei diesem Projekt sehe man auch die konkrete Möglichkeit interessierte Insulaner zum Beispiel durch festverzinsliche Anleihen an dem Unternehmen zu beteiligen.

Bei den Fragen aus dem Publikum wurde auch deutlich, dass die Amrumer Kunden mit dem Buchungssystem der WDR unzufrieden sind. Immer wieder gestalte sich die Buchung von Überfahrten zu Wunschterminen schwierig. „Das Schiff sei ausgebucht so oft die Information. Doch wenn man dann hört, dass genau diese Verbindung von Wyk mit freien Plätzen ablegt, bestärkt sich der Verdacht, dass für Föhrer Kunden Stellplätze geblockt werden“, zeigt sich ein Insulaner genervt. „Die WDR hat das Monopol und sie verhält sich auch genau wie ein Monopolist“, so ein anderer Zuhörer.

Dirk Lehmann (2. v.r.) mit seinem Kompetenzteam
Dirk Lehmann (2. v.r.) mit seinem Kompetenzteam

Wenn die neue Fährlinie den Betrieb aufnimmt, werden auch die Verknüpfungen mit dem Bahnverkehr abgestimmt sein und es wird auch kein Fährgast bei seiner späten Ankunft am Fähranleger stehen bleiben müssen“, beantwortete Lehmann weitere Fragen. Die an Bord eingesetzten Akkus haben laut Hersteller eine Lebenserwartung von 15 bis 20 Jahren, bevor sie recycelt werden müssen. „Das bedeutet, dass sie in Bereichen mit geringerer Anforderung weiter verwendet werden“, erklärt Geschäftsführer Max Kommorowski. Für die Abwärme der gasbetriebenen Motoren, die der Stromerzeugung dienen, stellte das Unternehmen die Möglichkeit vor, per Latentwärmespeicher, die Energie an Großverbraucher auf den Inseln abzugeben.

Viele der Anwesenden zollten dem Infoabend eine hohe Qualität und sahen erwartungsvoll in die Zukunft der Fährversorgung zur Insel Amrum. Immerhin bestimme die Erreichbarkeit das Gästepotenzial und somit die Chance Amrums, sich am touristischen Markt zu behaupten und Familien und Fachkompetenz auf der Insel zu halten.

Auf Föhr werden entsprechende Informationsveranstaltung zum Projekt Watten Fährlinien am heutigen Mittwoch, den 28.08.2013 um 19.30 Uhr im Taarepshüs in Utersum und am Donnerstag, den29.08.2013, 19.30 Uhr im Kurgartensaal in Wyk stattfinden.

Weitere Informationen auf www.watten-faehrlinien.de .

Thomas Oelers

 

Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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4 comments

  1. Als Liebhaber und Besucher der Insel verfolge ich dieses Projekt mit Interesse. Neue Ideen wie das Antriebskonzept finde ich grundsätzlich begrüßungswert. Aber: Die neue Gesellschaft räumt selbst ein, dass es wohl zu einem Preiskampf kommen wird. Auf wessen Kosten? Häufig werden solche “Kämpfe” auf Kosten der Mitarbeiter ausgetragen, Personalkosten müssen gesenkt werden. Mitarbeiter werden gehen müssen oder durch billigere Arbeitskräfte ersetzt. Der “Kuchen”, den jetzt die W.D.R. für sich hat, muss nun für zwei reichen. Kann nur heißen, die W.D.R. muss abspecken, vielleicht Schiffe aus dem Verkehr nehmen. Längerfristig werden beide versuchen, neue Fahrgast-Potenziale zu gewinnen, auch durch die Senkung der Fahrpreise. Wollen das die Insulaner? Noch mehr Urlauber, Tagesgäste, vor allem noch mehr Autos? Und verkehrt sich der Umweltgedanke nicht ins Gegenteil, wenn zu manchen Zeiten 2 Fähren von 2 Reedereien jeweils zur Hälfte oder weniger belegt durchs Wattenmeer fahren?
    Solche Gedanken sollte man nicht außer Acht lassen.

  2. Eine starke Vorstellung eines sehr schlüssigen Konzeptes.
    Da kann man nur die Daumen drücken ,dass wir endlich
    Konkurrenz bekommen und das recht überhebliche
    Verhalten des jetzigen Monopolisten einen Dämpfer bekommt.
    Das eine mit öffentlichen Geldern, also unseren Steuern, geförderte
    Hafenanlage in Wyk aufgrund desolater Ortsfinanzen verschleudert
    und quasi privatisiert wird, ist ein Schelmenstück ganz besonderer Art.
    Da wird es wirklich Zeit durch Klage gegen die Stadt Wyk den
    ursprünglichen Besitzzustand wiederherzustellen.
    Dann kann die neue Fährgesellschaft ihre eigenen Ziele und Fahr-
    zeiten ohne die die Obstruktion der WDR zum Besten der Insulaner aufbauen.

  3. Amrum ist eine Juwel und mit großem Interesse höre ich von den Fährplänen. Und ich kann mich des Eindrucks nicht verwehren, dass manchem da die Dollarzeichen in den Äuglein blinken und andere schon nur zustimmen, wenn von Wettbewerb und Kundenserive als Schlagwort die Rede ist-ich habe auch bei meinen bisherigen Besuchen noch nirgends gehört, dass Amrum Probleme hat, Gäste auf die Insel zu befördern. Natürlich könnte WDR einiges verbessern. Aber: alles neu, schicker, noch mehr Gäste-ist das Amrum? Deswegen kommen die Inselliebhaber/innen wohl kaum. Für Föhr mögen da andere Kriterien gelten.

  4. Als Teilnehmer der Veranstaltung begrüße ich den sehr sachlichen Artikel über den Verlauf und die berichteten Informationen des Unternehmers Lehmann. Von der Veranstaltung für Amrumer, Insulaner und Teilzeitwohnende (auch Gäste) hatte ich einen guten und wohlwollenden Eindruck von den Zuhörern. Vatten Fähren hat aber auch ganz deutlich gemacht, dass es um „Geld verdienen“ geht und hierzu ein umweltfreundliches Produkt einzusetzen geplant sei, so Herr Lehmann. Also keine neue Route oder ein schnellerer Linienverkehr. Das ist ökonomisch nicht sinnvoll. Er setzt genauso wie die WDR auf Lasten- und Güterverkehr zur Versorgung der Inseln. Aus meiner Sicht wären kleinere und somit anders konzipierte Fähren für die ausschließliche Personenbeförderung als Zirkelverbindung mit und für die Halligen eine Alternative und ein Ergänzungsangebot zur WDR gewesen. Das müsste sich selbstverständlich betriebswirtschaftlich rechnen und wird es offensichtlich nicht. Bei der Frage der Einbindung der Halligen in die Inselroute wurde nur vage über angedachte Kooperationen berichtet. Dies kann sich nur seeseitig auf die Leistungen der Reedereien Adler und WDR beziehen und ggfs. auf sinnvolle Anschlussverbindungen, denn auch für diese neuen Watten-Großraumfähren sollen die Anleger der Halligen nicht geeignet sein.
    Letztendlich ist zu erwarten, dass aus dem Monopolisten WDR ein Oligopolist zusammen mit Watten Fähren wird und die Logik oligopolistisch geprägter Märkte eintritt: friedlich abgestimmtes Verhalten untereinander nach Marktanteilen und Unternehmensgröße und kein dauerhafter Leistungs- und Preiswettbewerb zugunsten der Kunden. Und von diesen Auswirkungen (u.a. Tagestouristen und Arbeitsplätze) wurde bereits in einem Kommentar zuvor zutreffend berichtet.

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