Am vergangenen Wochenende mussten die Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) der Station Amrum auslaufen, um zwei unkundige Wattwanderer vor der Insel Föhr aus dem rund acht Grad kalten Nordseewasser zu retten.
Von Amrums Nordspitze aus hatten sich zwei junge Männer auf eigene Faust und ohne fachkundige Führung zur Nachbarinsel Föhr durch das Wattenmeer auf den Weg gemacht. Zwar am Horizont zum Greifen nah gelegen, ist der scheinbar kurze Fußmarsch der auf Amrum urlaubenden Schleswig-Holsteiner zum Wettlauf ums Überleben geworden.
„Die geretteten Männer befanden sich nur 300 Meter vom Utersumer Ufer entfernt und standen hüfttief im auflaufenden Wasser“, berichtet der Vormann des im Wittdüner Seezeichenhafen stationierte Seenotrettungskreuzer „Ernst Meier-Hedde“. Aber der dort befindliche tiefe Priel führte schon soviel Wasser mit starker Strömung, dass an eine Durchquerung nicht zu denken war.
Nach der Rücksprache mit dem MRCC Bremen hat die Rettungsleitstelle Harrislee um 18.50 Uhr die Besatzung des Seenotrettungskreuzer Ernst Meier-Hedde direkt alarmiert. „Spaziergänger am Ufer hatten die Notlage der beiden 26 und 25 Jahre alten Wattwanderer wahrgenommen“, berichtet Vormann Sven Witzke.
Da das Seegebiet vor Utersum sehr flach ist und die Flut gerade mal eineinhalb Stunden aufgelaufen war, kam der Einsatz des Seenotrettungskreuzers Ernst Meier-Hedde der Station Amrum nicht infrage. Stattdessen wurde das Tochterboot „Lotte“, Länge 8,20 Meter und 0,80 Meter Tiefgang, aus der Heckwanne zu Wasser gelassen. Mit AK, 19 kn Geschwindigkeit, liefen die Retter über die Norderaue und das Mittelloch zu den in Notlage befindlichen jungen Männern. Diese erreichten sie um 19.20 Uhr (Niedrigwasser war um 17.08 Uhr), die hüfttief im starken Strom ausharrten. Durch die Bergungspforte der „LOTTE“ nahm die Besatzung die leicht Unterkühlten an Bord des Tochterbootes und hüllten sie in wärmende Decken. Zudem versorgten die Seenotretter eine Schnittwunde, die sich einer der beiden am Fuß zugezogen hatte.
Überrascht waren die revierkundigen Seenotretter nicht nur vom völlig falschen Zeitpunkt, zu dem die beiden jungen Männer ihre Wattwanderung begonnen hatten. „Auch die Route, die sie für die gut zwei Seemeilen zwischen Norddorf auf Amrum und Utersum auf Föhr gewählt hatten, ist denkbar ungeeignet. Einer der beiden gefährlichen Priele ist nur an einer einzigen Stelle zu durchwaten, die die Wattführer genau kennen. Der andere Priel ist auf dieser Höhe selbst bei Niedrigwasser nicht zu durchqueren“, warnt Vormann Witzke.
„Wenn in der kalten Jahreszeit geführte Wattwanderungen organisiert werden, dann meldet sich zum Beispiel der Amrumer Wattführer Dark Blome bei den Rettern an. Zudem tragen die Teilnehmer Warnwesten und spezielle Wathosen“, weiß der Vormann der Ernst Meier-Hedde.
„Wie junge Menschen in solchen Situationen meistens reagieren, waren auch diese beiden Geretteten in ihrer Begeisterung eher verhalten und peinlich berührt“, so Witzke. Ein Krankenhausaufenthalt war nicht nötig. Sie fuhren mit einem Taxi auf Amrum in ihre Unterkunft. Für die Retter war der Einsatz um 20.00 Uhr beendet.
Für den Einsatz der Seenotretter werden die Männer keine Rechnung bekommen. Lediglich eine Spendenaufforderung der DGzRS (die sich ausschließlich durch Spenden finanziert) wird im Postkasten liegen.
Die Seenotretter wenden sich mit ihrem umfangreichen Präventionsprogramm „Sicher auf See“ auch an Wattwanderer (www.sicher-auf-see.de). Sie raten Revierunkundigen, das Watt ausschließlich unter fachkundiger Leitung eines erfahrenen Wattführers zu erkunden. Die sicheren Wattwanderzeiten sind durch Ebbe und Flut fest vorgegeben und ändern sich ständig.