Emil Nolde und das Meer – „Der Magier der Farbe unter den Expressionisten“


Interessiert lauschen die geladenen Gäste den Erläuterungen von Prof. Dr. Ulrike Wolff-Thomsen beim Preview der Ausstellung „Emil Nolde und das Meer“.

Am Wochenende wurde im Museum Kunst der Westküste in Alkersum auf Föhr die weltweit erste Nolde-Ausstellung zum Thema „Meer“ eröffnet.

Obgleich sich Emil Nolde (1867-1956), der als Emil Hansen in Nolde bei Tondern an der Nordseeküste aufwuchs, in den fast sechs Jahrzehnten seines Schaffens immer wieder schöpferisch mit dem Meer auseinandergesetzt hat, gab es erstaunlicherweise zuvor keine monografische Nolde-Ausstellung zu diesem Sujet.

Nolde kenne das Meer, wie es vor ihm noch kein Künstler gekannt habe. Er sehe es nicht vom Strande oder vom Schiffe aus, er sehe es so wie es in sich selbst lebe, losgelöst aus jedem Bezug auf den Menschen, das ewig regsame, ewig wechselvolle, … göttliche Urwesen, das bis heute noch die ungebändigte Freiheit des ersten Schöpfungstages sich bewahrt habe, schrieb der Kunstkritiker Max Sauerlandt schon 1921.

Staatsrat Ingbert Liebing überbringt die Grüße der Landesregierung.

Es ist der Zusammenarbeit zwischen dem Museum Kunst der Westküste und der Stiftung Seebüll Ada & Emil Nolde zu danken, dass in Alkersum nun bis zum 6. Januar fast 80 Werke, 25 Gemälde und 53 Aquarelle, des bedeutenden Künstlers der Moderne zu sehen sind. Darüber freute sich auch Staatssekretär Ingbert Liebing, der zur Vernissage von Sylt angereist war und als Bevollmächtigter des Landes Schleswig-Holstein in Berlin die Grüße der Kultusministerin und des Ministerpräsidenten aus Kiel überbrachte.

Die Hängung der Meeresbilder in den zwei Sälen und zwei Kabinetten des Alkersumer Kunstmuseums vollzieht Noldes künstlerische Entwicklung von den Anfängen um die Jahrhundertwende bis zu seinem Spätwerk nach. Sabine Schlenker, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums Kunst der Westküste, hatte in Seebüll für die Konzeption der Ausstellung auch Emil Noldes Korrespondenz ausgewertet und trug die beiden kunsthistorischen Beiträge zum gelungenen Ausstellungskatalog bei.

Direktorin Ulrike Wolff-Thomsen begrüßt die Gäste der Vernissage „Emil Nolde und das Meer“ im Museums Kunst der Westküste.

Zeugen die Gemälde um die Jahrhundertwende noch von impressionistischen Einflüssen, gewinnen sie um 1908 herum zunehmend an Farbintensität und wiesen ein „wild expressives, haptisches Erscheinungsbild“ auf, sagte die Direktorin des Museums Kunst der Westküste Ulrike Wolff-Thomsen in ihren einführenden Erläuterungen auf der Vernissage. Auch die Aquarelle (um 1920 begann Nolde, das Meer in Aquarell zu malen) seien „kein Abbild der Natur“ sondern zeigten „seine Vorstellungen von Meereslandschaften“, die Farben des Meeres von der Sonne „entflammt“. Noldes Bildgestaltung sei „überzeitlich“, die im dritten Saal ausgestellten Werke kennzeichne ihr hoher Abstraktionsgrad.

Dr. Astrid Becker, stellvertretende Direktorin der Stiftung Seebüll Ada & Emil Nolde, in ihrer engagierten Ansprache als Leihgeberin der Bilder.

Astrid Becker, die stellvertretende Direktorin der Nolde-Stiftung in Seebüll wünschte der Ausstellung viel Erfolg. Seit 1957 stünden Noldes Haus und Garten in Seebüll Besuchern offen, die sich für den Künstler und Privatmann Nolde interessieren. Die Ausstellung „Nolde und das Meer“ zeige, dass Nolde inhaltlich noch längst nicht erschlossen sei. In Seebüll werde derzeit an einer Studie zum Thema „Emil Nolde und der Nationalsozialismus“ gearbeitet, die Ende 2019 erscheinen soll. Die Forschungen hätten bereits ergeben, dass die „ungemalten Bilder“ im Zeitraum von 1931 bis nach 1945 entstanden. Nolde hat diese kleinformatigen Aquarelle also nicht nur während der Zeit seines Berufsverbots gemalt hat, sondern als eine Art Studien, die ihm als „Ideenschatz“ dienten.

Der „Magier der Farbe unter den Expressionisten“ (Becker) ist es dann auch, der das Museum Kunst der Westküste im Rahmen eines ganz besonderen Projekts noch in dieser Woche nach Amrum bringen wird.

Die Kunstvermittlung des Museums wird in Zusammenarbeit mit dem Amrumer Inselkindergarten die rund einhundert Kinder der „Flenerk & Bütjen Jongen“ spielerisch mit der Kunst Noldes vertraut machen. Vorausgegangen waren dem Projekt „Der Inselkindergarten & Emil Nolde“ bereits mehrere Workshop-Besuche des Amrumer Kindergartens in Alkersum im vergangenen Jahr. (Amrum News berichtete.) Das aktuelle Projekt soll in eine langfristige Zusammenarbeit mit dem Amrumer Inselkindergarten münden und sogar schon die Kleinsten, natürlich zusammen mit ihren Eltern, an die Themen Kunst & Museum heranführen.

Engagieren sich im Projekt „Der Inselkindergarten & Emil Nolde“: Andrea Hölscher (Flenerk Jongen), Ulrike Wolff-Thomsen (Direktorin MKdW), Philipp Weber (Föhr-Amrumer Bank) , Annette Isemann (Rotary Club Amrum), Michael Langenhan (Rotary Club Amrum), Lothar Herberger (Flenerk Jongen), Sylvia Haumersen (Kunstvermittlung MKdW) – von links nach rechts im Bild

„Der Inselkindergarten & Emil Nolde“ beginnt mit der Schulung der ästhetischen Wahrnehmung und kreativen Auseinandersetzung mit Emil Nolde und seinen Farben in drei aufeinander aufbauenden Work-Shop Sequenzen, die mit einer öffentlichen Präsentation der kreativen Ergebnisse der Kinder in einer Ausstellung auf Amrum ab 18. November und einer, die Ausstellung „Emil Nolde und das Meer“ flankierenden kleinen Schau im Museum Kunst der Westküste auf Föhr ab 25. November abschließen.

„Unser Ziel ist es, Kreativität zu leben und künstlerische Freiheit für alle ohne Einschränkungen zu ermöglichen“, lautet das Motto unter dem sich das MKdW für Bildung engagiert. Für die Umsetzung des Projekts, das für den Bundeswettbewerb für kulturelle Bildungspartnerschaften „Mixed-up“ nominiert ist und sich auch um den Deutschen Kita-Preis für frühe Bildung bewirbt, werden rund 8.500 Euro benötigt. Hotel Hüttmann in Norddorf, Steuerbüro Hesse Föhr/Amrum, die Föhr Amrumer Bank, der Rotary Club Amrum und engagierte Einzelpersonen auf Föhr und Amrum haben für das Projekt gespendet. Ulrike Wolff-Thomsen dankte auf der Vernissage allen Spendern für die großzügige Unterstützung.

Annette Isemann überreichte einen Scheck über 2.500 Euro vom Rotary Club Amrum – von links nach rechts im Bild: MKdW-Direktorin Ulrike Wolff-Thomsen, Michael Langenhan und Annette Isemann.

Der Rotary Club Amrum war eigens mit einer kleinen Delegation angereist, um seinen Scheck über 2.500 Euro zu übergeben. „Wir fühlen uns dem Museum Kunst der Westküste von Anfang an verbunden. Unser Club auf Amrum wurde im gleichen Jahr gegründet und unser erster Club-Ausflug führte uns sogleich nach Alkersum. Mit den Erlösen aus unserem alljährlichen Künstlerfest unterstützen wir schwerpunktmäßig die Förderung der Kinder- und Jugendarbeit auf Amrum“, sagte Michael Langenhan und dankte Kindergartenleiter Lothar Herberger dafür, dass er die Kinder so früh an die Kunst heranführe.

Für die Föhr-Amrumer Bank eG sei es eine Herzensangelegenheit, das Projekt zu unterstützen, sagte Prokurist Philipp Weber, als er Ulrike Wolff-Thomsen den Scheck von 2.750,-Euro überreichte. Und dann konnte sich die Direktorin des MKdW wie angekündigt tatsächlich „ganz entspannt zurücklehnen“, denn obendrauf gab’s gleich noch einen zweiten Scheck der Bank als Deckungszusage für die noch offenen Posten in der Finanzierung des Projekts.

Amrum News wird dieses ambitionierte Kunstvermittlungsprojekt begleiten und fortlaufend berichten.

Öffnungszeiten des Museums Kunst der Westküste in Alkersum auf Föhr: Di – So 10-17 Uhr, vom 1.11. – 6.1. 12-17 Uhr, 24.-26.12. geschlossen. Öffentliche Führungen „Emil Nolde und das Meer“ Di und So 13:30 Uhr

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Über Astrid Thomas-Niemann

Astrid Thomas-Niemann ist gelernte Schifffahrtskauffrau sowie studierte Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre als Schifffahrtsanalystin gearbeitet und lebt seit 2015 in Wittdün. Als junge Frau kam Astrid 1981 das erste Mal auf die Insel und besuchte auf Zeltplatz II die Niemanns aus Hamburg, die Amrum seit 1962 urlaubsmäßig die Treue halten, inzwischen bereits in der 4. Generation.

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