Ein Leuchtturm in fünf Monaten …


Manchmal weiß man nicht, in welche Rubrik so ein Text nun soll: neues Buch oder lieber Stammgast? Liebeserklärung? Hier ist nun mal alles zusammen und so schön auf den Punkt, mit Amrums Leuchtturm im Mittelpunkt und einer Inselliebe, die seit über dreißig Jahren währt: „Den Moment vergesse ich nie“, erzählt Barbara Kursawe am Telefon. „Mein damaliger Mann und ich, wir hatten den Süden satt und wollten mal im Norden Urlaub machen. So kamen wir nach Dagebüll. Wir haben einen Tagesausflug nach Amrum gemacht, ich stehe in Wittdün am Strand – in Badezeug – gucke über die Bucht und denke: Hier komm’ ich wieder hin, das ist meine neue Welt.“

So wars dann auch. Die heute 76-Jährige sieht zu, dass sie es jedes Jahr einmal schafft – „mindestens.“ Immer zünftig mit dem Zug quer durch Deutschland aus Bad Säckingen, am Hochrhein kurz vor Basel. Und nun kommt das Buch hinzu, das sie von ihrem Sohn zum 75. Geburtstag bekam und das sie nun auf die Insel mitbrachte. „Der Leuchtturm vom Amrum“: DAS Buch zum Turm, muss man sagen, denn der 54-jährige Kartograph Klaus Theißen hat seiner Mutter den Amrumer Leuchtturm gebaut – knapp einen halben Meer hoch im Maßstab 1:100 –, der in allem, was geht, dem Original gleicht. „Samt Kennung“, sagt Kursawe  und freut sich besonders, weil sich dazu nämlich der eine Sohn die Hilfe des anderen geholt hat, der als Elektroingenieur bestes auf solche Frickelei vorbereitet ist. Ansonsten: alles handmade. „Zusammengesucht aus der Wohnung und allen Kisten, Dosen und Regalen der Garage“, sagt sie und lacht. Kurzes Telefonat mit „Baumeister“ Klaus Theißen: „Fliegengitter, Stecknadeln und Klingeldraht“, zählt er auf. „Die Plattform oben zum Beispiel stützt ein Kreolenohrring. Und der Blitzableiter ist ein Käsespießchen.“

Sägen, hobeln, leimen, löten, malen: Fünf Monate hat das gedauert, und alles sorgfältigst aufgezeichnet und in einem Buch zusammengefasst. „Der Junge muss seine Mutter sehr lieben“, soll Wolfgang Stöck anerkennend gesagt haben, als er das Buch jetzt zu Gesicht bekam. „Alle Achtung!“ Jens Quedens, bei dem Barbara Kursawe seit zig Jahren eine Ferienwohnung bezieht, hatte damals den Kontakt vom Sohn zum Wasserstraßenschifffahrtsmenschen Stöck vermittelt, weil erstgenannter so gerne die Baupläne vom Amrumer Leuchtturm haben wollte – die er dann natürlich auch bekam. Das Buch gibts leider nur in Kleinstauflage: Außer der Amrumliebhaberin und ihren Söhnen, haben jetzt Wolfgang Stöck und Jens Quedens ein Exemplar. Wäre eigentlich schön, wenn der Leuchtturm auch eins hätte – an fetter Ankerkette! Denn das Teil ist wirklich hübsch geworden. Und in den 60 Seiten steckt so manch schönes altes Wissen, zum Beispiel dass damals beim Bau, 1874, als die schweren Granitsteine für die Wendeltreppe anlandeten, sich einige Bauarbeiter weigerten, diese „öde Insel“ zu betreten.

Wenn Barbara Kursawe nach Amrum kommt, dann läuft, läuft und läuft sie. „Ich muss alles immer wieder sehen, es könnte ja sein, das ich was übersehen habe.“ Und sie malt.  „Das mache ich dort, das kann ich zuhause nie.“

Eins noch. Das Foto der drei auf Amrum ist nicht Corona-tauglich. Dennoch erscheint es hier. Wir haben Barbara Kursawe darauf angesprochen: „Ich habe auch überlegt, was mache ich jetzt, hole ich die Maske. Aber wir drei kennen uns, wir sind gesund und seit über zwei Wochen zusammen auf dieser Insel. Es war für uns alle einfach ein glücklicher Moment.“

Alle Abbildungen aus dem Buch von Klaus Theißen

Über Undine Bischoff

Journalistin und Texterin. Fuhr mit drei Jahren zum ersten Mal über den Kniep – in einer Schubkarre. Weil ihr Vater da draußen eine Holzhütte baute, zwanzig Feriensommerjahre lang. Betextet Webseiten und Kataloge, schreibt für verschiedene Medien und natürlich für Amrum News.

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