Viel Betrieb im Wattenmeer zwischen Amrum und Föhr …


“Embla R” hat den Sand vor Föhr abgeliefert und fährt erleichtert zur erneuten Sandaufnahme zurück

Viele Wasserfahrzeuge befinden sich derzeit im Wattenmeer zwischen Amrum und Föhr. Was sind das für welche und was machen die da?

Das größte Schiff, der Hopperbagger „EMBLA R“, ist dort zeitweise zu sehen, immer dann wenn er den Sand für die Utersumer Küste bringt. Aufgrund seines Tiefganges (beladen sind es zwischen ca. 4 bis 5 Meter) kann dieser nur bei Hochwasser in das Amrumtief einfahren um dort den Sand über eine ca. 5 Kilometer lange Spülrohrleitung weiterzugeben. Um eine ausreichend hohe Strömungsgeschwindigkeit des Sand-Wasser-Gemisches über diese Spülleitung sicherzustellen werden zwei Schiffsentladestationen (Booster, diese werden benötigt um eine ausreichend hohe Strömungsgeschwindigkeit des Sand-Wasser-Gemisches über die gesamte lange Rohrleitung sicherzustellen) eingesetzt. Die Verbindungsstelle „TYR R“ liegt im Amrumtief zwischen Nebel auf Amrum und Witsum auf Föhr. Hier ist der Koppelpunkt zwischen Leitung und Schiff. Die Spülerliegestelle „GYLFE R“ liegt im Föhrertief zwischen der Amrum-Odde und Hedehusum auf Föhr.

Zudem pendeln im Wattenmeer zeitweise Schlepper, das sind bzw. waren: SKINFAXE, LOKE R, SLEIPNER R.

 

Warum benötigt die Utersumer Küste eine Sandaufspülung?

Für die sandige Küste im Südwesten der Insel Föhr vor der Gemeinde Utersum ist eine Sandaufspülung vorgesehen, wenn – der Inselsockel freiliegt und weitergehende Erosionen die Inselsubstanz gefährden würden – eine definierte Küstenbasislinie unterschritten wird – Bauwerke an der Küste in ihrer Standsicherheit gefährdet sind Die ersten beiden Kriterien sind aktuell für den Strand von Utersum erreicht und machen, neben dem errechneten Sanddefizit, eine Sandaufspülung notwendig. Schreitet der Sandrückgang weiter voran, ist auch das dritte Kriterium an der südwestlichen Inselspitze der Insel Föhr in naher Zukunft erfüllt. (Quelle: Küstenschutzbauwerk, Landesbetrieb Küstenschutz Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein vom 12.7.2021)

Seit Anfang Mai laufen auf der Nachbarinsel Föhr am Strand von Utersum Arbeiten zum Küstenschutz und da der Sand mit dem Hopperbagger immer nur bei Hochwasser angeliefert werden kann, wird rund um die Uhr gearbeitet. Bis Ende September soll diese Maßnahme abgeschlossen sein und rund 9 Millionen Euro kosten.

Für die Strandaufspülungen zum Zwecke des Küstenschutzes wird die Entnahme des Spülsandes im Seegebiet westlich der Insel Sylt stattfinden, dieser Sand ist sehr gut für die Aufspülung zum Zweck des Küstenschutzes geeignet. Das hat sich aufgrund der langjährigen Erfahrung beim Einsatz an der Küste von Sylt mit deutlich stärkerem Energieeintrag bewiesen.

Die Südküste der Insel Föhr verliert pro Jahr rund 62.000 m³ Sand. Bei der Sandaufspülung soll mindestens so viel Sand eingespült werden, wie seit der letzten Sandaufspülung abgetragen wurde und es soll soviel Sand sein, wie der Abtrag in den nächsten zehn Jahren zu erwarten ist.

 

“Bohren die da nach Öl” fragte sich so mancher Spaziergänger beim Blick nach Föhr …

200.000 Kubikmeter Sand für Föhr

200.000 m³ Sand sollen mit Hilfe des Hopperbagger „EMBLA R“ vor Sylt entnommen werden und ca. 70 Kilometer bis nach Föhr transportiert werden.

Pro Schiffsladung können bis zu 2.200 Kubikmeter (3.500 Tonnen) Sand transportiert werden, d.h. es sind mindestens 90 Fahrten für die Küstenschutzmaßnahme vor Föhr erforderlich.

Ein Sand-Wasser-Gemisch wird mit einem Saugkopf vom Seegrund entnommen und in den Laderaum des Schiffes gespült. Das überschüssige Wasser fließt aus dem Laderaum wieder zurück, es verbleibt nur das Baggergut im Laderaum. Nach dem Befüllen des Laderaumes fährt das Schiff, westlich von Sylt und Amrum, vorbei am Wrack der Pallas durch das Rüttergat, der Norderaue hinein ins Amrumtief zur Übergabestation. Von da aus wird mittels Druckerhöhungsstationen das Sand-Wasser-Gemisch durch eine Rohrleitung direkt an den Utersumer Strand gepumpt. Dort verteilen dann Planierraupen den Sand.

 

Druckerhöhungsstation “Tyr R” ©rhode-nielsen

Aber warum der 70 Kilometer lange Seeweg, hätte man den Sand nicht an der Amrum Odde übergeben können?

Alle möglichen Rohrleitungstrassen um die Amrumer Odde in den Aufspülbereich wurden als schwierig eingestuft, da hier bei stärkeren Westwinden auch mit stärkerem Seegangsangriff zu rechnen ist. Dies birgt ein höheres Ausfallrisiko bei den eingesetzten Schiffen, da diese ab einem gewissen Seegang nicht mehr an die Übergabestation ankoppeln können. Auch die Durchfahrt durch die Sände südlich vor Sylt ist auf Grund der geringen Wassertiefen, wenn überhaupt, nur mit sehr kleinen Schiffseinheiten möglich und damit in Anbetracht der insgesamt relativ großen Transportentfernung unwirtschaftlich.

So wurde der südliche Weg um Amrums herum gewählt. Die Spülleitungen liegen in Lee der Insel Amrum und sind somit vor dem meistens aus West kommenden Wind und somit auch vor Seegang geschützt. Durch diese deutlich günstigere Lage wird das Ausfallrisiko mit den negativen Auswirkungen wie Verlängerung der Bauzeit und dem Ansteigen der Baukosten deutlich reduziert.

 

Warum findet diese Maßnahme inmitten der Wurf- und Aufzuchtzeit der Seehunde statt?

Ein Eingriff, wie die Entnahme aus den (Außen-) Sänden des Wattenmeers widerspricht den Zielen des Nationalparks, da es eine Beeinträchtigung der ökologischen Verhältnisse, insbesondere der Fauna (Sände sind u. a. Wurf- und Rastplätze für Seehunde und Robben) darstellt.

Viele Küstenvögel brüten bzw. haben derzeit schon Nachwuchs im strandnahen Bereich und sollten möglichst nicht gestört werden. Der nördliche Teil des Aufspülbereiches wird stark von Touristen geprägt, sodass in diesem Gebiet mit brütenden Vögeln kaum zu rechnen ist. Bei den seeseitigen Arbeiten im Watt sind Bautätigkeiten während den Zeiten der Mauser der Eiderenten, Wurf- und Aufzuchtzeiten der Seehunde und Kegelrobben, vor allem bei Niedrigwasser zu vermeiden. Sind in diesem Zeitraum Arbeiten im Wattbereich erforderlich sind diese zur Eingriffsminimierung bei Hochwasser auszuführen. (Auszug aus der Genehmigungsunterlage des LKN.SH für das Föhrer Küstenschutzbauwerk vom Juli 2021)

 

Wie stark werden die Seehunde in diesem Gebiet gestört?

Inwieweit stören die Sandvorspülmaßnahmen die Seehunde und vor allen den Nachwuchs?

Seehunde bringen ihre Jungen unter anderem auch auf den Sandbänken im Watt auf die Welt und folgen der Mutter bereits bei der ersten Flut ins kalte Nass.

Eine Küstenschutzmaßnahme muss in der sturmfreien Zeit (Frühjahr/Sommer) stattfinden und damit die Störungen in der Fauna so gering wie irgendwie möglich ausfallen, mussten die Spülrohre bis Anfang Juni, also vor der beginnenden Geburts- und Aufzuchtzeit der Seehunde, verlegt werden. Man geht davon aus, dass die eigentlichen Spülarbeiten die Seehunde kaum stören.

„Es wurden tragbare Kompromisse für diese erforderlichen Arbeiten gefunden“, so Armin Jeß von der Nationalparkverwaltung in Tönning.

Andere halten diese getroffenen Kompromisse für nicht ausreichend genug und sehen die Störungen im sensiblen Gebiet eher kritisch. Sie hoffen, dass die Seehunde durch die zahlreichen Fahrten der Arbeitsschiffe im Wattenmeer zwischen Föhr und Amrum und den Störungen durch die Anlieferungen des Sandes mit einem Hopperbagger, der Sand wird mit Hochdruck durch die Spülrohre vom Schiff über Druckerhöhungsstationen an die Utersumer Küste transportiert, letztendlich nicht ganz aus diesem Gebiet vertrieben werden und das auch die anderen „Wattenmeerbewohner“ dort weiterhin ihr zuhause haben werden und der Nachwelt hier erhalten bleiben.

 

Technische Daten Hopperbagger „EMBLA R“:

Länge: 85,40 m

Breite: 17,40 m

Tiefgang: 3,80 – 5,00 m (beladen)

Geschwindigkeit: ca. 12 Knoten

Antrieb: Diesel-Elektro-Hybrid

Leistung: 7.050 KW

Baujahr: 2021

Flagge: Dänemark

Eigner: Rohde Nielsen A/S

Bei der „Embla R“ handelt es sich nach Aussage des Eigners wahrscheinlich um einen der innovativsten und umweltfreundlichsten geteilten Schleppsaugbagger, die je gebaut wurden.

Er erfüllt bzw. übertrifft die Europäische Abgasnorm Stufe V.

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Über Gerd Arnold

Gerd Arnold, 1957 in Nebel auf Amrum geboren. Ein „echter“ Amrumer mit der friesischen Sprache (öömrang) aufgewachsen. Bis 1972 die Schule in Nebel besucht, danach Elektroinstallateur in Wittdün gelernt. 1976/77 in Wuppertal den Realschulabschluss nachgeholt. Ab Oktober 1977 als Berufssoldat bei der Bundesluftwaffe und seit November 2010 Pensionär. Nach vielen Jahren der verzweifelten Suche nach passenden „bezahlbaren“ Wohnraum auf Amrum endlich fündig geworden, seit Februar 2022 wieder ständig auf Amrum. 2019 ins Team der Amrum News integriert, aber das soll neben dem Angeln nicht die einzige Aktivität auf der Insel bleiben.

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