Biakefeuer auf Amrum …


Lichterloh brannten sie wieder, die fünf Biakefeuer auf Amrum. In Norddorf, Nebel, Süddorf, Steenodde und Wittdün versammelten sich Amrumer und Gäste an den Feuern zum „biaken“. Die jeweiligen Feuerwehren entfachten und bewachten die Flammen und versorgten die Besucher mit Speis und Trank. Ein starker Wind aus südlichen Richtungen heizte die Feuer ordentlich an und trieb die Rauchfahnen nach Norden. Eigentlich war bereits für den Nachmittag des Biaketages, wie auch schon an vielen Tagen zuvor, starker Regen angesagt. Der setzte jedoch erst nach 19:00 Uhr ein, so dass alle Besucher der Feuer zumindest das Entzünden der Biakehaufen und die die erste Stunde der Feier trocken verbringen konnten. Allerdings wurde der Regen im Verlauf des Abends heftiger und viele begaben sich frühzeitig auf den Heimweg oder zum Grünkohlessen.

An vielen Orten in Nordfriesland werden am Abend des 21. Februars, am Vorabend des „Piadersdai“  (Kathedra Petri = Petri Stuhlfeier, Fest der römisch-katholischen Kirche, das u. a. in manchen Gegenden als Frühlingsbeginn galt), entzündet. Dies wird auf Amrum eben „biaken“ genannt. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich diese Tradition auch in ihrer Bedeutung mehrfach gewandelt und kann heutzutage auch als Touristenattraktion angesehen werden.

Schon in vorchristlicher Zeit diente diese Art von Frühlingsfeuer zur Abwehr böser Geister mit dem man sich ein gutes Gedeihen einer Saat erhoffte. Im Mittelalter wurde dieser Brauch von der Kirche heftig kritisiert und als heidnische Abgötterei verurteilt. In Nordfriesland war das „biakin“ der Auftakt zum wichtigsten Gerichtstag, dem Frühjahrsthing. Hier wurden die Harden zusammengerufen und u. a. auch die Heuerverträge der Seeleute geschlossen, die im 17. Und 18. Jahrhundert die Inseln v. a. in Richtung Holland und Hamburg verließen um von dort aus zum gefahrvollen Walfang ins nördliche Eismeer aufzubrechen. Oftmals bedeutete hier das „biakin“ ein letztes Fest im Kreise der Familie und ein letzter Gruß von der Insel. Zu dieser Zeit fand das Ereignis noch mit wechselndem Datum statt, die Festlegung auf den 21. Februar wurde erst 1831 auf Anregung des Sylter Lehrers C.P. Hansen vorgenommen. Zwischenzeitlich war diese Tradition in Vergessenheit geraten, da in den Kriegswirren der napoleonischen Zeit Seefahrt und Walfang nahezu gänzlich zum Erliegen gekommen waren und zudem im Jahre 1808 das Abbrennen der Feuer aus Angst vor einer Invasion der Engländer verboten worden war.

Früher war Brennmaterial knapp, Amrum war nahezu frei von Bäumen. Verbrannt wurden v. a. Heide und Ginster, die Schüler an einem extra dafür frei bekommenen Schultag zusammentrugen. Die Bauern spendeten Stroh, das an Stangen gebunden wurde. So entstand das „biakin“. Eine in Lumpen gekleidete Strohpuppe, der „Piader“, der das Böse symbolisiert, wurde an einem Stock aufgespießt und ins Feuer geworfen. Die Sitte sich gegenseitig die Gesichter mit Ruß zu beschmieren brachten erst nach dem 2. Weltkrieg die vielen Flüchtlinge aus den östlichen Landschaften mit nach Amrum. Durch die großen Aufforstungsmaßnahmen der 1950er und 1960er Jahre war dann viel Brennmaterial vorhanden und die Notwendigkeit Heide für die Feuer zu gewinnen war nicht mehr gegeben. Dieses Heideernten konnte eigentlich auch als eine natürliche Heidepflege angesehen werden, die ja ganz aktuell auch fachmännisch vorgenommen wird. Es gab nun also viel Holz. Garten- und Baumbesitzer waren froh den jährlich anfallenden Baumschnitt kostengünstig entsorgen zu können und sind es heute auch noch. Manch ein Dorfbewohner hat allerdings in früheren Jahren  das Biakefeuer auch dazu genutzt Sperrmüll zu entsorgen. Im Zeichen eines gesteigerten Umweltbewusstseins findet diese „Unsitte“ heutzutage Gott sei Dank nicht mehr statt. Hoffentlich.

Über Peter Totzauer

Dr. med. Peter Totzauer, Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Anästhesie, Notfallmedizin, Spezielle Schmerztherapie, geb. 1954 in Fürth/Bay.,hat, bedingt durch den Beruf des Vaters, als Kind u.a. 4 ½ Jahre in Frankreich gelebt. Abitur 1974 in Köln, Studium der Humanmedizin an der Universität Bonn. Seit 1982 ärztlich tätig, davon viele Jahre als Oberarzt in der Anästhesie und als Leitender Notarzt in Euskirchen. War 2007 für ein halbes Jahr im Rahmen einer „Auszeit“ vom Klinikalltag bei seiner Lebensgefährtin Claudia auf Amrum. Dies hat ihm so gut gefallen, dass er seit Ende 2008 seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ganz auf die Insel verlegt hat und hier seit 2010 mit in der „Praxis an der Mühle“ arbeitet. Er hat zwei erwachsene Kinder, sein Sohn ist niedergelassener Physiotherapeut in Neuss, seine Tochter ist Lehrerin an der Öömrang Skuul.

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