Lebensraum auch auf privaten Grundstücken…(to)


Muss es immer der englische Rasen sein, der private Gärten und öffentliche Grünanlagen ziert?

Muss es immer der englische Rasen sein...
Muss es immer der englische Rasen sein...

Diese Frage stellt sich Karsten Schult, Bäckermeister aus Norddorf, vor dem Hintergrund, dass es augenscheinlich immer ruhiger wird auf den Grünflächen im Dorf. Intensiv gepflegte Rasenflächen und Wiesen lassen leider keinen Spielraum für eine artenreiche Besiedelung durch Insekten. Dies zieht nach sich, dass Singvögel dort nicht genug Nahrung finden, um ihren Nachwuchs aufzuziehen. „Hierfür gibt es auch keinen Ersatz. Nur wo die Umweltbedingungen ein reiches Insektenvorkommen erlauben, können Singvögel überleben“, zeigt sich Schult überzeugt.

Mit einem aktuellen Appell an alle Grundstückseigentümer möchte er an eine Initiative der Amrumer Jägerschaft anknüpfen. Diese hatte sich für die Anbringung von Nistkästen eingesetzt und mit einer Beratungs- und Verkaufsaktion auf ihrem Weihnachtsmarkt vor zwei Jahren Flagge für die Lebensbedingungen der gefiederten Freunde gezeigt.

„Ich bin unserem Bürgermeister Peter Koßmann dankbar, dass er auf mein Bitten die sogenannte Bäckerwiese im Dorf aus der regelmäßigen Mähung herausgenommen hat. Dort konnten sich neben dem Gras auch viele Wiesenblumen entwickeln und blühen. So ergab sich ein schönes Naturbild und gleichzeitig sah die Wiese inmitten des Dorfes nicht ungepflegt aus“, freut sich Karsten Schult. Auch private Grundstücksbesitzer konnte er bereits dafür begeistern, den regelmäßigen Rasenschnitt auf Teilen ihres Areals auszusetzen.
Armin Jeß, Leiter des Carl Zeiss Naturzentrums des Öömrang Ferians, sieht den Sachverhalt genauso und versteht die Beweggründe des Bäckermeisters. „Wenn alle Flächen gemäht und aufgeräumt sind, haben viele Insekten weniger Nahrung und Lebensraum. In einer solchen Wiese leben viel Spinnen, Falter Schmetterlinge sowie deren Larven und Raupen. Diese Insekten sind dann wieder Nahrung für unsere Singvögel, die gerade bei der Aufzucht der Jungen auf die eiweißreiche Nahrung aus Insekten und Larven angewiesen sind“, erklärt Armin Jeß. „Die vielen Blumen kommen natürlich auch den Bienen und Hummeln zugute und darüber freuen sich besonders die örtlichen Imker. Der Natur bekommt es am besten, wenn Sie ein strukturreiches Umfeld hat. Also am besten ein paar Büsche und Bäume, einen Komposthaufen. Irgendwo noch einen Laub- und Asthaufen für zum Beispiel die Igel im Winter. Dann viele Beet mit Blumen oder Gemüse und natürlich auch Freiflächen mit Wiesenblumen. In diesem Sinne sind macht es Sinn seine Rasenflächen nur ein oder zweimal im Jahr zu mähen und sie sich ansonsten frei entwickeln zu lassen. Man kann diesen Prozess auch durch verschiedene käufliche Wiesenblumenmischungen unterstützen. Dies macht besonders Sinn, wenn kaum noch “natürliche Ressourcen” vorhanden sind. Das heißt, dass der Rasen durch das viele Mähen kaum noch Blumen enthält“.

Der Rohbau für das Insektenhotel steht bereits ...
Der Rohbau für das Insektenhotel steht bereits ...

Ein ganz besonderes Projekt ist derzeit auch noch in der Umsetzung von Karsten Schult. „Für den Naturerlebnisraum Vogelkoje Meeram baue ich ein sogenanntes Insektenhotel. Diese Überdachte Ragalkonstruktion bietet in verschiedenen Etagen optimalen Lebens- und Aufzuchtraum für verschiedenste Insektenarten. Die Ausstattung wird mit verschiedensten naturbelassenen Materialien, wie zum Beispiel Holz (Baumscheiben, Äste, Holzwolle), Baumrinde, Stroh, Heu, Schilfrohr und Bambusstäben ausgeführt. Daneben dienen poröse und durchlöcherte Hohltonziegel als Baustoff“, beschreibt Schult das Projekt. „Ich hatte mir die Auswahl fast etwas einfacher vorgestellt. Doch nicht jeder Kanal ist geeignet. Eine Insektenart bevorzugt glattwandige Löcher, andere kommen wieder mit raueren Strukturen besser klar. Der Rohbau ist geschafft, doch bevor die „Pension“ aufgestellt werden kann dauert es noch ein wenig“, gesteht er sich ein.
Im Rahmen des Naturerlebnisraums wird das Insektenhotel einen hohen Anschauungs- und Lehrwert haben. Aus nächster Nähe können die Kinder dann die Biologie der Insekten betrachten. Der ideale Standort für ein Insektenhotel sollte gleichzeitig vollsonnig und witterungsgeschützt sein. So ist die benötigte Wärme vorhanden und es ist ausreichender Schutz vor Wind und Niederschlägen vorhanden, sodass die Insekten das künstliche Quartier auch annehmen. Ein Nebeneffekt ist, dass die verbauten Naturmaterialien so möglichst lange halten.
Verantwortlich für diesen Artikel: Thomas Oelers

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Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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One comment

  1. Hallo Karsten!

    War schön, Dich Anfang Juni wieder getroffen zu haben (Stich-
    wort: Aktionismus). Teile Deine Einstellung vollkommen und
    stehe in Gedanken bei all Deinen Vorhaben in der Natur der Insel Dir zur Seite. Freue mich schon heute auf ein Wiedersehen mit Dir auf unserer Insel!

    Herzlichst

    Manfred

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