Am Montag, dem 18.12. wird gefeiert, denn genau vor 30 Jahren, am 18. Dezember 1987, eröffnete Familie Kruggel die Louisen-Apotheke in Wittdün auf Amrum.
„Wir möchten am Montag mit allen, die Lust haben, auf unser 30-jähriges Bestehen anstoßen“, sagt Julia Kruggel, die damals erst zehn Jahre alt war und die Apotheke seit 2012 leitet. „Vor allem möchten wir uns für das Vertrauen, das man uns schon seit so vielen Jahren entgegen bringt, bedanken. Mir ist es sehr wichtig, dass sich der Kunde gut beraten fühlt, und Vertrauen ist doch die Grundvoraussetzung dafür.“
Während der Öffnungszeiten von 9.00 – 12:00 und von 15:00 – 18:00 Uhr wird eine Glücksrad-Aktion stattfinden, in der Spezialitäten der Louisen-Apotheke zu gewinnen sind, und es wartet eine kleine, feine Überraschung auf die Kunden. „Welche, wird noch nicht verraten“, schmunzelt Julia Kruggel. (Warum will mir jetzt bloß eine bestimmte Farbe nicht aus dem Kopf gehen?) Das Apotheken-Team wird da sein, natürlich auch die Gründer Christine und Dr. Jürgen Kruggel und die langjährige Angestellte Renate Gebauer.
Als Julia vor sechs Jahren die Leitung der Apotheke von ihrem Vater Jürgen übernahm, setze sie die Familientradition fort. 2009 hatte es sie zurück an den Ort ihrer Kindheit gezogen, zusammen mit ihrem Mann Tom und den Zwillingen, die damals ein Jahr alt waren. Sie hat die Entscheidung nicht bereut, kommt immer noch jeden Tag gern in die Apotheke und freut sich auf ihre Arbeit. Ihr Mann, der aktuell noch mit dem vierten Kind in Elternzeit ist, kümmert sich um Buchhaltung und Logistik. Das war vorher der Job seiner Schwiegermutter.
„Bei uns hat die Übergabe von einer Generation zur nächsten wirklich gut geklappt“, sagt Julia Kruggel. „Mein Papi unterstützt mich, aber er lässt mich machen.“ Wahrlich keine Selbstverständlichkeit, weiß Jürgen Kruggel aus eigener Erfahrung, denn sein Vater war ebenfalls Apotheker.
„Aber ich habe mich weitgehend zurückgezogen. Langsam, aber sicher! 40 bis 50 Jahre als Apotheker sind doch wirklich genug“, schmunzelt der Mann mit dem hintergründigen Humor. Dabei hatte der promovierte Pharmazeut nach seinem Studium auf gar keinen Fall eine öffentliche Apotheke übernehmen wollen und arbeitete zunächst als Autor für den NDR und Dozent an der PTA-Schule. Als die Kinder geboren wurden und Christine Kruggel ihre Arbeit als Dolmetscherin aufgab, übernahm er dann aber doch die Apotheke seines Vaters, bis er 1987 zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern nach Amrum zog und die Louisen-Apotheke eröffnete.
Treibende Kraft war Christine Kruggel. Sie wollte mit den drei Kindern unbedingt zurück nach Amrum, wo sie ihre frühe Kindheit verbracht hatte. Bis sie in die Schule kam, lebte sie in dem 1921 auf der oberen Wandelbahn erbauten Sommerhaus der Familie ihrer Mutter, in dem die Kruggels heute noch wohnen. „Erst als ich eingeschult wurde, konnten wir wieder in unser Haus direkt neben dem Rowohlt Verlag in Reinbek bei Hamburg ziehen, das nach dem Krieg von der britischen Besatzungsmacht requiriert worden war.“
Jürgen Kruggel war erst skeptisch. Amrum als Urlaubsrefugium während der Sommermonate – ja, aber hier arbeiten und dauerhaft leben? Mit dieser Entscheidung tat er sich schwer. Es hat zehn Jahre gedauert, bis sich in Wittdün ein geeignetes Haus für eine Apotheke in zentraler Ortslage fand und Kruggels das Risiko eingingen, eine zweite Apotheke auf der Insel zu eröffnen. Damals gab es nur die Apotheke von Frau Klint in Nebel, und in den Monaten zwischen Oktober und Mai kamen so gut wie keine Gäste nach Amrum.
Das Haus in der Inselstraße 19 gehörte Christine Petersen und hieß nach deren Tochter „Marie-Louise“. Als die alte Frau Petersen verstarb, verkauften es die Kinder, denn die Tochter lebte auf Sylt und der Sohn, Max Petersen („Max Bier“), nutze zwar den Eiskeller als Lager für seine Getränke, hatte sein Geschäft aber woanders.
Peter Paulsen hat das Haus dann zur Apotheke umgebaut, Heiko Sörensen war der Architekt. „Für eine Apotheke gab es ein gesetzliches Mindestmaß von 140 qm“, erzählt Jürgen Kruggel. Also wurde die ganze untere Etage vollkommen entkernt, der Eiskeller abgerissen und durch einen Anbau für das Labor und weitere Nebenräume ersetzt. „Die alten hölzernen Treppenpfeiler und die gedrechselten Sprossen fanden wir so schön. Sie wurden später in unserem Wohnhaus verbaut. Ich war jeden Tag auf der Baustelle, und trotzdem ist zwischendrin einiges schief gegangen“, erinnert sich Christine Kruggel an den Umbau des Wohnhauses „Marie-Louise“ zur Louisen-Apotheke.
Was sich in den letzten 30 Jahren geändert habe, möchte ich von den Pharmazeuten wissen. „Der Verwaltungsaufwand ist heute viel größer“, sagt Jürgen Kruggel. „Wenn Julia heute einem Patienten der Inselärztin auf Rezept eine Salbe anrührt, benötigt sie zweimal soviel Arbeitszeit für die Dokumentation wie für den Herstellungsprozess.
„Dass es Internet-Apotheken gibt“, antwortet Julia Kruggel. Das sei hier auf Amrum zwar kein so großes Problem wie auf dem Festland, aber man müsse sich dennoch damit auseinandersetzen. „Wir können hier alle Medikamente binnen eines halben Tages beschaffen. So schnell ist kein Paketdienst. Und verschreibungspflichtige Medikamente sind in der Internet-Apotheke nicht günstiger, wie viele glauben. Sie unterliegen der Preisbindung, egal wo man sie bestellt.“ Andere pharmazeutische Produkte könnten natürlich günstiger angeboten werden, da die laufenden Kosten einer reinen Versandapotheke viel niedriger sind als die einer niedergelassenen, die die Akutversorgung sicherstellen muss. Man sollte aber genau hinschauen, nicht nur beim Preis, sondern auch bei der Arzneimittelsicherheit, rät Julia Kruggel und gibt zu bedenken: „In der Internet-Apotheke gibt es keine Beratung zu Risiken, Nebenwirkungen oder möglichen Wechselwirkungen.“
Und was hat sich nicht geändert? Dass Menschen krank werden und gesundheitlichen Rat in der Apotheke suchen. Und dass die Versorgung mit Medikamenten 365 Tage im Jahr rund um die Uhr gewährleistet sein muss.
Die beiden Amrumer Apotheken teilen sich die Akutversorgung. Dadurch hat jede Apotheke ein halbes Jahr Notdienst. „Ich wechsle mich mit Sybille Franz in Norddorf wöchentlich jeden Montagmorgen ab. Notdienst bedeutet ja auch, dass ein approbierter Apotheker erreichbar sein muss. Da geht man dann lieber nicht ins Kino oder groß aus“, weiß Julia Kruggel. Bei den kurzen Wegen auf Amrum muss man zwar nicht in der Apotheke übernachten, doch wer Rufbereitschaft hat, schläft auch im eigenen Bett nicht wirklich fest.
Erst seit etwa zehn Jahren dürfen Apotheken – auf Antrag – auch Betriebsferien machen, sofern die Akutversorgung in dieser Zeit durch eine andere Apotheke gesichert ist. „Vor vier Jahren haben mein Mann und ich zusammen drei Wochen Urlaub in Südafrika gemacht“, erzählt Christine Kruggel. „Das war unser längster Urlaub in 30 Jahren!“
Haben die Kruggels ihre Entscheidung bereut? „Nein, wir sind hier absolut glücklich und haben die Entscheidung, nach Amrum zu ziehen, nie bereut.“ Jürgen Kruggel sagt, er sei froh, dem Wahnsinn auf dem Festland entkommen zu sein, wo sich die Apotheken inzwischen richtige Preiskämpfe lieferten. „Dort ist man als Apotheker ja nur noch ein Verkäufer und der Büro- und Verwaltungsgehilfe der Krankenkassen. Das ist hier auf Amrum zum Glück noch anders.“