Freiwillig im Dienst auf Amrum


Wir erleben hier ein ganz besonderes Jahr – von links nach rechts: Lorenzo (FSJ Jugendherberge), Dorothea (BFD Nordseeklinik), Annika (BFD Nordseeklinik), Ronja (FSJ Satteldüne), Maj (FSJ Satteldüne), Marline (FSJ Satteldüne), Carolina (FÖJ Schutzstation), Amelie (FÖJ Schutzstation), Jonas (FSJ Satteldüne), Vanessa (FSJ, Kindergarten), Sarah (BFD Nordseeklinik), Anika (FÖJ Naturzentrum)

Sie arbeiten für ein Taschengeld und leisten für die Gesellschaft in vielen sozialen, kulturellen und ökologischen Bereichen einen unverzichtbaren Dienst, der auch auf Amrum längst nicht mehr wegzudenkenden ist: „FÖJler-innen“, „FSJler-innen“ oder „Bufdies“, wie sie im abkürzungsliebenden Fachjargon scherzhaft genannt werden. (Die wesentlichen Unterschiede haben wir am Ende des Artikels für Sie zusammengefasst.)

Amrum News wollte wissen, was das für hochmotivierte junge Leute sind, die uns sommers wie winters die Natur des Wattenmeeres näher bringen oder die Kinder in den verschiedenen sozialen und medizinischen Einrichtungen der Insel betreuen und lud zum Erfahrungsaustausch in die „Blaue Maus“.

Fast 30 junge Leute sind für verschiedene Träger in den unterschiedlichsten Vereinen und Einrichtungen der Insel zurzeit im Einsatz. Sie arbeiten in der Schutzstation Wattenmeer, im Naturzentrum des Öömrang ferian, in der Fachklinik Satteldüne, der AOK-Nordseeklinik, dem Kindergarten Flenerk & Bütjen Jongen, der Jugendherberge des DJH in Wittdün und dem ADS-Schullandheim Ban Horn in Norddorf.

Es ist spannend, wie vielseitig die Aufgaben sind, die von den Freiwilligen in den verschiedenen Einrichtungen übernommen werden. Die Bandbreite reicht vom Frühstücken mit den Kindern, über Lern- und Bewegungsspiele, Windeln wechseln, Hausaufgabenbetreuung, Vögel zählen, Pflöcke einschlagen, Müll sammeln, Wattwurm graben, Birkenschösslinge entfernen, Bernstein schleifen, Essen ausgeben, Hummer füttern, Dünen erklären, bis Knoten binden und Türen abschließen. Alle Freiwilligen auf Amrum sind in gewisser Weise mit Bildung und Erziehung befasst und „Mädchen für alles“, wenn’s personalmäßig mal kneift.

So thematisch unterschiedlich die Tätigkeiten im Naturschutz und in der Kinder- und Jugendbetreuung auf Amrum im Einzelnen auch sind, eines haben sie gemeinsam: Sie sind gesellschaftlich sinnvoll, jedoch mit fest angestellten Arbeitskräften nicht finanzierbar. Die Stellen müssen „arbeitsmarktneutral“ sein, erklärt Henning Volmer, der Leiter des Norddorfer Naturzentrums. Er selbst hat hier auch schon seinen Zivildienst geleistet und hatte die Idee zu diesem Artikel.

Unsere Arbeit ist sehr abwechslungsreich – von links nach rechts: Moritz (BFD Jugendherberge), Daniel (FÖJ Naturzentrum), Lorenzo (FSJ Jugendherberge), Dorothea (BFD Nordseeklinik), Annika (BFD Nordseeklinik), Ronja (FSJ Satteldüne), Maj (FSJ Satteldüne)

Zum Treffen in die „Maus“ kamen Dorothea aus Reutlingen, Annika aus Buchholz bei Hamburg, Ronja aus Lüneburg, Maj aus der Nähe von Stuttgart, Marline aus der Nähe Mainz, Carolina aus Braunschweig, Amelie aus Bochum, Jonas aus Heilbronn, Vanessa und Sarah von Amrum, Anika aus der Nähe von Dresden, Moritz aus Schwarzenbek bei Hamburg, Daniel aus Rüsselsheim und Lorenzo aus Freiburg.

Sie stellten sich in großer Runde vor. Nur zwei der zwölf „Nicht-Amrumer“ waren vorher noch nie auf der Insel, und obwohl fast alle Freiwilligen ihren Dienst schon zwischen August und Oktober letzten Jahres angetreten haben, kannten die meisten sich untereinander noch nicht. So gab es natürlich viel zu erzählen und jede Menge Aha’s und Oho’s, besonders als die beiden „Inselkinder“ unter den Freiwilligen erzählten, dass fast alle ihrer Freunde auf dem Festland sind und nur am Wochenende kommen.

„Warum macht Ihr einen Freiwilligendienst auf Amrum?“, wollte Amrum News von der Runde wissen und fasst die einzelnen Antworten hier einfach mal zu einer zusammen:

„Ich mache das für mich, um Erfahrungen zu sammeln. Man kann viele Leute kennenlernen. Die Touristen fragen, was man nach dieser Zeit machen möchte und geben einem berufliche Tipps und gute Ratschläge. Die Natur auf Amrum ist ganz besonders. Man ist weit weg von zuhause, aber nicht im Ausland. Ich interessiere mich für Naturschutz. Ich wollte mal ganz was anderes machen, draußen in der Natur sein. Ich brauchte mal Abstand von zuhause. Zufall: Nordsee oder Alpen. Berufliche Orientierung. Ich mag kleine Kinder. Bloß mal ein Jahr nicht so lernen wie in der Schule! Allein leben. Sich selbst finden. Ich mache mein Praxisjahr für den Fachhochschulabschluss und wollte zurück nach Hause. Für mich war klar: Ich wollte schon immer mal auf der Insel leben. Ich kannte Amrum überhaupt noch nicht.“

Amrum gehört zu den „Top“ Naturschutz-Stellen im Norden. Jedem Bewerber für einen Freiwilligendienst müssen vom Träger zwei Stellen zur Auswahl angeboten werden. Im letzten Jahr lag die Schutzstation Wattenmeer hinter der Seehundstation Friedrichskoog auf Platz 2 der Erstwunschliste. 64 Bewerber hatten Amrum als Favorit angekreuzt, 30 haben sich vorgestellt (Anreise auf eigene Kosten), aber nur drei konnten genommen werden (2 FÖJ, 1 BFD). Gewöhnlich sind es vier wie beim Öömrang ferian in Norddorf.

Die Schutzstation Wattenmeer stimmt ihre Arbeit mit dem Naturzentrum in Norddorf ab, aber in Wittdün sind die Freiwilligen auf sich selbst gestellt, denn ihre beiden Chefs arbeiten auf Langeness und Hooge. Anders in der Jugendherberge. Dort bilden die drei FSJler und Bufdies ein Team mit dem Hausmeister. Sie werden jeweils um einen Monat versetzt eingestellt, um sich kontinuierlich von einander einarbeiten zu lassen. So hält man es auch unter den neun FSJlerInnen der AWO in der Satteldüne, wo in Schichten gearbeitet wird und es schwierig ist, mit allen zusammenzutreffen. Viele der Freiwilligen kennen die Satteldüne schon durch Freunde oder Verwandte. Die fünf Bufdies des DRK für die Mutter-und-Kind-Kuren in der AOK Nordseeklinik in Norddorf absolvieren vor der Einstellung einen Probearbeitstag. Eine gewisse Unsicherheit bleibe aber trotzdem, meinte Annika: „Wie werden die Leute sein, mit denen man zusammen anfängt?“ Diese Frage stellte sich für Vanessa im Insel-Kindergarten nicht, denn nach kurzer Übergabe war sie seit August die Einzige im BFD. Erst in diesem Jahr kommen wieder drei Neue.

Erfahrungen der anderen sind spannend – von links nach rechs: Ronja (FSJ Satteldüne), Maj (FSJ Satteldüne), Marline (FSJ Satteldüne), Carolina (FÖJ Schutzstation), Amelie (FÖJ Schutzstation), Jonas (FSJ Satteldüne), Vanessa (FSJ Kindergarten)

Durch die Aufgaben im Team, die Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die Naturführungen, das Leben in Wohngemeinschaften lernen die jungen Leute sich zu organisieren, selbständig zu arbeiten, Verantwortung zu übernehmen und mit ganz unterschiedlichen Menschen umzugehen. „Man ist nicht immer auf einer Wellenlänge, aber man kann sich annähern“, sagte Ronja und erntete schmunzelnde Zustimmung von den anderen.

Um die eigenen Grenzen, um konkrete Situationen im Dienst, um die Lösung von Konflikten, geht es auch in den Seminarwochen, die überregional von den jeweiligen Trägern der Dienste an fünf mal fünf Bildungstagen im Jahr durchgeführt werden (müssen). Austausch, andere Erfahrungen – das gefällt allen gut daran.

Und so war dieser Abend in der „Blauen Maus“ vielleicht das erste, aber nicht das letzte Treffen der FÖJler-innen, FSJler-innen und Bufdies auf Amrum in diesem Jahr. Carolina formulierte es so: „Man muss sich bewusst machen, wir erleben hier eine ganz besondere Zeit. Die sollten wir genießen. Sie geht super schnell vorbei.“

Ob die jungen Leute unseren Leserinnen und Lesern etwas mit auf den Weg geben möchten, fragte Amrum News. Man freue sich über alle, die nichts liegen lassen und ihren Müll mitnehmen, keine Selfies mit Wildtieren machen, ihre Hunde nicht frei laufen lassen und die Dünen nicht betreten, lautet der Wunsch an Urlauber und Einheimische.

UNTERSCHIEDE ZWISCHEN FSJ, FÖJ UND BDF:

Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) und der Bundesfreiwilligendienst (BFD) dauern wahlweise 6, 12, 18, in Ausnahmefällen auch 24 Monate, in der Regel aber ein Jahr. Während die beiden Jugendfreiwilligendienste FSJ und FÖJ in Regie der Bundesländer einmalige Angebote an junge Leute im Alter zwischen 16 und 27 Jahren sind, wurde der Bundesfreiwilligendienst (BFD) nach Aussetzung der Wehrpflicht bundesweit als Ersatz für den Zivildienst eingeführt und kann alle fünf Jahre wiederholt werden. Der BFD ist nicht altersbegrenzt und kann ab dem 27. Lebensjahr auch in Teilzeit über 20 Wochenstunden abgeleistet werden.

http://www.bundes-freiwilligendienst.de/fsj-freiwilliges-soziales-jahr/unterschiede-fsj-bfd.html

Die verschiedenen Träger der Freiwilligendienste kooperieren untereinander. Der Anteil, den die Einsatzstellen an den Träger zahlen, unterscheidet sich danach, ob die Länder (FÖJ, FSJ) oder der Bund (BFD) die Stelle fördern, doch hinter der staatlichen Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements steckt ein organisatorisch und verwaltungstechnisch recht verzwicktes System.

Stellenangebote findet man in Katalogen und im Internet, zum Beispiel hier:

http://www.bufdi.eu/jobs/?all

http://www.sozialeinsatz.de/stellenangebote/finden

http://www.oekojobs.de/de/suchen/erweiterte_suche/

https://www.fsj-sh.org/

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http://freiwillig-am-meer.de/

http://www.umweltjahr.de/index.php?id=foej-wattenmeer

 

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Über Astrid Thomas-Niemann

Astrid Thomas-Niemann ist gelernte Schifffahrtskauffrau sowie studierte Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre als Schifffahrtsanalystin gearbeitet und lebt seit 2015 in Wittdün. Als junge Frau kam Astrid 1981 das erste Mal auf die Insel und besuchte auf Zeltplatz II die Niemanns aus Hamburg, die Amrum seit 1962 urlaubsmäßig die Treue halten, inzwischen bereits in der 4. Generation.

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One comment

  1. Vielen Dank für diesen interessanten Bericht. Spiele mit dem Gedanken ein FSJ auf Amrum zu machen. Mich würde die Satteldüne interessieren. Vielleicht liest jemand von den derzeitigen FSJlern ja diese Nachricht, ich würde gerne mehr über die Tätigkeit dort erfahren.

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