Alle Seevögel (Ausnahme: Kormorane) sind Bodenbrüter. Möwen brüten häufig in “Kolonien”, wobei die Nester dann nur wenige Meter voneinander entfernt sind, so dass die Vögel oft miteinander streiten. Und Möwen bauen regelrechte, mit trockenen Halmen ausgepolsterte Nester, während sich Austernfischer und andere Limikolen meist mit einer schlichten Mulde für ihr Gelege begnügen, bzw. nur wenige Steine oder Muschelschalen als „Nestdekoration“ sammeln.
Nicht selten wählen Möwen und Austernfischer auch ungewöhnliche Brutplätze für ihr Gelege. Sturmmöwen suchen öfter die Nähe des Menschen für ihre Brut, beispielweise direkt neben dem Dünenschulheim der Kinderfachklinik Satteldüne oder im Windschatten der Gebäude auf dem FKK-Zeltplatz in den Dünen am Leuchtturm.
Einige Jahre brütete auch eine Sturmmöwe in der Gitterkrone eines Seezeichens auf dem Tonnenhof im Seezeichenhafen Amrum und ebenso dortselbst auch in einer ausgefaulten Mulde eines Hafen-Duckdalbens.
Einen solchen sonderbaren Brutplatz hat sich seit dem vorigen Jahr und auch wieder in diesem Jahre ein Sturmmöwen-Paar auf einem Duckdalben des kleinen Yachtanlegers auf der Mole von Steenodde ausgesucht, wobei durch das Hin und Her der Molenbesucher und Segler manche Störung in Kauf zu nehmen ist. Andererseits ist die brütende Sturmmöwe relativ vertraut.
Natürlich kann sie oben auf dem Duckdalben ihre Jungen nicht großziehen. Diese müssen herunterspringen, bei Ebbe auf den Wattboden, bei Flut ins Wasser – was die Jungen in der Regel auch schadlos überstehen.
Warum einzelne Sturmmöwen immer wieder außerhalb von Kolonien und „normalen“ Plätzen ihr Nest anlegen, bleibt ein Geheimnis.
Das gilt übrigens auch für Austernfischer. Normalerweise brüten sie auf Strandzonen, auf Salz- und Marschenwiesen, aber auch auf hoher Inselgeest und im Gewoge der Dünen. Aber seit den 1960/70er Jahren werden zunehmend Bruten auf Flachdächern, auch auf Gebäuden tief im Binnenlande, auf Werkhallen, auf Einkaufsmärkte, Turnhallen usw. gemeldet. Auf Amrum wurden zunehmend die Firste von reetgedeckten Häusern darunter auch das Reetdach der St. Clemens-Kirche, besiedelt. Hier purzeln die Jungen als Nestflüchter bald nach dem Schlüpfen herunter, landen dank ihres weichen Dunenkleides, auch auf Steinboden weitgehend unversehrt und werden dann von den Eltern zwecks Fütterung in das benachbarte Gelände geführt.
Etliche Male wählten Austernfischer auch die Mulden in Duckdalben als Brutplatz (Seezeichenhafen 1992, 2003). Jahrelang brütete auch ein Austernfischer-Paar in der Steinpackung gegenüber dem Fisch- und Krabbenkiosk auf der Steenodder Mole.
Beide Paare wurden gegenüber dem täglichen Menschenstrom sehr zutraulich, fast handzahm und ließen sich sogar mit Krabben füttern.
Durch die unmittelbare Nachbarschaft zum Menschen waren sie gegen Möwen und Krähen reichlich geschützt und hatten – im Gegensatz zu den draußen in der Natur brütenden Austernfischern – relativ großen Bruterfolg.
Vor einigen Jahren wurde der Brutplatz auf der Steenodder Mole aufgegeben, vermutlich durch den Tod eines Partners. Aber der überlebende Altvogel besetzte noch im folgenden Jahr den Brutplatz und wachte den ganzen Sommer hindurch auf einen Duckdalben ruhend. Dann aber erfolgte eine Neubesiedlung. Doch brütetet das Austernfischer-Paar nicht in der Steinpackung auf der Mole, sondern auf einen Duckdalben. Ebenso in diesem Jahr. Die Jungen müssen nach dem Schlüpfen herunterspringen, was offenbar nicht immer gelingt. Denn es wird nur ein Jungvogel (normalerweise 2-3) geführt. Ob einer der Altvögel auf der Steenodder Mole vom vorherigen Brutpaar stammt, sei dahingestellt. Austernfischer werden über 40 Jahre alt.
Bitte stören Sie die Vögel nicht beim Brutgeschäft. Man kann das Geschehen von der Mole aus gut beobachten.