Gerüchte und Gerede wollen seit einiger Zeit nicht verstummen, dass es auf Amrum immer noch oder schon wieder Füchse gibt. Jäger und Falkner, also Leute die einen Fuchs kaum mit einen flüchtigen Hund verwechseln dürften, melden mit Bestimmtheit die Sichtung eines “Rotrocks” und den Fund von typischer Fuchs-Losung (am Ende spitz zusammengedreht) und den nächtlichen Besuch an Luderplätzen (mit Fleischabfällen hergerichtet). Im Öömrang Ferian soll auch das Foto eines Fuchsbaues vorliegen. Aber Dieter Kalisch, Vogelwart auf der Amrumer Odde sagt: “Alles Unsinn!” Es gibt keine Füchse auf Amrum.
Die meisten Fuchs-Sichtungen kommen aus dem Süden der Insel, aus der Gegend des Camping-Platzes und der Wittdüner Vogelkoje.
Füchse auf Amrum wären in jedem Falle von Menschenhand ausgesetzt. Denn der Fuchs scheut das Wasser und wäre niemals über das Watt vom Festland zur Insel gelangt – auch nicht bei Niedrigwasser. Wohl kann der Fuchs schwimmen und hätte dabei nur einige Priele zu überwinden. Aber auch das wäre ihm an Wasser zuviel. Ein anderer Weg zu einer Insel über Eis ist auch ausgeschlossen, denn wir haben seit Jahren keine strengen Winter mit geschlossener Eisbedeckung vom Festland über die Inseln hinaus gehabt. Und für einen Transport in einem Laster mit Baumaterial, Gemüse, etc. kommt der Fuchs wegen seiner Größe und Mentalität kaum in Frage. Er würde spätestens auf der Überfahrt, auf dem Fährschiff sein Versteck verlassen und nach Fluchtwegen suchen. Und bis jetzt hat sich kein Fuchs auf einer WDR-Fähre gezeigt !
Es stellt sich natürlich die Frage: Wem nützt ein derart schwerwiegender Eingriff in die Inselnatur, verbunden mit einer fast unfassbaren Bedrohung der heimischen Vogelwelt?
Fuchsjahre auf Amrum 1995 – 2000
Riesengroß, auch in vielen überregionalen Medien, war das Aufsehen, als im Frühsommer 1996 auf Amrum die Anwesenheit von Füchsen bzw. einer ganzen Fuchs-Familie bestätigt wurde und der Bruterfolg nahezu aller Kolonienbrüter (Möwen) aber auch anderer Bodenbrüter auf der bis dahin bedeutendste Seevogelinsel an deutschen Küsten zusammenbrach und sich auf faktisch Null reduzierte! Schon im Jahre vorher hatten Möweneiersammler und Jäger lokal in den Amrumer Dünen eine auffällige Anhäufung toter Möwen entdeckt und es verbreitete sich das Gerücht, dass dort bei Kriegsende durch das Militär giftige Kampfstoffe entsorgt worden seien.Tatsächlich war es das erste Anzeichen über das nächtliche Herumstreifen von Füchsen. Ein weiterer Hinweis erfolgte durch die Beobachtung eines Kurgastes. Aber erst im Juni 1996 erfolgte die Bestätigung über Füchse auf Amrum. Die Zivis des Öömrang Ferian entdeckten in den Dünen nördlich von Nebel-Westerheide einen Fuchsbau, dessen Umfeld ein dramatisches “Schlachtfeld” von Vogelresten mit den Kadavern von Möwen, Eiderenten, Hohltauben und anderen bot.
Aber der Fuchsbau war am 10. Juni schon verlassen, die Familie mit den herangewachsenen Jungen schon ausgezogen. Nun begriff man auch das merkwürdige Verhalten der Möwen, die sich nur noch bedingt an ihre Brutplätze hielten und nachts zu den Seesänden draußen vor Amrum zum Übernachten flogen – aus Angst vor den Füchsen, wie nun konstatiert wurde. Fähe und Rüde und bis zu sechs Jungfüchse waren nun nachts unterwegs und verursachten eine derartige Panik,dass auf der ganzen Insel,von Wittdün bis zur 0dde,die Möwen ihre Brüten aufgaben, auch dort,wo kein Fuchs hingekommen war. Auch im folgenden Jahr 1997 blieb Amrum im “Fuchsfieber” und die Vogelwelt verzeichnete dramatische Verluste.Beispielsweise wurden wurden von 15 Graugansbruten in den Dünen an der Vogelkoje 12 vernichtet. Und Ende April wurden auf der Odde in zwei Nächten rund 80 (!) Möwen und andere Vögel totgebissen.
Und Mitte Juni mußten in einer Sturmmöwen-Kolonie nahe der Süddorfer Aussichtsdüne 49 Junge kurz vor dem Flüggewerden ihr Leben lassen. In einer anderen Kolonie am Steinzeitgrab an der Vogelkoje lagen eines morgens 19 tote Jungvögel und Fuchslosung und durchgebissene Federkiele wiesen eindeutig auf den Verursacher hin. Und auf dem Kniepsand am Quermarkenfeuer wurde in einer Nacht die dortige Lachmöwen-Kolonie vernichtet. Die hier brütenden Vögel waren auf dem Nest totgebissen und es war erstaunlich, dass die nachtblinden Möwen, deren Nester nur wenige Meter auseinander lagen, nicht bemerkten, dass die Nachbarmöwe totgebissen wurde, ehe sie dann selbst ihr Leben verloren. Insgesamt lagen an einem Junimorgen des Jahres 2000 26 totgebissene Lachmöwen neben ihren Nestern und die Gesamtkolonie von etwa 70 Brutpaaren war erloschen. Die anderen hatten in Panik ihre Bruten verlassen, dabei etliche Altvögel ihre nur wenige Tage alten Jungen verließen die verhungert im Gelände lagen. Und wie üblich, war nur eine Möwe angefressen, womit der Fuchs seinen Hunger gestillt hatte. Die anderen Möwen waren einfach totgebissen, obwohl kein Nachwuchs zu versorgen war !
Nach entsprechender Publikation dieser Fakten, u.a. in der Jagdzeitschrift “Wild und Hund”, waren einige “studierte” Biologen doch erstaunt über die hohen Todesraten in der hiesigen Vogelwelt, die weit über den individuellen Nahrungsbedarf hinausgingen. Aber dann folgten in der Presse Nachweise, dass Füchse wie Marder bei überreichlicher Beute einen hemmungslosen Beiß- und Beutetrieb ausleben.
Amrum wieder fuchsfrei !
Es gelang dann aber durch konzentrierte Aufmerksamkeit der Amrumer Jäger schon schon 1996 drei Jungfüchse zu erlegen,während ein vierter auf der Autostraße überfahren wurde. Anfang Mai 1997 wurde dann ein weiterer Fuchs durch Klaus Krause erlegt, der aber sehr stark von Räude gezeichnet war. Und abermals war kein Nachwuchs zu beobachten, so dass sich die Situation in der Vogelwelt fast normalisierte. Unruhe kam dann allerdings wieder auf, als Mitte Januar 1998 durch Kai Dethlefsen in der Wittdüner Vogelkoje eine gesunde Fuchsfähe anläßlich einer Treibjagd zur Strecke kam. Aber vermutlich hatte sich dieser Fuchs an die damals noch häufigen Schermäuse und an Wildkaninchen gehalten. Jedenfalls waren keine Verluste in den Möwen-Kolonien bemerkt worden. In einem kleinen Tal in den Wittdüner Dünen war sogar eine Fuchsspur zu sehen, die kaum zwei Meter neben einer brütenden Eiderente vorbeigeschnürt war. Ab dem Brutjahr 1998 war die Insel, vielleicht auch begünstigt durch die Räude, wieder fuchsfrei ! Und es blieb die bis dato unbeantwortete Frage, welcher “Verrückte” in den Jahren 1995/96 auf Amrum Füchse ausgesetzt hatte und verantwortlich für die Riesenverluste in der Vogelwelt gewesen war.
Georg Quedens