Was wird aus dem Amrumer DRK Pflegeheim?


Wie lange hängt dieses Schild noch …,

Antworten auf diese Frage erhofften sich die zahlreich erschienenen Bürger bei der letzten Gemeinderatssitzung in Wittdün. Bürgermeister Heiko Müller forderte die einzelnen Gemeindevertreter auf, ihre Sicht darüber darzustellen. Die einheitliche Meinung war, dass das Pflegeheim auf jeden Fall weiterbestehen muss, auch wenn in Zukunft eine höhere finanzielle Unterstützung notwendig ist. Einig war man sich aber auch, dass zusammen mit dem DRK untersucht werden soll, wie es zu dieser Situation kommen konnte. Größtmögliche Transparenz bei der Haushaltsplanung für das Pflegeheim auf Amrum ist notwendig.

Wie schon mehrfach berichtet, sind in den vergangenen Jahren laut Auskunft des DRK Nordfriesland immer wieder Verluste beim Betrieb des Pflegeheimes auf Amrum aufgetreten, seit 2012 sind etwa 500.000 € aufgelaufen. Allein im Jahr 2018 betrug der operative Verlust mehr als 200.000 €.  Verwunderlich erscheint in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die drei Gemeinden seit 2008 immer wieder angeboten haben, sich an dem Ausgleich des Verlustes zu beteiligen, anfangs mit 16.000 € jährlich und später mit 25.000 €. Bis zum heutigen Tag ist davon kein einziger Euro vom DRK abgerufen worden, trotz mehrfacher Nachfrage des Zweckverbandes. Voraussetzung hierfür wäre ein Jahresabschluss gewesen, der die Verluste ausweist. Auf Nachfrage bestätigte der Geschäftsführer des DRK Nordfriesland, T.Walluks, dass mit Abschluss der Haushalte 2017 und 2018 die jährlich angebotene Unterstützung demnächst abgerufen werden soll. Für die Zeit davor könne er keine Auskunft geben, da dieses vor seiner Zeit war.  Der Zweckverband Amrum hat auch immer wieder deutlich gemacht, dass man bereit ist, auch über eine Erhöhung der Unterstützung zu diskutieren, Voraussetzung ist natürlich die Vorlage eines Haushaltes, der den Verlust auch ausweist. Leider hat es seitens des DRK Nordfriesland nie eine konkrete Anfrage zur Zahlung der Unterstützung gegeben.  Vor dem Hintergrund der jetzigen Situation ist dieses völlig unverständlich.

Allen Beteiligten ist klar, dass ein wirtschaftlicher Betrieb eines Pflegeheimes mit 10 Bewohnern sicherlich schwierig ist, typischerweise werden Pflegeheime erst ab einen Bettenstand von über 40 rentabel.  Dieses muss dem DRK schon bei der Eröffnung bewusst gewesen sein, man wollte jedoch flächendeckend präsent sein. Nur so lässt sich auch die Pflegestation auf Pellworm erklären, die in einer vergleichbaren Situation ist.

Platz für mehr Bewohner und neue Ideen?

Eines der Probleme scheint die Personalsituation zu sein. Über Jahre gab es ein eingespieltes Team von Pflegekräften, die vornehmlich von Amrum kamen und eine kontinuierliche Betreuung gewährleisteten. In den letzten Jahren ist diese Kontinuität nun verlorengegangen. Es gab häufige Wechsel beim Personal und zurzeit kann die Pflege nur mit Hilfe von Personaldienstleistern vom Festland aufrechterhalten werden. Dieses muss teuer bezahlt werden, die zwei offenen Stellen werden mit über 7500 € / Monat pro Stelle bezahlt, das ist mehr als das doppelte eines normalen Gehaltes. Laut Auskunft der Geschäftsführung ist kein Personal zu bekommen, welches nach Amrum umziehen möchte.

Bei Gesprächen des Zweckverbandes, des Amtes und des Kreises mit dem DRK Nordfriesland wurde seitens des DRK deutlich gemacht, dass man auf Dauer diesen Verlust nicht tragen kann. Das im gleichen Atemzug auch erklärt wird, dass im Betreuungsheim Strukum noch 9 Plätze frei sind, gibt natürlich Anlass zu Spekulationen.

Auf Amrum ist man sich einig, dass das Pflegeheim weiterbestehen muss. Die Schließung würde eine Katastrophe für die Einwohner und auch deren Angehörige sein. Auch auf Amrum wird es zukünftig immer mehr pflegebedürftige Menschen geben. Dr. Peter Totzauer von der Arztpraxis an der Mühle, der auch die Pflegestation ärztlich betreut  meint hierzu: „In unserer Praxis sind schon heute 279 Patienten älter als 60 Jahre, 148 älter als 70 Jahre, 64 älter als 80 Jahre und 10 älter als 90 Jahre“.

Die Ambulante Pflege betreut im Durchschnitt schon heute etwa 30 Personen

Die Suche nach einer Lösung wird intensiviert werden müssen.  Kreative Lösungen sind gefragt.

  • Auf Amrum gibt es 3 verschiedene DRK Institutionen, der Amrumer Ortsverband des DRK, der auch für die Ambulante Pflege verantwortlich ist, der Kreisverband Nordfriesland, verantwortlich für das Pflegeheim und der Landesverband Schleswig-Holstein, der das Münsterhaus (Mutter und Kind Kuren) in Wittdün betreibt. Vielleicht kann eine intensivere Zusammenarbeit beispielsweise bei der Verpflegung (gemeinsame Küche) helfen, Kosten zu verringern
  • Ein Unterstützungsverein, ähnlich wie der des Krankenhauses Föhr/Amrum könnte sicherlich auch dazu beitragen, eventuell auflaufende Verluste auszugleichen. Dieser wäre auch einfacher zu bezuschussen wie ein kommerzieller Träger
  • Eine Intensive Bewerbung für die offenen Stellen unter den zahlreichen Amrum Urlaubern wäre vielleicht auch eine Möglichkeit.
  • Kann eine Vergrößerung auf etwa 14 Plätze eine Entlastung bringen? Zurzeit fehlen öfter Plätze für die Kurzzeitpflege und auch Anfragen von Urlaubern, die gern ihre pflegebedürftigen Angehörigen mitbringen möchten, können nicht unterstützt werden.

Beim letzten Treffen der Amrumer Kommunalpolitiker mit Vertretern des Kreises wurde auch vereinbart, die Möglichkeiten einer Unterstützung seitens Land und Kreis zu untersuchen.

Neben diesem gesamtinsularen Thema gab es aber auch Informationen, die nur Wittdün betrafen.

  • Die Gemeinde Wittdün konnte 3 neue Mitarbeiter einstellen, zusätzlich gibt es noch eine freie Ausbildungsstelle.
  • Die Feuerwehr Wittdün beantragt einen Anbau am Feuerwehrgerätehaus. Durch das neue, größere Feuerwehrauto gibt es Platzprobleme. Es soll ein 70 qm großer Anbau untersucht werden, der bis 2021 realisiert werden kann
  • Demnächst werden drei neue Infosäulen über den Nationalpark/Weltkulturerbe aufgestellt
  • Am 4. Juni gibt es eine hoffentlich abschließende Besprechung mit dem LKN über die Genehmigung der geplanten Terrasse vor der Strandbar

Die Jugendherberge Wittdün möchte gern eine “Wattwerkstatt“ in ihren Räumen eröffnen.  Ulf Jürgensen stellte die Details im Einzelnen vor. Ziel soll sein, den Gästen das Ökosystem Wattenmeer noch intensiver nahezubringen und begleitend zu Wattwanderungen vertiefende Untersuchungen beispielsweise am Mikroskop durchzuführen. Die Räumlichkeiten könnten auch anderen interessierten Nutzergruppen wie der Öömrang Skuul oder der Schutzstation Wattenmeer zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt unterstützt das naturtouristische und umweltpädagogische Angebot von Wittdün und gesamt Amrum. Im Nicht-Öffentlichen Teil der Sitzung wurde beschlossen, dieses Projekt seitens der Gemeinde zu unterstützen. Es ist auch geplant, Fördergelder bei der Aktivregion Uthlande zu beantragen.

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Über Ralf Hoffmann

Ralf Hoffmann wurde 1955 in Schleswig geboren und zog mit seinen Eltern und Geschwistern 1962 nach Amrum. Nach dem Abitur in Niebüll studierte Ralf Luft und Raumfahrttechnik in Berlin. Die ersten 6 Berufsjahre verbrachte er als Entwicklungsingenieur bei VW und danach wechselte er als Aerodynamischer Entwicklungsingenieur zu Ford nach Köln. Als Leiter der Aerodynamischen Entwicklung für Ford Europa und die letzten 15 Jahre als Manager Aerodynamik und Motor- und Komponentenkühlung war er weltweit verantwortlich und viel unterwegs, um die jeweiligen Prototypen unter Hitze und Kälte zu testen. Nach all den Jahren auf dem Festland sind Ralf und seine Frau Karin nun wieder nach Amrum zurückgekehrt.

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One comment

  1. Peter Totzauer

    Der DRK-Kreisverband Nordfriesland hat angekündigt sich als Träger des Pflegeheims auf Amrum zurückziehen zu wollen. Als Grund hierfür werden wirtschaftliche Gründe angegeben. Den Heimbewohnern soll auf Amrum gekündigt werden und deren Unterbringung in der DRK Seniorenwohnanlage in Struckum organisiert werden. Dieses geschieht mit Zustimmung der Heimaufsicht des Kreises Nordriesland. In diesem Falle würde der stationäre Pflegebetrieb auf Amrum eingestellt werden, es gäbe dann auf Amrum keine Möglichkeit mehr einer dauerhaften stationären Pflege oder auch Kurzzeitpflege. Dem Personal der Pflegestation würden Arbeitsplätze in anderen Einrichtungen des DRK Kreisverbandes auf dem Festland angeboten. Dieses Vorgehen wäre gegenüber sowohl den Heimbewohnern, als auch dem Personal und der gesamten Bevölkerung der Insel Amrum als unzumutbare Härte anzusehen. Eine Unterbringung der derzeit 9 Bewohner der Pflegeeinrichtung in einem anderen Heim würde bedeuten, dass die zu pflegenden Patienten nicht nur aus ihrer gewohnten Umgebung und ihrer gewohnten pflegerischen und medizinischen Betreuung gerissen werden würden, sie würden auch alle sozialen Kontakte zu Verwandtschaft, Freundes- und Bekanntenkreis dauerhaft verlieren. Es würde ja nicht einen Umzug innerhalb der Insel Amrum bedeuten sondern weit weg in eine Einrichtung die verkehrstechnisch für die Menschen auf und von der Insel bestenfalls mit einer Tagesreise zu erreichen wäre.
    Über 500 auf Amrum gemeldete Mitbürger sind über 60 Jahre alt, jeder muss damit rechnen einmal pflegebedürftig zu werden. Im Fall der Fälle würde das bedeuten, dass irgendwann nicht nur die derzeit Pflegebedürftigen, sondern alle alten Menschen die Insel verlassen müssten und ihre Heimat verlören. Das ist unmenschlich und erinnert an Zwangsumsiedlungen und Völkervertreibungen.
    Wenn allein wirtschaftliche Gedanken ein Grund sind dringend benötigte soziale Einrichtungen zu schließen wird unser Sozialstaat ad absurdum geführt. Welche anderen als unabdingbar angesehenen, finanziell aufwendigen Einrichtungen würden dann als Nächstes von der Insel verschwinden? Die Sozialstation/ambulante Pflege? Die Kur- und Reha-Einrichtungen? Die Arzt- und Zahnarztpraxen? Die Apotheken? Die Polizei? Die Feuerwehren? Der Rettungsdienst? Der Kindergarten? Die Schule?
    Auf allen Gemeinderatssitzungen haben sich alle Gemeindevertreter einstimmig für den Erhalt der Pflegestation ausgesprochen und die Bürgermeister der drei Gemeinden auf Amrum befassen sich seit längerem intensiv mit dieser Problematik. Eine bürgernahe und für alle verträgliche Lösung ist jedoch noch nicht gefunden worden.
    Die Forderung des derzeitigen Trägers nach einem kompletten und dauerhaften finanziellen Ausgleich der aufgelaufenen sowie der zu erwartenden finanziellen Defizite durch die Gemeinden der Insel Amrum ist inakzeptabel und es wird wohl nur der Weg bleiben eine neue Trägerschaft zu suchen oder zu konstruieren. Was spricht gegen die Übernahme durch den DRK-Ortsverband Amrum, vielleicht auch in Kooperation als kommunale und/oder kirchliche Einrichtung mit der Möglichkeit noch andere soziale Dienste mit einzubinden? Auch ist eine strukturelle Vergrößerung v.a. der Pflegeeinrichtungen bei dem längstens bekannten Strukturwandel unserer Bevölkerung angezeigt.
    Bereits im Jahre 2010 wurde ein Konzept für eine zukunftssichere integrierende medizinische Versorgung im Kreis Nordfriesland erarbeitet aus der hervorgeht, dass Amrum mit nur 4,3 Pflegebetten pro 1000 Einwohner an letzter Stelle der regionalen Pflegeeinrichtungen steht. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Laut statistischem Bundesamt gab es in Deutschland im Jahr 2009 28,5, im Jahr 2015 bereits 38,5 Pflegebedürftige pro 1000 Einwohner. Amrum ist ein Teil Deutschlands und hier statt mehr Pflegeplätze zu schaffen laufen wir Gefahr auf der Insel gar keine Pflegefälle mehr betreuen zu können. Um die Wichtigkeit der Pflegeeinrichtungen für unsere Insel zu untermauern fordere ich alle Bürger Amrums auf sich „prophylaktisch“ auf die Warteliste für die Pflege setzen zu lassen!
    Dr. Peter Totzauer

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