Vor drei Jahren hatte Helmut Feeß, ehemals Architekt und Denkmalpfleger in Stuttgart, das Schmalformat-Büchlein „auf Amrum und drum rum“ mit den verkleinerten Reproduktionen seiner zwischen 1970 und 1992 entstandenen Zeichnungen von Dünenlandschaften herausgebracht. Nun ist eine zweite, um Fotografien erweitere Auflage im Selbstverlag erschienen.
Die Zeichnungen entstanden alle aus dem Gedächtnis heraus, in meditativer Erinnerung an zahlreiche Aufenthalte auf Amrum, schreibt Helmut Feeß in seinem Vorwort. Die Motive der Skizzen ergaben sich spontan aus der Stimmung des Augenblicks. Es sollten keine naturgetreuen Abbilder sein, sondern Fantasie-Landstriche mit teils geringen figürlichen Assoziationen. „Alles kann alles bedeuten“, sagte er im Gespräch mit Amrum News.
Während Feeß die Landschaft mit dem Buntstift graphisch stark abstrahiert darstellt, verdichten sich seine mit dem Rapidograph (Tuschefüller) gezeichneten Dünen gern zu netzartigen Strukturen oder filigranen, mehrdeutigen Gebilden, die sich dem Betrachter erst nach und nach erschließen und auch die erotischen Aspekte der Dünenlandschaft organisch herausarbeiten.
Um seinen abstrakten Landschaftskompositionen einmal die Wirklichkeit gegenüberzustellen, reiste Feeß im Juni 2017 erneut nach Amrum und machte in den Dünen und am Strand mit einer einfachen Pocket-Kamera zahlreiche Farbfotos, von denen er nun einige in der Neuauflage des Skizzenbüchleins mit aufgenommen hat.
Die Ähnlichkeit seiner, mit Tuschefüller oder Buntstift entstandenen Zeichnungen – die ja bereits vor vielen Jahren in einer Art meditativer Stimmung aus dem Gedächtnis heraus entstanden – und den Jahrzehnte später aufgenommenen Fotografien der sich doch stetig verändernden Landschaft ist frappierend. Wie prägnant Feeß, die Strukturen der Amrumer Küstenlandschaft erfasst, hat mich an der Neuauflage des Skizzenbüchleins wirklich überrascht.
Feeß zeichnet meist an seinem Stuttgarter Schreibtisch bei Einsetzen der Dämmerung und macht dabei ähnliche Erfahrungen wie beim Singen von Mantras während einer Sitzmeditation. Er zeichne aber auch, wenn er sich ärgere, erzählte er Amrum News. Wie zum Beispiel bei dieser langweiligen Sitzung des Schwäbischen Heimatvereins im Tübinger Rathaussaal, als sich die alt-ehrwürdigen, geschnitzten Holzbalken auf seinem Notizpapier in ein Gebilde mit krebsartigen Beinen und einem ziemlich menschlichen Gesichtsausdruck verwandelten – jetzt abzugleichen mit zwei Sandformationen auf der Rückseite des Skizzenbüchleins.
„Meist läuft es auf Augen hinaus, dem Symbol der Erkenntnis“, sagte Helmut Feeß und holte eine Skizze jüngeren Datums aus seinem Rucksack. Als er vor zwei Jahren abends um kurz nach neun kein Glas Wein auf Amrum mehr bekommen konnte, machte er seinem Ärger mit dieser Zeichnung auf einer Speisekarte Luft. „Die Wut musste da irgendwie raus. Ich hätte auch flüssig von links nach rechts spiegelverkehr einen Kommentar schreiben können“, meinte der langjährige Amrum-Gast. Wie produktiv doch Ärger sein kann, wenn man einen Zeichenstift hat!
„auf Amrum und drum rum“ ist im Selbstverlag erschienen. 2. Auflage. 14,95 € in der Bücherstube im Norddorfer Gemeindehaus, Henershuuch 5 oder direkt beim Autor <helmut.feess@web.de>