Havariekommando gibt an WSA Weser-Jade-Nordsee ab …


Leichte Blessuren sind am Rumpf der “Polesie” (kleines Foto) die in Cuxhaven festgemacht hat zu erkennen. GA

Am 24.10. waren die Frachter „Polesie“ und „Verity“ südwestlich vor Helgoland kollidiert. Die „Verity“ sank sehr schnell und die „Polesie“ konnte – fast unbeschädigt – am Morgen des 25.10. Cuxhaven anlaufen.

Nun sind Untersuchungen zur Unfallursache durch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in Hamburg sowie der Staatsanwaltschaft in Hamburg aufgenommen worden. Die BSU und der Marine Accident Investigation Branch (britische Seeunfalluntersuchungsbehörde) arbeiten bei der Untersuchung eng zusammen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung des Schiffsverkehrs, so eine Behördensprecherin.

Es gibt Radarbilder zum Zeitpunkt des Unfalls die eine wesentliche Rolle zur Aufklärung des Unfalls spielen dürften.

Die „Polesie“ hat für ihre Größe einen vorgeschriebenen Schiffsdatenschreiber (Voyage Data Recorder, VDR) an Bord, für die kleinere „Verity“ war dieser nicht vorgeschrieben. Diese „Blackbox“ hilft bei der Rekonstruktion von Unfällen auf See. Eine Vielfalt von Daten (viel mehr als bei einem Flugschreiber) – viermal pro Minute werden die Position des Schiffes mit Geschwindigkeit und Kurs, Daten der Maschine und des Ruders, Stimmendaten auf der Brücke, ausgelöste Alarme und Wetterdaten – werden digitalisiert, komprimiert und auf einem Datenträger in einer bergungsfähigen Schutzkapsel gespeichert.

Diese wird nun von den Ermittlern ausgewertet.

Auch die Besatzung der „Polesie“ wurde von deutschen und englischen Ermittlern zum Hergang des Unglückes befragt. An der Untersuchung arbeiten die beiden Flaggenstaaten der beteiligten Frachtschiffe Bahamas und Großbritannien mit.

Das Havariekommando in Cuxhaven hat inzwischen die Einsatzleitung an das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Weser-Jade-Nordsee übergeben.

Mit Tauchrobotern wurde das in 30 Meter Tiefe liegende Wrack der „Verity“ begutachtet, dabei wurde u.a. festgestellt das es aufrecht liegt und nicht auseinandergebrochen ist, aber ein großes Loch im Rumpf hat. Dadurch ist Wasser in den Laderaum gelaufen und brachte das Schiff zum Sinken.

Im Tank des Wracks sollen sich ca. 130.000 Liter Marinediesel befinden. Die bisher ausgetretenen 90 Liter sind derzeit keine Gefahr für die Küste und Helgoland, da es sich um das Wrack herum bewegt.

Wie, wann und ob überhaupt das Wrack vom Meeresgrund geborgen werden kann steht noch nicht fest. Um den Austritt des Kraftstoffs zu stoppen oder das Schiff zu bergen wird eine Bergungsverfügung benötigt. Die Behörde hat den Eigner der „Verity“ angewiesen, eine geeignete Bergungsfirma zu finden.

Derzeit werden Sicherungsmaßnahmen am Wrack durch das WSA Weser-Jade-Nordsee durchgeführt. Um mehr Wassertiefe zu erreichen sollen die Masten der „Verity“ gekürzt werden und eine gelbe Wracktonne kennzeichnet die Unglücksstelle.

Für einen schnellen Untergang der „Verity“ spricht, das keiner der drei aufgefundenen „Verity“-Seeleute eine Schwimmweste trug. Es war wohl keine Zeit mehr vorhanden um diese anzulegen. Von der „Verity“ konnten nur zwei Crewmitglieder lebend gerettet, ein weiterer nur tot geborgen werden.

Beim großen Sucheinsatz beteiligten sich 25 Schiffe, sechs Hubschrauber und zwei Flugzeuge, sie hatten das Seegebiet systematisch abgesucht. Dennoch konnten die noch vier vermissten Schiffbrüchige des gesunkenen Frachters „Verity“ nicht gefunden werden.

Es muss davon ausgegangen werden, dass die vier vermissten Seeleute das sinkende Schiff haben nicht mehr verlassen können. Insgesamt gab es bei dem Unglück also fünf Tote.

Der Leiter des Havariekommando in Cuxhaven, sagte : „Wer in so einem Wrack eingeschlossen ist, hat bei den Temperaturen keine Überlebenschance mehr.“ Die Wassertemperatur beträgt vor Ort derzeit 12 Grad.

An jenen Dienstagmorgen soll schlechte Sicht gewesen sein, aber auf Sicht fahren ist eher der Ausnahmefall. An Bord gibt es entsprechende technische Ausrüstung die dem Schiffsführer u.a. drohende Gefahren anzeigen soll. Aber warum gab es keinen Kollisionsalarm? Hätte man die Besatzungen der Schiffe nicht anderweitig warnen können, auf Radar Traffic konnte man die Routen der Schiffe und die Kollision verfolgen?

Der Kollisionsort der Frachter passierte an einem der meistbefahrenen Seegebiete der Welt. In der Deutschen Bucht kreuzen sich hier zwei international eingerichtete Schifffahrtsstraßen in Ost-West-Richtung, so eine Sprecherin des BSH. In der Schifffahrt gibt es auch Vorfahrtsregeln, auf dem Wasser hat Steuerbord Vorrang vor Backbord („rechts vor links“).

Die „Verity“ hätte der „Polesie“ Vorfahrt gewähren lassen müssen, also seinen Kurs der Lage anpassen. Das ist aber anscheinend nicht passiert, auf einem Video mit Radarbildern ist zu sehen, dass die „Verity“ ihren Kurs unverändert mit acht Knoten fortgesetzt hat. Es ist keinerlei Reaktion zu erkennen.

Die größere „Polesie“ war mit knapp 11 Knoten in Fahrt und hat wohl noch versucht ein Ausweichmanöver zu fahren. Zu spät, es kam zur Kollision und die „Verity“ wurde seitlich gerammt. Auf dem Video ist weiter zu erkennen, dass die „Polesie“ durch die Kollision auf vier Knoten abgebremst wurde und die „Verity“ ihre Position nicht mehr veränderte.

Die Untersuchungskommission des Seeunfalls wird versuchen den Unfallhergang zu rekonstruieren und so die Ursache herausfinden. Bis ein Ergebnis vorliegt wird aber eine geraume Zeit vergehen.

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Über Gerd Arnold

Gerd Arnold, 1957 in Nebel auf Amrum geboren. Ein „echter“ Amrumer mit der friesischen Sprache (öömrang) aufgewachsen. Bis 1972 die Schule in Nebel besucht, danach Elektroinstallateur in Wittdün gelernt. 1976/77 in Wuppertal den Realschulabschluss nachgeholt. Ab Oktober 1977 als Berufssoldat bei der Bundesluftwaffe und seit November 2010 Pensionär. Nach vielen Jahren der verzweifelten Suche nach passenden „bezahlbaren“ Wohnraum auf Amrum endlich fündig geworden, seit Februar 2022 wieder ständig auf Amrum. 2019 ins Team der Amrum News integriert, aber das soll neben dem Angeln nicht die einzige Aktivität auf der Insel bleiben.

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