Weihnachtsgeschichte von Pauline Höfer:


Pauline Höfer (77) wurde in New York, im Bezirk Queens, geboren. 1950 kehrte sie mit ihren Eltern (Jonny geb. in Nebel/Amrum und Mathilde „Tille“ geb. in Borgsum/Föhr) in Jonnys Heimat nach Amrum zurück. Dort wurde inmitten des Ortskerns von Nebel eine Landwirtschaft bis 1973 betrieben. Nach der Schulzeit und einer Banklehre kehrte Pauline 1967 nach Amerika zurück, lernte ihren Mann Frederick kennen und gründete eine eigene Familie. Anfang 2000 ging es für Pauline „Back to the roots“, sie zog in das schöne rote Bauernhaus, am Wattenmeer in Nebel gelegen, ein.

Pauline ist eine „Frau von Welt“, regelmäßig ist sie auf Amrum, auf Föhr und auch in Amerika anzutreffen.

Fast 400 Jahre Familiengeschichte, Pauline kann vieles aus dieser Zeit erzählen und so manches hat sie auch niedergeschrieben. So auch die Erinnerung an ein Weihnachtsfest in den 1950er Jahren auf Amrum. Sie freut sich, dass diese nun in Amrum News erscheint.

Pauline auf dem Schoß ihrer Mutter “Tille”. Privat

MEIN WEIHNACHTSFEST AUF AMRUM … und Radio Norddeich brachte die Festgrüße.

Und wieder neigt sich ein Jahr. Kindheitserinnerungen sind plötzlich wieder frisch, denn unsere Gedanken fliegen heimwärts für Jahrzehnte, zurück in unser Heimatdörflein.

Die Insel Amrum war mein Kinderparadies. Eine Eilandfläche von ungefähr 20 Quadratkilometer mit 5 Ortschaften. Insgesamt lebten zu der Zeit 1800 Einwohner auf unserer Scholle. Man kannte sich. Wir waren fast wie eine Großfamilie. Meine Eltern und ich wohnten im Hauptdorf, es heißt NEBEL und liegt in einem Tal. Am südlichen Ortseingang, auf einer Anhöhe, steht die Windmühle. Die Inselkirche steht in der Dorfmitte – mein eigenes Bethlehem.

Die 50ziger Jahre waren nun meine Zeit. Es gab noch nicht viel. Wir waren nicht arm, doch von der Bescheidenheit geprägt, recht glücklich und zufrieden.

Unsere Adventsdekoration waren Tannen und Kerzen. Wir Kinder bastelten Strohsterne und kleine Weihnachtspräsente. Und wie haben wir gesungen!

Alljährlich übten wir Schulkinder ein Theaterstück ein. Ja, es musste gelernt werden! Und überall spürten wir die Heimlichkeit.

Auf Amrum gab es kein Kaufhaus. Unsere Mütter bestellten die Geschenke aus dem Versand Neckermann und Quelle. Unser Postbote brachte uns mit dem Fahrrad die Briefe, Karten und Pakete. In der Adventszeit hatte er einen kleinen Anhänger. Amerika Pakete waren auch manchmal dabei.

Aus den hellblauen Paketen von der Quelle klang oft ein „MAMA“. Wer erhielt nun diese Puppe?

Übermütig und fröhlich gingen die Kinder durch das Dorf.

Am 24. Dezember war es nun soweit! Vormittags schmückten Vater und ich den Tannenbaum. Gegen Mittag erledigten wir die letzten Besorgungen, denn um 13 Uhr war Ladenschluss. Danach herrschte eine Totenstille im Dorf, bis die Kirchturmglocke laut die Weihnacht einläutete. Wie waren wir Kinder doch aufgeregt! Was wird der Weihnachtsmann uns wohl in diesem Jahr bringen? Wer konnte sich noch konzentrieren?

St. Clemens-Kirche in Nebel im Winterkleid.

Ich erinnere mich, das alljährliche Weihnachtsgebet in der Kirche endete mit den Worten: „HERR, sei mit den Seeleuten auf dem Meere und den Amrumern und Föhrern in Amerika!“ Danach endete der Gottesdienst und das Glockengeläut trieb uns ins Elternhaus.

Unser Tannenbaum stand in der Stubenecke. Mutter hatte das Büfett mit den Festgrußkarten dekoriert Die Karten aus New York waren immer so prunkhaft!

Dann wurde gespeist. Es gab Bauernwurst, Stuten und selbstgebackene Weihnachtskekse. Während der Mahlzeit hörten wir Radio. Ja, „Radio Norddeich“ brachte die weihnachtlichen Funkgrüße an die Seefahrer.
Mein Großvater hatte sein ganzes Leben auf dem Meer verbracht und war an den Feiertagen selten auf unserer Insel gewesen.

Dann kam der Höhepunkt. Wir stellten die Stühle um den Christbaum. Papa holte seine Ziehharmonika, Mama zündete die Kerzen an und gemeinsam sangen wir mit Onkel und Tante die Lieder der Heiligen Nacht. Nun kam die Bescherung. Die Geschenke wurden mit Freude bewundert. Tante hatte ihren Einkaufskorb mit Tannen geschmückt, auf denen ihre Geschenke lagen. Für mich hatte sie mal einen kleinen Taschenleuchter, auch mal ein selbstgehäkeltes Rotkäppchen. Eine Tafel Schokolade war immer dabei.

Meine Oma von Föhr schickte mir alljährlich einen gefüllten Schuhkarton, in dem lag ein kleines Geschenkchen und auch viele Schokoladenkekse. Unsere Nachbarn, Dele und Nancy, schenkten mir immer eine Java Apfelsine. Wie war ich doch glücklich! Gerne denke ich an diese Zeit zurück.

Vor einigen Jahren stellte ich meiner Familie die Frage: „Warum waren gerade diese Weihnachtsfeste so besonders schön für mich?“ Meine drei Töchter wussten keine Antwort, doch ein Enkelsohn, er war gerade fünf Jahre alt, staunte nur und meinte:

„Omi, it was the Love which was given to you at that time.“

Die Kinder lehren uns. Und ich finde gerade in der Weihnachtszeit sollten wir in unseren Herzen wieder ein Kind unter Kindern sein, dann leuchtet die Weihnacht mit helllichtem Schein in unser Herz hinein.

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht Pauline aus dem fernen New York, dort verbringt sie die Festtage im Kreise ihrer Familie.

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Über Gerd Arnold

Gerd Arnold, 1957 in Nebel auf Amrum geboren. Ein „echter“ Amrumer mit der friesischen Sprache (öömrang) aufgewachsen. Bis 1972 die Schule in Nebel besucht, danach Elektroinstallateur in Wittdün gelernt. 1976/77 in Wuppertal den Realschulabschluss nachgeholt. Ab Oktober 1977 als Berufssoldat bei der Bundesluftwaffe und seit November 2010 Pensionär. Nach vielen Jahren der verzweifelten Suche nach passenden „bezahlbaren“ Wohnraum auf Amrum endlich fündig geworden, seit Februar 2022 wieder ständig auf Amrum. 2019 ins Team der Amrum News integriert, aber das soll neben dem Angeln nicht die einzige Aktivität auf der Insel bleiben.

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