Bye-bye Lamm-Burger …


Peggy, Luise und Helge Dethlefsen am vorletzten Verkaufstag (von links nach rechts im Bild)

Ob zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs, gern wird bei einem Insel-Ausflug in Nebel Proviant gefasst. Ein Zwischenstopp bei Schlachter Dethlefsen gehörte für viele Gäste zum festen Repertoire ihres Amrum-Urlaubs, und nicht wenige ließen sich am Ende des Urlaubs Lamm-Spezialitäten für zuhause einschweißen. Gebratene Lamm-Frikadellen und ein leckeres Würstchen auf die Faust waren nicht nur meine Favoriten für eine kleine Pause auf dem Weg von Wittdün nach Norddorf. Einige Badegäste hätten die gebratenen Schnitzel mit hausgemachtem Kartoffelsalat regelrecht „inhaliert“, erinnert man sich schmunzelnd in der Schlachterei.

Das ist nun Geschichte, denn Helge und Peggy Dethlefsen gaben ihr Fleischerei-Fachgeschäft zum Jahresende auf. In der ersten Woche des neuen Jahres hatten die Insulaner noch Gelegenheit sich einzudecken. Am Sonnabend gingen dann die letzten Frischwaren über die Theke, gefrierbereit in mundgerechte Portionen eingeschweißt.

Links im Bild: Opa Anton Dethlefsens Meisterbrief
Rechts im Bild: Urgroßvater Georg Jürgensens Ehren-Meisterbrief

Schlachterei Dethlefsen kann nicht nur auf einen großen Kundenstamm, sondern auch auf eine lange Tradition zurückblicken, die schon vor über 125 Jahren begann, als Georg Jürgensen die Fleischerei in Nebel gründete. Sein Schwiegersohn Anton Dethlefsen, der Tochter Henny heiratete, sorgte dann für den Fortbestand. Deren Sohn Uwe Dethlefsen und seine Frau Inge führten den Betrieb in 3. Generation fort. Als beide in Rente gingen, übernahm die 4. Generation den Familienbetrieb, zunächst ihr Sohn Knud und 2002 dessen Bruder Helge. Helge ging dafür bei Knud nochmal in die Lehre und machte anschließend seinen Meister, denn ursprünglich hatte er auf dem Festland Forstwirt gelernt.

18 Jahre lang führte er dann zusammen mit seiner Frau Peggy, die aus Stendal bei Magdeburg stammt, die alteingesessene Fleischerei. Kennen und lieben gelernt hatten sich die beiden 1999 beim Tanz in den Mai in der Kniepsandhalle, als Helge noch in der Ausbildung war und Peggy gerade mal vier Wochen auf der Insel. Sie arbeitete damals in Norddorf im Kaufhaus Jannen. „Ich hab‘ sie abgeworben, scherzt Helge. Jetzt geht Peggy zurück ins Kaufhaus Jannen, und Helge wird wieder in seinem Zweitberuf arbeiten, der ja eigentlich sein Erstberuf ist. Sie haben das Haus verkauft und ihr Equipment, bleiben aber als Mieter in ihrer Wohnung. „Perspektivisch möchten wir auf‘s Festland ziehen.“ Wohin es gehen soll, wissen sie noch nicht so genau, doch sie sind sich einig: „Unsere Tochter Luise ist jetzt 14, und wir wollen nicht erst mit 70 auf‘s Festland gehen.“

Man hört immer mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf. „Unsere Tochter ist ja praktisch hinter dem Tresen groß geworden“, erzählt die Schlachtersfrau und erinnert sich an eine der vielen Anekdoten aus dem Verkaufsraum. „Als einmal ein Kunde den Laden betrat und die kleine Luise – wie üblich ganz in Rosa gekleidet – hinter dem Tresen saß, hielt er sie für eine Puppe. Der war vielleicht erschrocken, als sich die Kleine plötzlich bewegte!“

Danke für die langjährige Treue

Dethlefsens pflegten ein freundschaftliches Verhältnis zur Kundschaft. Man kennt sich, man duzt sich. Auch viele Gäste waren Stammkunden. „Wir möchten uns bei allen Kunden, Freunden und Nachbarn für die jahrzehntelange Treue bedanken, sagen Helge und Peggy. „Wir haben das jetzt 18 Jahre lang gemacht, aber zu zweit ist es auf Dauer nicht zu schaffen. Man bekommt in der Saison einfach kein geschultes Personal mehr für die Insel. Das betrifft ja nicht nur uns, sondern alle.

Schlachterei Dethlefsen ist kein Einzelfall. In den letzten 30 Jahren wurden mehr als die Hälfte der Fleischereien in Deutschland aufgegeben, im Norden sterben vor allem die Landschlachtereien. Vor zehn Jahren gab es in Schleswig-Holstein knapp 300 Betriebe, jetzt sind es etwa noch 180. An der gesunkenen Nachfrage läge es nicht, betont der Fleischerei-Fachverband, sondern vor allem am Fachkräftemangel.

Wer oder was in die Räume der Fleischerei in Nebel einzieht, ist noch nicht bekannt, aber soviel sei verraten: Das Haus wurde von einem Insulaner erworben, und die gute Nachricht lautet: Nebenan wird es wieder Fisch geben. Die Wegzehrung auf dem kleinen Zwischenstopp im Uasterstigh 6 ist also erstmal gesichert.

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Über Astrid Thomas-Niemann

Astrid Thomas-Niemann ist gelernte Schifffahrtskauffrau sowie studierte Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre als Schifffahrtsanalystin gearbeitet und lebt seit 2015 in Wittdün. Als junge Frau kam Astrid 1981 das erste Mal auf die Insel und besuchte auf Zeltplatz II die Niemanns aus Hamburg, die Amrum seit 1962 urlaubsmäßig die Treue halten, inzwischen bereits in der 4. Generation.

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4 comments

  1. Moin,
    es ist sehr traurig, dass es keinen Metzger mehr auf der Insel gibt. Leider haben wir uns ja in diesem Jahr Weihnachten nicht gesehen. Wir hoffen auf das nächste Weihnachten und vlielleicht sehen wir uns ja dann in Norddorf.
    Wir wünschen Euch beiden alles Gute und bleibt einfah nur gesund!!!!!!
    L. G. aus dem Rheinland
    Helmut und Brigitte

  2. Die Bockwurst erinnerte mich immer an meine Kindheit. Ich liebte das große Angebot. Schade, immer mehr verschwindet auf die Insel.
    U. Schinkel

  3. Schade, Schade. Das ist ein echter Verlust, die halbe Lammkeule und das gute Fleisch waren wesentliche Grundlage unserer Ernährung im August. Die freundlichen Worte von Frau Dethlefsen vermissen wir besonders.
    Trotzdem: Alles Gute für die Zukunft.
    Ihre Reinhard und Brigitte Vetter.

  4. z.mihajlovic@web.de

    Liebe Familie Dethlefsen,
    Wie oft haben Roman und ich Frikadellen, Kartoffelsalat, Gewürzgurken und ihre leckeren Schnitzel mit auf unsere Naturausflüge, in die Vogelkoje zu Inge Dethlefsen , und in die Dünen mitgenommen……..
    Wie oft hat Amber sich ein Würstchen geholt und sich für die Radtour oder Nachtwanderung gestärkt…..
    Wie gerne haben wir über Gott , Insel und die Welt geschnackt……
    Aus Kiel, die besten Wünsche für ihre Zukunft. Wir werden Sie sehr vermissen…..
    Alles Gute und bleiben Sie gesund…
    Ihr Dr. Zoran Mihajlovic

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